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Bericht zum Brennertreffen 2024

im Rahmen der Ehemaligenfortbildung

 

Am 26. April 2024 fand an der LVWO Weinsberg das Brennertreffen 2024 im Rahmen der Ehemaligenfortbildung statt. Nach einer Begrüßung durch Direktor Dieter Blankenhorn konnten die Teilnehmer dem ersten Beitrag von Dr. Dirk Hofmann und Jürgen Friz, beide aus dem Referat Frucht- und Brennereitechnologie, aufmerksam folgen. Unter dem Titel "Kleinbrennerei als Kulturgut Streuobstwiese als Ehrenamt für den Klimaschutz - Zukunft neu gedacht" wurde von Dr. Dirk Hofmann zunächst die bisherige Entwicklung der aktiv betriebenen kleinen Brennereien sowie die Entwicklung der insgesamt in Deutschland registrierten kleinen Brennereien aufgezeigt. Dabei ist festzuhalten, dass mit Beginn der Post-Branntweinmonopolzeit seit 2018 der Rückgang der registrierten Kleinbrennereien bundesweit schneller abnimmt als in der Zeit nach der deutschen Wiedervereinigung bis Ende 2017. Dafür gibt es sicherlich unterschiedlichste Gründe. Während zum Ende des Branntweinmonopols viele Pressemeldungen den Umstieg der kleinen Brennereien von der Ablieferung an das Branntweinmonopol hin zu einer Direktvermarktung skizziert hatten, sieht es ganz so aus, als hätte sich an der jahrzehntelang etablierten Struktur bis heute nur sehr wenig verändert. So liefern viele Kleinbrennereien zwar nicht mehr an die Bundesmonopolverwaltung, dafür jedoch an aufkaufe Händler. Doch wie sind die Konditionen? Gemeinsam mit Jürgen Friz konnten sich die Teilnehmer ein Bild der aktuellen Rahmenbedingungen verschaffen. Eine Übersicht gibt die folgende Abbildung.

Dabei wurde klar, dass die derzeitige Situation aus Einnahmen durch Alkoholverkauf lediglich die gegenüberstehenden Kosten für die Rohstoffe, die Verbrauchsmaterialien wie Hefe, Säure, Enzyme sowie die laufenden Energiekosten in Form von Heizöl oder Brennholz, sowie Strom- und Kühlwasserkosten decken. Wesentliche Elemente der betriebswirtschaftlichen Betrachtung wie der Stundenlohn und die Kosten für das Brenngerät selbst blieben jedoch unberücksichtigt. Nimmt man diese hinzu, so reichen die derzeitigen erzielbaren Einnahmen durch den Verkauf bei weitem nicht aus. Wie gezeigt werden konnte wird eine mögliche Anpassung des Kontingentes von 3 hl auf 5 hl daran nur sehr wenig ändern. Derzeit scheint es, als wäre ausschließlich die Direktvermarktung der selbst erzeugten Produkte der Schlüssel zu wirtschaftlichem Erfolg. Dieser ist jedoch essenziell erforderlich für den dauerhaften Erhalt der Kleinbrennereien im Land und bundesweit.

Darüber hinaus stehen Entwicklungen an. Die sind einerseits die Eintragung der Kleinbrennereien als Kulturerbe bei der Unesco. Andererseits gibt es Entwicklungen wie den Streuobstpakt in Bayern, QZ Streuobst und BioZBW in Baden-Württemberg, sowie Überlegungen, die Kleinbrennereien von einem Nebenerwerbsmodell hin zu einem nichtkommerziellen Modell zu überführen. Themen wie Streuobstwiese, Kulturlandschaft, Kleinbrennereien wären dann unter dem Überbegriff Freizeitgartenbau zu behandeln. Auch im Rahmen der Aktivitäten der Kleinbrennerverbände zeichnen sich Veränderungen ab. So wird angestrebt eine Zusammenführung der acht Kleinbrennerverbände unter einem neuen gemeinsamen Dach mit Sitz in Karlsruhe zu schaffen. Dort soll es neben neuen Leistungen für die Mitglieder auch ein neues Kompetenzzentrum Kleinbrennerei geben. Details zu Angeboten und Leistungen bleiben abzuwarten. Möglicherweise gibt es Bildungsangebote in Art und Umfang wie es diese seit vielen Jahren beispielsweise bei den amerikanischen Craft Spirits Verbänden gibt.

Anschließend konnte Mathias Krönert von der LWG Veitshöchheim sortenreine Brände vorstellen, die durch die Teilnehmer verkostet und bewertet werden konnten. Krönert gab einen kurzen Abriss über die Sortenvielfalt auf den Streuobstwiesen in Bayern. Nach aktueller Datenlage ist dort ein starker Rückgang bei nahezu allen Obstarten zu verzeichnen. Es gilt jedoch die Artenvielfalt zu erhalten und damit auch auf Sorten zu setzen die zuletzt keine Beachtung mehr fanden. Konzepte wie ein Baum eine Flasche, häufig mit 200 ml Inhalt, kommen am Markt offenbar gut an. Jedoch ist zu beachten, dass konzeptionelle Entwicklungen wie diese in aller Regel mit Fördersummen bis 50.000 € je Projektvorhaben verbunden sind. Ohne diese Mittel ließen sich solche Entwicklungen nur schwer gestalten. Andere Vorhaben wie das Prestigeprojekt der Bayerbrandflasche konnten nicht zuletzt durch die harten Bedingungen der Pandemiephase bisher nicht umgesetzt werden. Derzeit wirken insbesondere ökonomische Auswirkungen und damit einhergehende hohe Flaschenpreise hemmend und verzögern weitere Entwicklungen.

Nach der Verkostung sehr hochwertiger Produkte aus kleinen Flaschen in kleinen Auflagen wurden die Teilnehmer in die Mittagspause entlassen.

Den ersten Beitrag am Nachmittag gab Kurt Sartorius vom schwäbischen Schnapsmuseum in Bönnigheim. Unter dem Titel „Entwicklung der Destillationstechnik unter besonderer Berücksichtigung des Schnapsbrennens“ gab er einen Einblick in ausgewählte Exponate des Museums und konnte die lange Geschichte der Branntweinherstellung und der Destillation beleuchten. Auch technische Raritäten sind im Museum zu sehen. Das Spektrum reicht dabei von kleinen Anlagen bis hin zu großen Industriesystemen aus dem Bereich der Neutralalkoholgewinnung. Eine Besonderheit bildet die Sammlung an Geheimbrennereien, die Exponate aus vielen Jahrzehnten der steuerrechtlichen Ermittlungen der Zollverwaltung umfasst. Aber auch Zubehör wie Alkoholmeter und andere Messgeräte sind Teil der Ausstellung. Das Museum, welches über Jahrzehnte aufgebaut wurde, bietet aktuell ein umfassendes Angebot an technischen Entwicklungen von der Antike bis heute und ist in jedem Fall eine Reise wert für Kleinbrenner und andere interessierte Besucher. Auch Reisegruppen sind im Museum willkommen. Verpflegung vor Ort kann in angemessener Atmosphäre angeboten werden. Das Museum finden Sie hier: Meiereihof 5+7, 74357 Bönnigheim. Erreichbar via Tel+Fax 07143-22563 oder schnamus@web.de. Infos auch unter www.schwaebisches-schnapsmuseum.de. Geöffnet ist das Museum sonntags von 14-17 Uhr (April-Oktober), für Gruppen jederzeit nach Anmeldung.

Abschließend konnte Frau Katrin Binder vom Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz in Stuttgart aktuelle Entwicklungen bei Streuobst und Brennereien aufzeigen. Aufschlussreich wurden dabei die Zahlen zum Ernteaufkommen bei Streuobst in Deutschland aufgezeigt. Europas Plan gegen den Krebs fordert eine Verringerung des schädlichen Alkoholkonsums um mindestens 10 % bis 2025. Damit einher gehen Maßnahmen wie Werbeverbote. Themen wie „alkoholfreier Genuss“ und „Premium“ spielen Studien zufolge ebenso eine wichtige Rolle in der aktuellen Periode. Die Streuobstkonzeption mit sieben Handlungsfeldern wurde vorgestellt. Außerdem folgten Angaben zur brandneuen Reform zu geografischen Angaben bei Spirituosen (VO (EU) 2024/1143) und anderen Erzeugnissen. Auch das Thema Förderung von Investitionen wurde beleuchtet. Änderungen oder neue Programme in diesem Bereich sind aktuell nicht zu erwarten.

Abschließend gab es eine rege Diskussion unter den Teilnehmern. Der Erhalt der Streuobstwiesen wird gefordert, doch jene, die das leisten sollen, werden zunehmend mit Respekt und Anerkennung belohnt statt mit Geld. Dazu kommen Auflagen und ein enger werdender Markt durch Einschränkungen der Konsumenten bezüglich deren Konsumverhalten. „Die Politik hat uns gesagt: Wir sollen mehr rauchen und weniger trinken.“ hieß es aus der Gruppe. Andere Kritik richtete sich vermehrt gegen immer neue Auflagen und Einschränkungen. So wurden Anmeldeverfahren zum Brennen umfangreicher statt einfacher und kürzer. Pflegearbeiten werden zwar anteilig vergütet, jedoch gibt es keine Anpassung an die zuletzt hohe Inflation.

Wird es gelingen, die Struktur der Kleinbrennereien und damit den Erhalt der Streuobstwiesen nachhaltig zu sichern? Eine spannende Frage, auf die es keine einfache Antwort gibt.



 
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