Alte und neue Pflaumen- und Zwetschensorten im Verbrauchertest
Dr. Hornig, LVWO Weinsberg und Herr Lehar, Marktkontor Obst und Gemüse Baden e.V.
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In den vergangenen Jahren wurde eine ganze Reihe neuer Sorten herausgebracht, die nach Auffassung ihrer Züchter alle zur Bereicherung des bestehenden Sortimentes beitragen sollen. Ein Nebeneffekt dieser erforderlichen Züchtungsarbeiten mit nicht unbedingt positiven Auswirkungen auf die Vermarktung ist die so entstandene Sortenvielfalt. Der Lebensmitteleinzelhandel mit seinem bundesweiten Filialnetz ist an großen Partien mit einheitlich hohen Qualitäten interessiert. Die Zerstückelung des Angebots durch zu viele Sorten mit zum Teil unbefriedigenden Qualitäten kann dem Image der Pflaume und Zwetsche erheblichen Schaden zufügen.
Welche Neuheiten sich am Markt aber tatsächlich durchsetzen werden, entscheidet letztlich der Verbraucher. Um die aktuelle Verbrauchermeinung über alte und neue Pflaumen- und Zwetschensorten zu ermitteln, wurden 1996 von der LVWO Weinsberg gemeinsam mit dem Marktkontor Obst und Gemüse Baden e.V. an drei Terminen Frischfruchtverkostungen durchgeführt. Zielsetzung unserer Verbrauchertests war es, Aussagen über bevorzugte und weniger beliebte Pflaumen- und Zwetschensorten zu erhalten, um gegebenenfalls Rückschlüsse hinsichtlich Sortenempfehlungen im Anbau ziehen zu können.
Vorgehensweise
Bei der Auswahl der zu testenden Proben haben wir noch wenig bekannte neuere Sorten und solche, die schon lange im Anbau sind berücksichtigt. Je Termin wurden nicht mehr als 7 bis 8 Sorten verkostet, da sich bei der Beurteilung des Geschmacks die Unterschiede mit fortschreitender Verkostung verwischen können (Tabelle1)
Tabelle 1: Verkostungstermine (Reifegruppen), verkostete Sorten und Zahl der Verkoster | ||
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* = Mitarbeiter der LVWO; **= Mitglieder des Landfrauenvereins Oberheinriet; *** = Baden-württembergische Obstbauberater und Mitarbeiter der LVWO
Die Früchte wurden vom Marktkontor Baden zur Verfügung gestellt. Jeweils am Morgen des Verkostungstages wurde von jeder zu prüfenden Sorte eine 10 kg-Steige von am Markt Oberkirch angelieferten Partien entnommen und nach Weinsberg gebracht. Es muß darauf hingewiesen werden, daß diese Vorgehensweise dazu führte, daß nicht jede der 22 getesteten Sorten im Stadium ihrer optimalen Genußreife zur Verkostung gereicht werden konnte.
Die Tester sollten insgesamt 10 verschiedene Fruchtmerkmale bewerten. Für jedes zu prüfende Merkmal konnte eine Note auf einer 9teiligen Skala angekreuzt werden. Wir wollen hier die Ergebnisse der Geschmacksbewertung und der Käufergunst vorstellen. Bei der Bewertung des Geschmacks auf der 9teiligen Notenskala bedeutet 1 "schmeckt sehr schlecht", 5 steht für "mäßiger Geschmack" und 9 für "schmeckt sehr gut". Hinsichtlich der Käufergunst fragten wir unsere Verkoster, ob sie die Sorten "nicht mehr kaufen", "vielleicht kaufen" oder ganz sicher "noch einmal kaufen" würden. Noten zugeordnet bedeutet 1 "Die Sorte würde ich ganz sicher nicht mehr kaufen.", 5 "würde ich vielleicht noch einmal kaufen" und 9 "würde ich ganz sicher wieder kaufen".
Ergebnisse
Frühe bis mittelfrühe Reifegruppe
Die zur Verkostung angebotenen frühen bis mittelfrühen Sorten konnten unsere Tester ganz offensichtlich geschmacklich nicht überzeugen, wie Abbildung 1 zeigt. Mit einer durchschnittlichen Bewertungsnote von 6 kam die seit Anfang dieses Jahrhunderts im Anbau befindliche 'Ersinger' auf ein knappes gut und wurde damit in der Kategorie "Geschmack" Gruppensieger, gefolgt von 'Zimmers'. Schlußlicht war die Neuheit 'Firenze'.
Abbildung 1: Bewertung des Geschmacks der Sorten der frühen bis mittelfrühen Reifegruppe
Wie der Geschmack der Sorten der mittelfrühen bis mittelspäten Reifegruppe bewertet wurde, zeigt
Abbildung 2: Mittelfrühe bis mittelspäte Reifegruppe
Die beste Bewertung erhielt die Hohenheimer Neuzüchtung 'Hanita', der auf Rang 2 die 'Bühler Frühzwetsche' folgt.
Auch bei der Bewertung der Käufergunst wurde 'Hanita' mit einer durchschnittlichen Bewertungsnote von 6,8 Erste in ihrer Reifegruppe (Abbildung 3). Mit deutlichem Abstand steht die 'Hauszwetsche' bei der Käufergunst an 2. Stelle. 'Auerbacher' bildete, wie schon beim Geschmack, das Schlußlicht. 'Hanita' ist also der unbestrittene Favorit der mittelfrühen bis mittelspäten Reifegruppe.
Abbildung 3: Bewertung der Käufergunst der Sorten der mittelfrühen bis mittelspäten Reifegruppe
Mittelspäte bis späte Reifegruppe
Auch in der Gruppe der mittelspäten bis späten Sorten schälte sich ein klarer Favorit heraus: mit einer Durchschnittsnote von 7,4 wurde der Geschmack der seit rund 170 Jahren in Deutschland angepflanzten Sorte 'Fellenberg' am bestem bewertet (Abbildung 4). Mit einer Differenz von mehr als einer ganzen Note wurde die US-amerikanische Neuzüchtung 'Verity' bei der Geschmacksbewertung Zweite. Die in den letzten Jahren stark beachtete Geisenheimer Neuzüchtung 'Top' kam bei unseren Verkostern nicht so gut an: ihr Geschmack wurde mit einer Durchschnittsnote von 4,1 am schlechtesten bewertet.
Abbildung 4: Bewertung des Geschmacks der Sorten der mittelspäten bis späten Reifegruppe
Zusammenfassung
Im vorliegenden Bericht werden die Ergebnisse zur Bewertung des Geschmacks und der Käufergunst alter und neuer Pflaumen- und Zwetschensorten vorgestellt. In der frühen bis mittelfrühen Reifgruppe wurde der Geschmack der Sorte 'Ersinger' am besten bewertet. Aus der Reifegruppe "mittelfrüh bis mittelspät" ging die Hohenheimer Neuheit 'Hanita' als eindeutiger Gruppensieger hervor. Auf Rang 2 in der Geschmacksbewertung liegen Kopf an Kopf die traditionsreichen Sorten 'Bühler Frühzwetsche' und 'Hauszwetsche'. In der Gruppe der mittelspäten bis späten Sorten war der "Oldie" 'Fellenberg' der klare Favorit.
Natürlich können Ergebnisse von Verkostungen nicht als alleinige Grundlage für Pflanzentscheidungen herangezogen werden. Das wird z.B. bei der Sorte 'Fellenberg' deutlich: ungeachtet ihrer offensichtlich hervorragenden Geschmacksqualität bleibt sie im Anbau ein "Problemkind", bringt nur an wenigen Standorten befriedigende Erträge und ist über dies hoch scharkaanfällig. Dennoch können Verbraucherprüfungen wertvolle Hinweise über die Sortenakzeptanz des bestehenden Sortimentes liefern. Die vorliegenden Testergebnisse können darüber hinaus bei den Erzeugerorganisationen und Obstbauberatern als Diskussionsgrundlage für künftige Sortenempfehlungen dienen.