Aktuelles zur Bodenpflege |
R. Fox
Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau Weinsberg
E-Mail: rudolf.fox@lvwo.bwl.de
Noch immer ist der untypische Alterston ein Hauptgrund für die Ablehnung bei der Qualitätsweinprüfung. Die Weine haben demnach bereits bei der Anstellung zur Erlangung der amtlichen Prüfnummer Qualitätsmängel. Nachdem diese Mängel mit längerer Lagerdauer zunehmen, verwundert es nicht, wenn aus solchen Weinen „Ladenhüter“ in den Regalen werden, d. h. der Kunde kein zweites Mal zugreift. Derart negative Erfahrungen der Verbraucher zählen neben den ausbleibenden Verkäufen in Form von Imageverlust noch wesentlich stärker. Der Kunde orientiert sich dort, wo er saftige, fruchtige, ansprechende Weine findet und ist damit für den ehemaligen Lieferanten zumindest kurzfristig verloren bzw. nur mit viel Überzeugungsarbeit zurückzugewinnen. Es gilt demnach, durch angepasste Kulturmaßnahmen im Weinberg optimale Qualitäten im Hinblick auf alle wertgebenden Inhaltsstoffe wie Extraktwerte, Aromastoffe sowie bei Rotwein zusätzlich ausreichende Farb- und Phenolgehalte sicherzustellen.
Wie das Jahr 2000 wiederum mehr als deutlich gezeigt hat, kommt dabei dem Jahrgang,
aber auch der Bodenpflege große Bedeutung zu. Kam es Anfang der 90er Jahre durch wiederholten Trockenstress, hohe Erträge, teils zu niedrige und zu späte N-Düngung, mangelhafte Reservestoffeinlagerung sowie insbesondere zu frühen Leseterminen zu dem bekannten Qualitätsproblem untypischer Alterston - u. a. von Fox, R. (1) im vergangenen Jahr in dieser Zeitschrift beschrieben - so waren die Jahrgangsbedingungen 2000 völlig anders. Was vor dem Hintergrund der Vorjahre bis etwa Mittel Juli bezüglich Bodenpflege richtig war, um dem sich bis dorthin abzeichnenden Wasserstress vorzubeugen, hat sich in der Folge zum Gegenteil - Fox, R. (2) - entwickelt. So waren schwach wachsende Bestände mit extensiver Bodenpflege bzw. Dauerbegrünung und niedriger N-Düngung von der Essigfäulekalamität wesentlich weniger betroffen und erreichten unter den gegebenen Bedingungen des feuchten Herbstes tendenziell eher höhere Mostgewichte. Dort, wo die Böden teils geöffnet wurden und lediglich mittlere N-Düngergaben verabreicht wurden, kam es in Verbindung mit der hohen Bodenfeuchte im Juli zu extrem starkem Wuchs, sehr kompakten Trauben sowie im September zu früher Fäulnis, vielfach aus dem "Inneren der Traube heraus".
Bodenpflege sowie Wasser- und Nährstoffverfügbarkeit
Unbestreitbar war die Einführung der Begrünung im Hinblick auf Erosionsschutz, bessere Befahrbarkeit sowie den Grundwasserschutz von Vorteil. Genauso ist aber inzwischen die negative Wirkung einer Wasser- und Nährstoffkonkurrenz gegenüber der Rebe, insbesondere auf die "innere" Qualität der Trauben bzw. des späteren Weines, vielfach schmerzlich und mit erheblichen finanziellen Verlusten in der Praxis zutage getreten. So kommt es durch die Dauerbegrünung mit ihrem frühzeitigen (April/Mai) Wasser- und Nährstoffverbrauch bereits vor der ersten Hauptbedarfsphase der Rebe (Mitte/Ende Juni bis ca. Ende Juli) zur Minderung der vorhandenen Reserven (Abbildung 1). Somit kann bereits der 1. Bedarfshöhepunkt nicht abgedeckt werden. Kommt es dann in niederschlagsarmen Gebieten nicht zur ausreichenden Ergänzung des Wasservorrates durch Niederschläge, sinkt die Verfügbarkeit für die Nährstoffe ganz erheblich, da das Lösungs- und Transportmittel Wasser fehlt. Hinzu kommt, dass bei Trockenheit in den oberen Bodenschichten die Mineralisation gerade aus dieser humusreichen Schicht stagniert und somit kaum eine Nachlieferung an Stickstoff als Motor des Wachstums erfolgt. Kommt es über Sommer weiterhin nur noch zu geringen Niederschlägen sowie unter den relativ hohen Temperaturen in den klimatisch günstigen Reblagen zu hoher Verdunstung, so entfällt gerade in Verbindung mit Dauerbegrünung trotz anfallender Mulchmassen weitgehend eine Nachlieferung an Nährstoffen aus Mineralisation (Abbildung 2a, Dauerbegrünung). Erst im Herbst ist bei steigender Bodenfeuchte mit einsetzender Mineralisierung und damit N-Freisetzung aus dem Humuspotenzial zu rechnen. Dies kommt vielfach auch für die zweite Hauptbedarfsphase der Rebe, d. h. zum Weichwerden, zu spät oder reicht kaum aus.
Abbildung 1: Stickstoffaufnahme der Rebe und Stickstoffbereitstellung des Bodens bei Dauerbegrünung |
Bei Winterbegrünung werden zwar ebenfalls im zeitigen Frühjahr durch den Massenwuchs der Begrünungspflanzen Wasser und Nährstoffe verbraucht (Abbildung 3), aber es kommt durch den Umbruch der Begrünung gegen Mitte/Ende Mai bei noch ausreichender Bodenfeuchte zu einer erheblichen Nitratfreisetzung durch Mineralisation der organischen Masse. Je nach Wärme und Feuchte sowie CN-Verhältnis der organischen Masse kommt es ca. 4 - 6 Wochen nach Umbruch zu einem beachtlichen Nitratschub. Nachdem in einer gut entwickelten Winterteilzeitbegrünung ca. 100 - 200 kg N/ha gebunden werden, ist bei Einsaat jeder 2. Gasse mit einer Freisetzung von etwa 40 - 80 kg Stickstoff/ha zu rechnen. Dies deckt theoretisch weitgehend den Bedarf der Rebe. Da durch die Bearbeitung des Bodens in der Regel über Sommer eine ausreichende Bodenfeuchte gesichert wird und somit die Mineralisation "weiterlaufen" kann, steht neben dem erforderlichen Lösungs- und Transportmittel Wasser auch ausreichend Nährstoff für die Rebe zur Verfügung. Die erneute Einsaat der Winterbegrünung Anfang August kann durch die dabei intensivere Bearbeitung nochmals einen "Nitratschub" auslösen und deckt damit die zweite Hauptbedarfsphase der Rebe beim Weichwerden ab (siehe Abbildung 2b, Winterbegrünung).
Abbildung 2a: Nitrat-N-Gehalte im Boden während der Vegetationszeit bei Dauerbegrünung und verschiedener Düngung (Durchschnitt der Jahre 1992 - 2000; Standort Gundelsheim)) |
Abbildung 2b: Nitrat-N-Gehalte im Boden während der Vegetationszeit bei Winterbegrünung und verschiedener Düngung (Durchschnitt der Jahre 1992 - 2000; Standort Gundelsheim) |
Für die Praxis lässt sich aus dem zuvor Angeführten schließen, dass die Kombination von Winterbegrünung und Dauerbegrünung für die Rebe eine ausreichende Verfügbarkeit an Wasser und Nährstoffen garantiert. Dies hat sich in den vergangenen Jahren auch in der Praxis bestätigt.
Abbildung 3: Stickstoffaufnahme der Rebe und Stickstoffbereitstellung des Bodens bei Winterbegrünung |
Um auch bei Dauerbegrünung die Verfügbarkeit an Wasser und Nährstoffen während der Hauptbedarfsphase der Rebe zu verbessern, hat sich der "Eingriff" mittels Fräse oder Kreiselegge Ende April bis Mitte Mai als brauchbar erwiesen. Es kommt dabei zu geringerem Wasserverbrauch durch reduzierten Aufwuchs und gleichzeitig durch den teilweisen Umbruch der Begrünung zu einem Mineralisationsschub mit Nitratfreisetzung. Wird unter diesen Bedingungen auf Dauer ohne Humuszufuhr gewirtschaftet, kommt es jedoch zum Humusabbau und langfristig negativen Folgen. Bei solcher Vorgehensweise muss dieser durch Bearbeitung geförderte Humusabbau durch Humuszufuhr ersetzt werden, um das Mineralisationspotenzial auf Dauer zu erhalten. Ganz allgemein ist es entgegen landläufiger Praxis durchaus sinnvoll, auch bei Dauerbegrünung ausreichende organische Massen zuzuführen. Die Verfügbarkeit, z. B. von Grünguthäcksel aus den örtlichen Häckselplätzen, dürfte in der Regel gewährleistet sein. Das Material ist hervorragend geeignet und lässt sich mit dem Kompoststreuer im Direktzug problemlos ausbringen. Wiederholte Ausbringung geringer Mengen (1 m³/Ar bzw. 1 cm dicke Schicht) beeinträchtigen weder die Begrünung noch die Befahrbarkeit. Der sich über längere Zeit aufbauende Humusfilz mindert die Verdunstung sowie die Erosionsgefahr, verbessert das Wasserspeichervermögen und dient dem Bodenleben als willkommene Nahrung.
Bodenpflege und Weinqualität
Dass die Bodenpflege einen großen Einfluss auf den Wasser- und Nährstoffhaushalt sowie die Verfügbarkeit hat, wurde im ersten Teil eingehend erläutert. Nachdem auch bekannt ist, dass die Jahrgänge mit ihren unterschiedlichen Niederschlägen dominante Auswirkungen auf den Mineralstoff- bzw. Extraktgehalt der späteren Weine hat, kommt diesen Faktoren für die Qualität der Weine hohe Bedeutung zu. So kann durch wasserschonende Bodenpflege der Extraktgehalt und damit die Ausdruckskraft des Weines gerade in Trockenjahren/Trockenstandorten deutlich verbessert werden. Daneben kommt es zu erhöhter Stickstoffaufnahme, was den für die Hefeernährung sowie die sekundäre Aromastoffbildung wichtigen Aminosäuregehalt steigert. Letztlich kann ausreichende Vitalität des Laubes in der späteren Reifephase in Verbindung mit günstiger Spätherbstwitterung zu erhöhter Zuckerproduktion beitragen.
Zu hohe Vitalität, d. h. dichte Laubwände, große Beeren und kompakte Trauben, führt - wie uns das Jahr 2000 wiederum deutlich gemacht hat - jedoch zu erhöhter Anfälligkeit gegenüber "Botrytis und Co." sowie Essigfäule. Dies beeinträchtigt die Weinqualität zusätzlich über Aroma- und Farbstoffverluste und ist besonders bei Sorten mit Muskataromen sowie Rotweinsorten gefürchtet.
Zu geringe Vitalität führt zwar zu gut belichtet herangewachsenen lockerbeerigen Trauben, diese sind jedoch vielfach extraktarm, arm an Aminosäuren und ergeben kurze, stumpfe, zuweilen sogar leicht bittere Weine. Mittlere Vitalität hingegen sichert u. a. noch ausreichende Assimilation im Spätherbst sowie gut belichtet herangewachsene Trauben, die lange hängen gelassen werden können, was seinerseits Vorteile ergibt.
Bei Versuchen mit Weinausbau aus langjährigen Bodenpflege- und Düngungsversuchen haben sich deutliche Qualitätsunterschiede in Abhängigkeit vor allem der Bodenpflege ergeben. So verlief die Gärung der Moste aus den winterbegrünten sowie wechselweise begrünten Parzellen z. B. im Jahr 1997 recht zügig und vollständig ab. In der langjährig permanent dauerbegrünten Parzelle ohne jegliche N-Düngung dagegen recht schleppend und nicht ganz zu Ende. Die Moste aus den Parzellen Dauerbegrünung mit Eingriff wiesen einen nur leicht verzögerten Gärverlauf auf (siehe Abbildung 4).
Abbildung 4: Gärverlauf der Moste bei unterschiedlicher Bodenpflege und N-Düngung (1997) |
Die Weinbeurteilung nach der deskriptiven Methode sowie nach Rangfolge ist nahezu gleichlaufend mit dem Gärverlauf bzw. der Gärdauer. So wurde die Variante Winterbegrünung sowie Dauerbegrünung/Winterbegrünung mit der besten Rangfolge - die permanente Dauerbegrünung ohne N - mit der schlechtesten Rangfolge eingestuft. Dabei war die bessere Rangfolge eindeutig mit den Riesling-typischen Attributen Zitrone und Apfel/Pfirsich sowie der Nachhaltigkeit korreliert, d. h. sie stand in positiver Beziehung. Dort, wo die negativen Attribute bitter/ziehend/nasser Lappen stärker ausgeprägt waren (permanente Dauerbegrünung ohne Stickstoff), ist die Rangfolge mit Abstand am schlechtesten. Die lediglich mittlere Einstufung der Bodenpflegevariante Dauerbegrünung mit Eingriff zeigt den dort für Weißwein noch zu hohen Stresslevel an, der auf die standortbedingt ungünstige Wasser- und Nährstoffversorgung hinweist.
Auch Seiter, P. (1) kam zu ähnlichen Ergebnissen, indem sie sinngemäß folgert:
"Auf einem humusarmen Standort war es für die Weinqualität wesentlich vorteilhafter, jährlich eine einmalige Bodenbearbeitung vorzunehmen, als die N-Versorgung der Rebe über hohe Düngung auf die Dauerbegrünung sichern zu wollen."
Fazit für die Bodenpflege
Die Erfahrungen der 90er Jahre mit häufigem Wasserstress sprechen eher für das teilweise Öffnen der Böden sowie wassersparende Bewirtschaftung. Im Jahr 2000 mit seinen Starkniederschlägen sowie stärkeren Erosionserscheinungen sowie im Sommer und Herbst sehr hoher Wasser- und Nährstoffverfügbarkeit war es dagegen eher von Vorteil, wenn mit "mehr Begrünungsanteil" in den Rebflächen gearbeitet wurde. Einen guten Kompromiss stellt aus dieser Sicht die Kombination Dauerbegrünung/Winterbegrünung dar - siehe hierzu Tabelle 1.
Tabelle 1: Begrünung und Wasserbedarf der Rebe |
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Verbrauch der Rebe in der Vegetationszeit ca. 400 -450 mm.
Dauerbegrünung möglich, wenn Niederschläge + Wasservorrat von Mai bis Oktober 550 mm übersteigen. zum Beispiel:
Dauerbegrünung mindestens in jeder 2. Gasse ist auch in steilen Lagen und bei anspruchsvollen Sorten möglich. Durch angepasste Bewirtschaftung – häufig Mulchen, Humuszufuhr, offene Gasse wasserschonend bearbeiten und/oder eventuell abdecken - ist während des Hauptbedarfszeitraumes der Rebe die Wasserversorgung (Nährstoffverfügbarkeit) zu sichern. |
Ist aktuell eine hohe Bodenfeuchte vorhanden, kann über extensive Bearbeitung der Winterbegrünungsgassen sowie weniger häufiges Mulchen der Wasserverbrauch gefördert werden. Gerade das Jahr 2001 mit seinem hohen Wasservorrat vom Frühjahr her, lässt es als geeignet erscheinen, zunächst mit der Bodenbearbeitung etwas zurückhaltend zu sein, um durch bessere Abtrocknung auch die Bodenerwärmung zu fördern. Ist dagegen mit Wasserstress zu rechnen, sollte die Dauerbegrünung möglichst kurz gehalten, d. h. häufig gemulcht werden. Die Winterbegrünung ist unter solchen Bedingungen nicht zu spät umzubrechen und anschließend öfter flach zu bearbeiten. Auf jeden Fall sollte ein "Stoppelfeld", z. B. nach dem Abmulchen von Roggen, baldigst umgebrochen werden, wenn mit Wasserstress gerechnet werden muss, denn die unproduktive Verdunstung über den verkrusteten Boden ist beachtlich.
Abbildung 5 zeigt eine optimale „Arbeitsqualität“ beim Umbruch der Winterbegrünung.
Abbildung 5: Optimale Arbeitsqualität beim Umbruch der Winterbegrünung |
Kommt es erst in der Reifephase zu leichtem Trocken- und damit Nährstoffstress, ist dies für die spätere Weinqualität in Verbindung mit spätem Lesetermin weniger erheblich. Bei Rotweinsorten ist ein "höherer Stresslevel" tolerierbarer als bei Weißweinsorten, ohne dass die Weinqualität darunter leidet. Lockere Laubwände, kleinere Beeren und lockerbeerige Trauben führen zu besserer Belichtung der Beerenhäute und damit der erwünschten Förderung von Farb- und Phenolbildung sowie stärkerem Äpfelsäureabbau. Bei Weißwein kommt u. a. einer ausreichenden Vitalität auch in der späteren Reifephase zur Sicherung hoher Aminosäuregehalte als Voraussetzung für eine zügige Gärung höhere Bedeutung zu als bei Rotweinsorten mit ihrem längeren Maischekontakt.
Ganz allgemein sollte sich die Intensität der Bodenpflege auch am Rebwuchs orientieren. Schwach wüchsige Bestände können durch intensive Bearbeitung in ihrer Vitalität gefördert werden, ohne Nachteile, wie z. B. erhöhten Botrytisbefall, befürchten zu müssen. Bei übermäßig wüchsigen Beständen empfiehlt sich dagegen Zurückhaltung, um längerfristig ein ausgeglichenes Wachstum zu erzielen. Für den Weingärtner und Winzer gilt es in dieser Hinsicht, durch individuelle Beobachtung der einzelnen Parzellen und Sorten "das jeweils richtige Maß" zu finden.
Literatur
Seiter, P. (2000): Der Einfluss von Stickstoffdüngung und Bodenpflege auf die Stickstoffversorgung der Rebe und die Weinqualität.
Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde, Universität Freiburg
Fox, R. (2000): Bodenpflege und N-Düngung unter Aspekten der Qualitätssicherung
Rebe und Wein, 53, 202 - 208
Fox, R. (2001): Das Weinbaujahr 2000
Rebe und Wein, 54, 34 - 38