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Beerenrundgang im Versuchsgut Heuchlingen

Gunhild Muster, Tobias Gabler

Zum fachlichen Informationsaustausch trafen sich Beerenberater und Produzenten. Das Heuchlinger Team und die Versuchsansteller Gunhild Muster und Tobias Gabler führten die Gäste durch den Versuchsbetrieb. Als erstes traf die neu erstellte Agri-Photovoltaik-Anlage auf großes Interesse. Eine 1700 m² große Fläche wurde im Schachbrettmuster im Wechsel mit Solarmodulen und Sicherheitsglas überdacht. Die Solarleistung ist mit circa 115 kWp geplant. Dennoch soll eine Lichtdurchlässigkeit von im Mittel 70 % gewährleistet sein. Durch die Überdachung können die Beeren langjährig geschützt produziert werden, der Folienverschleiß entfällt. Das Regenwasser wird aufgefangen und für die Versorgung der Pflanzen genutzt. Auch das Dränwasser wird recycelt. Erste Versuche mit Erdbeeren und Strauchbeeren wurden im Frühjahr 2024 begonnen. Alle Pflanzen stehen in Töpfen und werden über eine Bewässerungsdüngung versorgt. Entscheidend für die Wirtschaftlichkeit der Kulturen ist die Bereitstellung des jeweiligen Lichtbedarfs. Nur dann lässt sich ein hoher Ertrag mit guter Fruchtqualität erzielen. Deshalb wurden bei allen Kulturen die Pflanzabstände variiert. Erdbeeren wurden zusätzlich auf eine Mehrfachstellage gesetzt.  Bereits jetzt (Pflanzung Mitte März) zeigt sich, dass die Pflanzen in der oberen Etage früher reifen und einen höheren Wasserbedarf haben als die Pflanzen in den unteren Etagen. Dort scheint die Blühdauer deutlich länger und verzettelt. Erste Ergebnisse werden beim Bundesbeerenseminar Anfang Februar 2025 vorgestellt. 

Die Erdbeersortenprüfung im Freiland erfolgte unter schwierigen Witterungsbedingungen. Die Niederschläge im April (84l/m²) und Mai (117 l/m²) waren 2024 rund doppelt so hoch wie im Mittel der Jahre 1994 bis 2020. Tobias Gabler stellte folgende Sorten heraus: Trotz der Witterung haben sich die Sorten Klodia, Giusy und Rosaria im frühen bis mittleren Erntebereich als positiv erwiesen, mit einem gesunden Pflanzenbestand und vergleichsweise guten Erträgen. Im Folientunnel konnte sich noch die MAR 109 beweisen, die trotz des starken Mehltaudrucks, nur sehr gering damit befallen war.

Brombeersorten werden im Folienhaus geprüft. Die Sorten Loch Ness, Sweet Royalla, Natchez, Ponca und M06 wurden bereits 2023 aufgestellt. 2023 fiel Natchez durch ihre frühe Reife und die sehr großen Früchte (9,6 g) auf. Diese werden nach der Ernte leider schnell rötlich. Sweet Royalla zeichnet sich durch sehr feste Früchte aus, Ponca und M06 reifen beide nach Loch Ness. Neu gepflanzt wurden die Sorten Loch Katherine und Armando. 

Seit 2020 werden verschiedene Substrate im Himbeeranbau getestet. Dabei wird besonders Miscanthus als Bestandteil geprüft. 2024 wurden Vajolet long canes in Mischungen von Accretio (Torfmoos), Kompost und Miscanthus im Vergleich zum Standardsubstrat (Weißtorf, Kokosfaser, Perlite; Fa. Kekkilä/Brill) und einem torffreien Substrat mit Holzfasern (Fa. Kekkilä/Brill) getopft. Bislang sind keine Unterschiede in der Laubfärbung erkennbar. Die Durchwurzelung der Töpfe setzte etwas später ein als in der Kontrollvariante. In den Versuchen 2020 bis 2023 wurden keine statistisch sicherbaren Ertragsunterschiede zwischen Kontrolle und „Miscanthus-Varianten“ festgestellt. 

Gunhild Muster stellte einen Tulameen Versuch vor. Im Sommer 2014 wurden verschiedene Herkünfte bzw. Klone von Tulameen im Freiland aufgepflanzt – dieser Bestand steht immer noch wüchsig da. Aus diesem Bestand wurden Pflanzen mit sehr einheitlicher Fruchtform ausgewählt und in mehreren Schritten und Jahren immer wieder selektioniert. 2023 konnte ein Klon vorgestellt werden, der eine einheitlich konische Fruchtform aufweist, sodass ein Anteil an Handelsklasse 1 von 95% ermittelt wurde. Dieses Ergebnis wurde auf weiteren Versuchsstandorten (Langförden und Köln-Auweiler) bestätigt. Derzeit werden Pflanzen vermehrt, sodass voraussichtlich 2025 erste Grünpflanzen für einen versuchsweisen Anbau auf Betrieben zur Verfügung stehen.

In einer Substratrinne wurden im Frühjahr 2023 die remontierenden Sorten Clarita, Optima, Amalia Rossa und Vajolet gepflanzt. Die Herbsternte begann erst Anfang September mit Clarita. Vajolet reifte sogar erst ab Ende September, sodass der Ertrag nur sehr gering war. Die Wüchsigkeit aller Sorten ist im Vergleich zur Pflanzung im Topf geringer. Die Sommerernte von Clarita begann am 7.6.2024, Vajolet wird seit dem 11.6. beerntet. In den Jahren 2020 bis 2022 wurden Früchte der Sorten Clarita und Optima geschmacklich gut beurteilt. Malling Bella wurde schon 2023 als long canes gepflanzt. Die Früchte sind besonders leuchtend hell- bis mittelrot und fest – trotz leicht unregelmäßiger Einzelbeeren und Fruchtform. 

Dominik Scharenberg stellte das Heidelbeersortiment vor. Die Sorten Blue Ribbon, Cargo, Top Shelf und Last Call sowie Valor und Calypso werden im Vergleich zu Duke getestet. Blue Ribbon fällt durch ihren besonderen Geschmack auf und könnte deshalb interessant für direktvermarktende Betriebe sein. Top Shelf weist tatsächlich eine gute Fruchtqualität und ein gutes shelf life auf, im mittleren Reifebereich könnte sie ein Ersatz für Bluecrop sein. Last Call ist spät reifend. Valorfrüchte sind vergleichsweise groß, sodass sich dies positiv auf die Pflückleistung auswirkt, ebenso wie der aufrechte Wuchs. 

Da Heidelbeerpflanzen einen sauren Boden benötigen, ist es auf vielen Standorten erforderlich, diese in Substratdämmen zu kultivieren. Dabei wäre es wünschenswert, soweit wie möglich auf Weißtorf zu verzichten. Deshalb wurde ein Versuch mit verschiedenen Substraten bzw. Rohmaterialien mit ökologischer Kulturführung in Zusammenarbeit mit der Firma Brill angelegt. Die organischen Materialien wurden im Winter 2022 mit 30 cm Höhe und 1 m Breite zwischen Holzbrettern ausgebracht. Die Pflanzung erfolgte im Frühjahr 2023. Folgende Tabelle 1 zeigt die Varianten 1 bis 8.

Tabelle 1: Prüfung von Duke-Pflanzen in verschiedenen Substraten

1
Torf 50%, Rindenhächsel 50%
2
Miscanthus 50%, Sägemehl 50%
3

Lignodrän 30%, Perlite 20%, Kokosfaser 50%

4
Miscanthus 30%, Lignodrän 30%, Perlite 20%, Kokosfaser 20%
5
Miscanthus 50%, Lignodrän 50%
6
Champost 100%
7
Miscanthus 80%, Torf 20%
8
Miscanthus 100%

Gunhild Muster wies auf die Pflanzen der Variante 1 hin. Diese sind wüchsig und weisen ein gutes Strauchvolumen auf. Dagegen wachsen Pflanzen der Variante 6 deutlich schwächer. Diese Pflanzen sind als einzige deutlich chlorotisch. In dieser Parzelle sind pH-Wert, Salzgehalt sowie die Gehalte an N, P und K sehr hoch. Da Heidelbeeren eine Dauerkultur sind, bleibt die weitere Entwicklung spannend.

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