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Schwarzholzkrankheit ‑ Ursache und Bekämpfung

von Dr. Martina Stark-Urnau, K.Bleyer und Dr. Walter K. Kast
Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau

Die von Phytoplasmen ausgelöste Schwarzholzkrankheit breitet sich im Anbaugebiet Württemberg weiter rasant aus. Auch in anderen Weinbaugebieten (Baden, Pfalz, Franken) ist eine deutliche Zunahme festgestellt worden. Nach derzeitigem Kenntnisstand wird diese Epidemie durch einen bisher in Deutschland seltenen Phytoplasmen-Typ ausgelöst, der in Brennnesseln vorkommt. Die Phytoplasmen werden mittels eines Überträgers (Glasflügelzikaden) zufällig von ihren Wirtspflanzen, den Brennnesseln, auf die Reben übertragen.

Gleichzeitig scheint sich ein neuer Typ der Zikadenart (Glasflügelzikade/Hyalesthes obsoletus) auszubreiten, die diese Krankheit an Brennnesseln überträgt. Dieser Zikadentyp ist besonders wärmeliebend und im Gegensatz zu der bisher heimischen Art extrem auf Brennnesseln spezialisiert.

Die Übertragung der Phytoplasmen von der Brennnessel auf die Rebe erfolgt nur während der Flugphase der Zikade.

Flugphase von Hyalesthes obsoletus

Flugphase 2007:

Die Flugphase der Überträger der Schwarzholzkrankheit ist vorbei. 2007 lag die Hauptflugphase zwischen der 23. und 27. Kalenderwoche, also von 4. Juni bis 6. Juli. Im Vorjahr war die Hauptflugphase in der 26. bis 31. Kalenderwoche, d.h. von 26. Juni bis 05. August. Im Gegensatz hierzu war die Flugphase 2005 von der 25. bis zur 27. Kalenderwoche (vom 20. Juni bis 10. Juli).

 

 

Flugphase 2008:

Die Flugphase 2008 ist in warmen Lagen Baden-Württembergs bereits abgeschlossen. In kühleren Lagen können noch vereinzelte Exemplare von Hyalesthes obsoletus fliegen. Die Brennnesseln können nun gemäht werden. (Stand: 07.08.2008)

 

Maßnahmen

1.  Gegen die Ausbreitung des Erregers im Rebstock

Da die Phytoplasmen sich in den Assimilattransportsystem (Phloem) allmählich ausbreiten und dieser Vorgang bei Reben auch noch im Winter stattfindet, ist ein sofortiger Rückschnitt, zumindest das Entfernen aller symptomtragenden Teile, ratsam. Bei jungen Anlagen ist die Assimilatverlagerung in den Wurzelbereich überdurchschnittlich und damit vermutlich auch die Verlagerung der Erreger. Nach vorläufigen Ergebnissen wird bei anfälligen Sorten (Lemberger, Riesling, Cabernet Dorsa, Zweigelt, Dornfelder, Kerner) deshalb bis zum 4. Standjahr ein sofortiger, radikaler Rückschnitt auf 10 cm über der Bodenoberfläche empfohlen. Ansonsten erwies sich ein Sommerschnitt bis ins gesunde Holz, sobald die Symptome erkennbar waren, als die beste Lösung.

2.  Gegen den Überträger und die Quelle der Infektionen

Die Infektionen der Rebe gehen nach derzeitigem Kenntnisstand ausschließlich von infizierten Brennnesseln aus, die selbst aber unter dem Befall nicht leiden.

Die Überträger-Zikade lebt als Larve an den unterirdischen Teilen der Brennnesseln. Das erwachsene Tier bleibt in der Regel am selben Brennnesselhorst und fliegt sehr wenig umher. Wird jedoch die Brennnessel in der Flugphase beseitigt oder gemäht, so sucht sie intensiv nach neuen Wirtspflanzen. Bei diesen Suchstichen wird irrtümlich oft eine Rebpflanze angestochen und dabei infiziert. Eine direkte Bekämpfung dieser Zikade im Boden ist nicht möglich.

Als Maßnahme gegen die Glasflügelzikade bietet sich  die Bekämpfung der Wirtspflanzen, der Brennnesseln an. Diese muss während der frühen Larvenphase erfolgen und 100 %ig sein, damit die Larven verhungern. Da sie unterirdisch leben, können sie sich keine neuen Wirtspflanzen suchen. Einzelne günstig liegende Horste können mechanisch beseitigt werden. Der ideale Zeitpunkt für die chemische Brennnesselbekämpfung liegt im November, da in dieser Zeit die Brennnessel Reservestoffe in die unterirdischen Teile verlagert und damit eine optimale Wirkung der im selben System verlagerbaren, systemischen Herbizide (Wirkstoff Glyphosate) möglich wird. Der Einsatz der Herbizide Roundup Ultra oder vergleichbarer Mittel sollte möglichst gezielt auf die Brennnesseln erfolgen. Dies ist bei den flüssigen Glyphosate-haltigen Mitteln mit Streichstäben möglich, wobei die Mittel hoch konzentriert (2 Teile- Wasser :1 Teil Herbizid) verwendet werden. Mit Rückenspritzen werden diese Mittel mit 0,5 l/10 l eingesetzt. Bei einer derart gezielten Maßnahme im November sterben die Brennnesseln komplett ab. Wichtig ist, dass die Brennnesseln während der Flugphase der Glasflügelzikade nicht bekämpft oder abgemäht werden. Sonst wandern die Tiere auf der Suche nach ihren Wirtspflanzen in die Rebflächen ein.

3.  Maßnahmen im Umfeld der Rebanlagen

Die Glasflügelzikade, insbesondere der Brennnesseltyp, ist extrem wärmeliebend. Sie kommt deshalb am häufigsten in Mauerweinbergen, an Rändern asphaltierter Wege, in Wasserstaffeln und an südlich orientierten Böschungen vor. Häufig liegen die gefährlichsten Brennnessel-Standorte deshalb am Rand der Weinberge. Oft findet man an einzelnen, ideal gelegenen, isolierten Brennnesselhorsten riesige Populationen. 


Brennesseln an typischem Standort im Weinberg

Der Bewirtschafter des Grundstücks sollte in diesem Fall die Grundstückseigner (z. B. Gemeinden, Straßenbauämter) zu einer Bekämpfung auffordern. Eine Bekämpfung auf Nicht-Kulturland ist möglich, erfordert jedoch eine Genehmigung der zuständigen Behörde - in Baden-Württemberg die Landratsämter (Amt für Landwirtschaft).

Das hierfür erforderliche Antragsformular kann als PDF-Datei ausgedruckt werden.

Unter  1. und  2. sind detailliertere  Informationen zur Biologie und Schadbilder der Krankheit zu finden.

Weiter von Rebflächen entfernte Brennnesseln und Horste an schattigen Stellen sind nicht Lebensraum der problematischen Glasflügelzikade und sollten deshalb belassen werden.

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