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Weinlehrpfaden neues Leben einhauchen

 

 

Evelyn Schmidt

Marketing und Tourismus

LVWO Weinsberg

 

 

In vielen Regionen sind sie in die Jahre gekommen: die klassischen Weinlehrpfade und Weinwege. Vielerorts machen sich Weinbaubetriebe, Tourismusverbände und Kommunen Gedanken darüber, wie den Routen in den Weinbergen ein zeitgemäßes Outfit verpasst werden könnte. Das erklärte Ziel: Weinlandschaft erlebbar machen und Infrastruktur für Touristen schaffen.

 

Weinregionen sind prädestiniert für die deutsche Wanderlust. Es lohnt, in die Wegeinfrastruktur zu investieren. Touristische Routen geben nicht nur Orientierung, sondern leiten Besucher planvoll durch die Region. Als Rundweg oder in einzelnen Streckenetappen führen sie gezielt zu Attraktionen und Aussichtspunkten.

 

Vor der Planung die Zielgruppe definieren

 

Die Entwicklung geht hin zu Qualitätswanderwegen, didaktischen Streckenkonzeptionen und interaktiven und kombinierten Erlebnisstationen. Die Anforderungen: Natur erlebbar machen, Wissen und Spaß vermitteln und eine individuelle und flexible Nutzung für breite Nutzergruppen schaffen.

 

Das Natur- und Landschaftserlebnis steht klar im Vordergrund der Nutzer, außerdem die Forderung nach naturnahen Wegen und guter Wegweisung. Wenn es um Details geht, kommen Planer schnell in die Zielgruppendiskussion. Spaziergänger, Reisegruppen, Familien mit Kindern und Kinderwagen, sportliche Wanderer, Erholungssuchende, Weinliebhaber, jüngere Wanderer, Rollstuhlfahrer - sie alle bewegen sich in der Weinregion und haben unterschiedliche Wünsche in Bezug auf eine attraktive Wegeinfrastruktur. Vor der Planung heißt es: Zielgruppe festlegen. Sonst sind Besucher mit Wegführung, Weglänge und Inhalten schnell unter- oder überfordert.

 

Standortwahl und Infrastruktur

 

Die Standortwahl ist für einen Weinweg entscheidend. Geeignet sind Regionen, die landschaftlich reizvoll sind und bereits touristische Relevanz haben. Aussichtspunkte und Panoramablicke sind immer attraktiv. Menschen lieben es von oben auf die Welt zu schauen. Wegen eines Weinlehrpfades allein nehmen Besucher keine langen Anfahrtswege auf sich. Es braucht Angebote um den Weinweg herum – dazu gehören gastronomische Angebote, Freizeit- und Kultureinrichtungen, Aussichtsplattformen, Burgen, Schlösser, Möglichkeiten zum Weineinkauf, Naturparkzentren und vieles mehr.

 

Zur Standortinfrastruktur von Weinwegen gehören darüber hinaus zugängliche Parkplätze und öffentliche Toiletten in der Nähe, Papierkörbe sowie Tüten für Hundekot.

 

Bei der Planung zu beachten sind Sicherheits- und Naturschutzaspekte. Wo müssen Besucher auf Gefahren hingewiesen bzw. Gefahren abgesichert werden? Kann der Weinweg ganzjährig genutzt werden? Müssen zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen erfolgen?

 

Bereits vor der Planung sollte feststehen, wer den Weinweg pflegt und wartet. Dazu gehören die Beseitigung von Müll und Verschmutzungen und die Behebung von Schäden infolge Witterung oder Vandalismus. Hier geht es häufig nicht ohne ehrenamtliches Engagement.

 

Hinweistafeln, Audio-Guides und Co.

 

Um Informationen zu vermitteln sind Bild- und Texttafeln die am häufigsten verwendete Methode. Tafeltexte müssen grundsätzlich auf Verständnis und Umfang geprüft werden. Zudem sollten sie sich gut lesbar, aktuell und im einheitlichen Design präsentieren. Eine gute Ergänzung für Schilderpfade sind Begleitbroschüren und Kartenmaterial zum Weinweg. Der Besucher kann sich damit individuell und flexibel auf dem Weinweg bewegen und erhält weitere Informationen. Die klassische Wanderkarte ist neben der Beschilderung wichtigstes Orientierungsinstrument. Ein gelungenes Beispiel hierfür bietet die Stuttgart Marketing GmbH mit den Stuttgarter Weinwanderwegen.

 

Noch wenig genutzt wird die Weiterentwicklung klassischer Schilderpfade mittels moderner Medien. Dazu gehören Angebote wie Audio-Guides (Verleih) und Touchpoints ebenso wie eingerichtete Infohotlines, über die mittels Mobiltelefon kostenfrei Informationen abgerufen werden können. Für Smartphone-Besitzer eignet sich die Ergänzung der mittlerweile verbreiteten QR-Codes, über die direkt bzw. übers Internet Informationen zu Objekten und Themenkomplexen abgerufen werden können. Alles in Ergänzung zum klassischen Angebot und geeignet für den Individualgast, der sich ohne Gästeführer in der Region bewegt. Hier können jüngere Zielgruppen erreicht werden.

 

GPS und Smartphones ergänzen zunehmend die klassische Wanderkarte

Bild1: GPS und Smartphones ergänzen zunehmend die klassische Wanderkarte (Foto: Schmidt)

 

GPS ergänzt zunehmend die gute alte Wanderkarte. Geocaching und GPS-unterstützte Angebote in den Weinbergen gibt es mittlerweile. Eine GPS-gestützte Schnitzeljagd mittels GPS-Gerät oder Smartphone bietet neue Möglichkeiten für Weinbaubetriebe und Stadtmarketing. Sie können mit Aktionen im Weinberg verbunden und parallel zum „normalen“ Weinweg angeboten werden. Die Donau Niederösterreich Tourismus GmbH bietet beispielsweise eine Geocaching-Route zum Weinbau in der Wachau an. Die Rätsel und Caches entlang der Route können mittels Kartenmaterial auch ohne GPS-Gerät gefunden werden.

 

Spaß, Wissen und Orientierung: Mit Geocaching durch die Weinregion

Bild 2: Spaß, Wissen und Orientierung: Mit Geocaching durch die Weinregion (Foto: Schmidt)

 

Wichtige Punkte für Besucher sind Beschilderungssystem und Wegmarkierung. Beide müssen eindeutig, logisch und durchgängig aufgebaut sein. Soll die Wegführung flexibel oder geschlossen gestaltet werden? Wo liegen Start- und Endpunkt des Weges? Wo gibt es die interessantesten Blickachsen? Welchen Schwierigkeitsgrad hat der Weinweg? Wie sind Beschilderung und Leitsystem aufgebaut? Gibt es Vernetzungen zu anderen Wegen? Entsprechend der Wegführung können Weinwege gezielt mit Angeboten wie Gastronomie, Gästeführungen, Weinverkauf, Sehenswürdigkeiten oder anderen Wanderwegen verknüpft werden.

 

Moderne Wegekonzepte arbeiten neben reiner Textinformation mit interaktiven und kombinierten Stationen. Der Besucher kann hier selbst etwas tun, ausprobieren, anfassen, hinhören, begreifen, entdecken. Die Sinne werden gezielt angesprochen. Gefragt sind thematische Schwerpunkte, neue Designs und kreative Darstellungen. Stichwort Erlebnispädagogik.

 

An der Hessischen Bergstraße haben Besucher die Möglichkeit, sich mittels Webcam im Weinberg fotografieren zu lassen und das Foto im Nachgang übers Internet herunterzuladen. An der Mosel gibt es auf einem Weinberg ein riesengroßes Herz aus Stahl – beliebter Fotopunkt für Touristen und Hochzeitspaare. Weinwege wie der Skulpturenpfad in Strümpfelbach oder der Weinerlebnispfad in Nußdorf setzen auf Kunst und Klang. Skulpturen, Kunstobjekte und Installationen werden zu unverwechselbaren Landmarken. Barfußelemente, offene Bodenprofile, Klettersteige, Weinbergsrätsel, Fühlkästen, Ferngläser, Spielgeräte, Kräutergarten. Es gibt unzählige Möglichkeiten.

 

Kunstobjekte und Installationen werden zu Landmarken im Weinberg wie hier am Skulpturenpfad in Strümpfelbach (Württemberg)

Bild 3: Kunstobjekte und Installationen werden zu Landmarken im Weinberg wie hier am Skulpturenpfad in Strümpfelbach (Württemberg) (Foto: Schmidt)
 

 ... oder am Weinerlebnispfad in Nußdorf (Pfalz)

 Bild 4: ... oder am Weinerlebnispfad in Nußdorf (Pfalz) (Foto: Schmidt)



 

Die Stationen sollten sich gut in die Landschaft einfügen und sichtbar sein. Inhalte müssen sich gut erschließen, die einzelnen Stationen ein harmonisches Ganzes ergeben. Das verwendete Material sollte haltbar, wetterfest und wenig anfällig sein.

 

Mit Besonderheiten locken

 

Wanderer wünschen Möglichkeiten zum Ausruhen und Verweilen. Mobiliar in Form von Sitzgelegenheiten, Ruhebänken, Rast-, Picknick- und Grillplätzen gehören zur Ausstattung jedes Weinweges und sollten in entsprechender Anzahl, Form und Qualität vorhanden sein.

 

Zum Mobiliar von Weinwegen gehören Ruhebänke, Rast- und Picknickstationen und Grillplätze

  Bild 5: Zum Mobiliar von Weinwegen gehören Ruhebänke, Rast- und Picknickstationen und Grillplätze (Foto: Schmidt)

 

Viele Regionen nutzen ihre Weinwege als strategische Punkte für einen regionalen Weinausschank in der Saison und an den Wochenenden. Die Weingärtner Brackenheim haben ihren Weinausschank am frequentierten Weinweg in Neipperg installiert. Einen gemeinsamen regionalen Ausschank aus moderner Open-Air-Bar bieten die Winzer in Nußdorf (Pfalz). Zielgruppe sind hier auch Familien mit Kindern – in unmittelbarer Nähe zum Ausschank befindet sich ein Spielplatz.

 

Anziehungspunkt für Wanderer: Weinausschank entlang des Weinweges wie hier in Neippberg (Württemberg)

  Bild 6: Anziehungspunkt für Wanderer: Weinausschank entlang des
Weinweges wie hier in Neipperg (Württemberg) (Foto: Schmidt)

 

Viele Winzer nutzen Rebzeilen entlang der Weinwege aktiv für Werbung. Klassisch sind Hinweise auf Weinfeste und Besenwirtschaften. Hinweise für Weineinkauf (Öffnungszeiten) und Einkehrmöglichkeiten sind hingegen selten zu finden. Gute Beispiele sind Kennzeichnungen an den Rebzeilen oder auch kleine Broschürenboxen.

 

Rebzeilen und Weinberge geschickt nutzen für Gästeinformationen und, um auf sich aufmerksam zu machen wie hier in den Fellbacher Weinbergen

Bild 7: Rebzeilen und Weinberge geschickt nutzen für Gästeinformationen und, um auf sich aufmerksam zu machen wie hier in den Fellbacher Weinbergen (Foto: Schmidt)
 

 ... oder wie hier mit kleinen Broschürenboxen

Bild 8: ... oder wie hier mit kleinen Broschürenboxen (Foto: Schmidt)



 

Mit der Einkehr von Touristen in den Weinbergen hat sich auch ein Stück Bewusstsein entwickelt. Für die Touristen soll es schön sein. Engagierte Winzer und Vereine setzen weinbergstypische Pflanzen, pflegen Mauern und Weinbergshäuschen. Es gibt regionale Pflanzaktionen, Patenschaften für Reben und Bäume und viele Aktionen mehr mit dem Ziel die Weinberge lebendig zu gestalten.

 

Für Gäste- und Weinerlebnisführer sind installierte Weinwege Infrastruktur für Wanderungen und Weinverkostungen. Geführte Touren, Themenrundgänge und Angebote für Gruppen sind ein weiterer Baustein im Weinwegekonzept. Führungen und Veranstaltungen entlang der Weinwege sind variable Elemente, die Besucher auch animieren können wiederzukommen.

 

Knackpunkt bei der Revitalisierung oder Neueinrichtung von Weinwegen ist die Finanzierung. Dazu können Eigenleistungen von Betrieben und Kommunen, Sponsoring, Kooperationen und Fördermittel gehören. Das Tourismusinfrastrukturprogramm zur Förderung touristischer Vorhaben und Einrichtungen in Baden-Württemberg bietet Kommunen hier Möglichkeiten. Einige Regionen finanzieren ihre Weinwege über einen Förderverein mit Unterstützung von Bürgern und Sponsoren. Neben Errichtung und Pflege des Weges sollte auch ein Budget für Werbung und Öffentlichkeitsarbeit eingeplant werden.

 

Ein Weinweg steht immer im Fokus mehrerer Anspruchsgruppen. So können Objekte (zum Beispiel aufgestellte Tafeln) und Besucher die Weinbergsarbeiten erheblich beeinträchtigen und stören. Es ist wichtig, dass Weinbau, Tourismus und Kommune hier gemeinsam agieren.

 

Attraktive Weinwege sind Mehrwert für Winzer und Weinbaubetriebe. Sie schaffen Anreize, Raum, Plätze und Infrastruktur für Weinkunden und Gäste. Zeitgemäße Weinwege machen neugierig und emotionalisieren. Sie können zu Werbe- und Informationsträgern für Kommune und Weinbau avancieren, wenn sie in ein touristisches Gesamtkonzept eingebunden sind.

 

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