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Bioregulatoren und Qualität im Blickpunkt

 

Ergebnisse aus Weinsberger Technikerarbeiten

 

Karl Bleyer,  LVWO Weinsberg; Philipp Albrecht, Heilbronn und Ulrich Kilchsperger, Flaach (Schweiz)

 

Einleitung

Bioregulatoren haben in der Schweiz noch keine Genehmigung und Zulassung. Daher war es für Ulrich Kilchsperger in seinem elterlichen Betrieb in Flaach (Schweiz, Kanton Zürich) von großem Interesse, wie sich diese auf die im Betrieb vorherrschende Rebsorte Blauer Spätburgunder im Vergleich zu manuellen Maßnahmen auswirken. Philipp Albrecht aus Heilbronn befasste sich ebenfalls mit dieser Thematik, und zwar gleich mit zwei typischen württembergischen Rebsorten, dem Weißen Riesling im Gewann Wartberg und dem Schwarzriesling im Gewann Bürg. Er berechnete die Wirtschaftlichkeit für einen Genossenschaftswinzer.

 

Versuch in Flaach

Möglichst optimale Traubenqualität, die dem jeweilig angestrebten Weintyp entspricht, will das Weingut Kilchsperger aus Flaach erzielen. Ulrich Kilchsperger (Bild 1) wollte in seiner Technikerarbeit an der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau in Weinsberg herausfinden, wie gut die Traubenqualität bei verschiedenen Methoden der Ertragsreduktion und der Traubengerüstlockerung ist und welche Maßnahmen er für bestimmte Preissegmente wirtschaftlich vertreten kann.

 

Bild 1: Ulrich Kilchsperger bei der Arbeit
Bild 1: Ulrich Kilchsperger bei der Arbeit

 

In seiner Arbeit prüfte er in der Lage Worrenberg beim kompakten Spätburgunderklon Wä 2/45 mit der unbehandelten Kontrolle acht Varianten mit jeweils vier Wiederholungen. Die Versuchsvarianten sind in Tabelle 1 dargestellt. Für die Anwendung der Wachstumsregulatoren benötigte er eine Bewilligung durch das Bundesamt für Landwirtschaft. In der gesamten Anlage wurde der konventionelle Pflanzenschutz, in dem eine Botrytisbehandlung vor Traubenschluss integriert war, mit einem Turbomobil der Firma FISCHER ausgebracht. Die Behandlung mit den Bioregulatoren erfolgte mit einer BIRCHMEIER Druckspeicherspritze.

Wesentliche Auswertungskriterien waren die Erträge, die Mostgewichte, der Botrytisbefall und die Kosten der Bioregulatoren sowie die Arbeitszeiten der einzelnen Varianten.

 

Tabelle 1: Versuchsvarianten

Nr.

Variante

1

Kontrolle

2

Trauben teilen früh (Beeren erbsengroß)

3

Trauben teilen spät (Reifebeginn)

4

Trauben teilen spät + Gibb 3

5

Dritte Trauben und Schultern wegschneiden

6

Abstreifen

7

Gibb 3 400l Wasser/ha - 150 g/ha

8

Gibb 3 800l Wasser/ha - 150 g/ha

9

Regalis - 1,6 kg/ha


 

Ergebnisse in Flaach

Die Erträge waren im Jahr 2011 relativ gering, sie lagen zwischen 79,4 kg/a in der "Kontrolle" und 42,8 kg/a in der Variante "Gibb 3 + Trauben teilen spät" (siehe Abbildung1). Alle Maßnahmen führten zu einer Reduktion des Ertragesiehe Die Mostgewicht zwischen den einzelnen Varianten unterschieden sich lediglich um 1,6 °Oechsle. Die Kompaktheit der Trauben wurde gegenüber der Kontrolle vom Biegeindex 1,8 auf 1,1 bis 1,3 bei den Varianten "Abstreifen", "Gibb 3" und "Regalis" gemindert. Innerhalb dieser Varianten war kaum ein Unterschied zu erkennen. Der Botrytisbefall war im Versuchsjahr sehr gering. In allen Varianten, außer der Variante "dritte Traube und Schulter entfernen" konnte eine Reduktion des Botrytisbefalls erreicht werden, am stärksten bei den Varianten "Abstreifen" (Bild 2), "Gibb 3" (Bild 3), "Gibb 3 und Trauben teilen" und "Regalis".

 

 

Bild 2: Abgestreifte Traube des Spätburgunders

 

Bild 3: Vergleich unbehandelte Traube und "Gibb 3 - Traube"

Bild 2: Abgestreifte Traube des Spätburgunders

 

Bild 3: Vergleich unbehandelte Traube und "Gibb 3 - Traube"



 

Bei der Kostenrechnung nahm der Weinbautechniker bei allen manuellen Maßnahmen die Arbeitszeit und setzte diese mit 20 SFr/Akh an. Für die zusätzliche Spritzung der Bioregulatoren rechnete er anhand einer kompletten Kostenrechnung die  Maschinen- , Lohn-, und Mittelkosten mit ein. Bei einer einmaligen Behandlung mit "Gibb 3" und "Regalis" waren die Kosten deutlich geringer als bei allen Maßnahmen, die von Hand durchgeführt wurden. "Abstreifen" war die aufwendigste Methode. Die Kosten dieser Variante lagen durch den hohen Arbeitsaufwand bei 1000,- SFr pro Hektar (siehe Tabelle 2).

 

Tabelle 2: Ergebnisse der Kostenrechnung in SFr

Variante

h/ha

Arbeitskosten
(Kosten/Spritzung)
Kosten/Akh

Mittelkosten

Gesamt-
kosten

Gibb 3

 

129

110

239

Regalis

 

129

160

289

Teilen früh

35

700

 

700

Teilen spät

40

800

 

800

Teilen spät + Gibb 3

40

800

239

1039

Abstreifen

50

1000

 

1000

3. Tr. u. Schulter

40

800

 

800



 

 

Abbildung 1: Erträge der einzelnen Versuchsvarianten in kg/a

Abbildung 1: Erträge der einzelnen Versuchsvarianten in kg/a

 

 

Fazit

Als Resümee aus seinem Versuch und dem Vergleich mit anderen Literaturangaben kann sich Herr Ulrich Kilchsperger vorstellen in Zukunft durch den Einsatz von Gibb 3 eine preisgünstige, kontrollierbare Ertragsregulierung für das Standardsegment durchzuführen. Beim Einsatz mit Regalis war ihm der Ertragsverlust in diesem Versuch zu hoch. Voraussetzung wäre natürlich eine Zulassung der Bioregulatoren in der Schweiz. "Handabstreifung" und das "Traubenteilen mit Einsatz von Gibb 3" kommen nur für das Topsegment in Frage. Hierfür wird er noch einige Erfahrungen bezüglich der Weinqualitäten der einzelnen Varianten sammeln müssen.

 

 

 

Versuche in Heilbronn

In diesen Versuchen verglich Philipp Albrecht verschiedene praxisübliche Methoden zur Vermeidung bzw. Reduzierung von Botrytisbefall an den Rebsorten Schwarzriesling und Riesling. Er setzte Bioregulatoren zur Lockerung des Stielgerüstes sowie ein Botrytizid zur direkten Bekämpfung des Pilzes ein. Des Weiteren halbierte er Trauben um ihre Struktur zu lockern. Fragestellung war, inwieweit der zu erwartende ertragsmindernde Effekt durch eine Steigerung der Traubenqualität ausgeglichen werden konnte. Er wertete die zusätzlichen Arbeits- und Materialkosten mit abweichender Auszahlungsleistung am Beispiel einer Genossenschaft ausiehe Hierzu diente als Grundlage die vorläufige Traubengeldabrechnung der Genossenschaftskellerei Heilbronn - Erlenbach - Weinsberg eG.

In seiner Arbeit prüfte Philipp Albrecht beim kompakten Schwarzriesling und bei einem W. Riesling den Einsatz von Wachstumsregulatoren im Vergleich zu einer einmaligen Botrytizidanwendung vor Traubenschluss, einer Kombination von beidem und einer Traubenhalbierung (siehe Tabelle 3). 

 

Tabelle 3: Versuchsvarianten mit Ernteergebnissen

kg/a

° Oe

Schwarzriesling

Nr.

W. Riesling

° Oe

kg/a

106

83

Kontrolle

1

Kontrolle

87

54

62

87

Regalis - 1,5 kg/ha

2

Regalis - 1,8 kg/ha

92

34

124

81

Botrytizid

3

Botrytizid

89

57

78

86

Trauben halbieren

4

Trauben halbieren

90

38

73

88

Regalis + Botrytizid

5

Regalis + Botrytizid

91

33

95

86

Gibb 3 - 150 g/ha

6

 

 

 



   

Gibb 3 wurde entsprechend der Genehmigung nur beim Schwarzriesling eingesetzt. Die Varianten wurden in jeweils vier Wiederholungen durchgeführt. Die Behandlung mit den Bioregulatoren erfolgte mit einem motorisierten Rückensprühgerät der Firma HOLDER.

Auch in dieser Arbeit stand im Vordergrund die Arbeitszeiten, Erträge, Mostgewichte und Botrytisbefall zu erfassen, um Aussagen über die Wirtschaftlichkeit zu machen.

 

Ergebnisse in Heilbronn

In beiden Versuchen wurde durch den Einsatz der Bioregulatoren eine deutliche Auflockerung der Trauben erzielt. Die Auflockerung durch Regalis war beim Schwarzriesling noch stärker ausgeprägt als durch Gibb 3 (Abbildung 2). Viele Trauben der mit Regalis behandelten Varianten zeigten extreme Kleinbeerigkeit (Bild 4), wie sie im Versuchsjahr sehr oft auch in anderen Anlagen beobachtet wurde.

 

Bild 4: Mit Regalis behandelte Traube von W. Riesling im Jahr 2010

Bild 4: Mit Regalis behandelte Traube von Weißem Riesling im Jahr 2010

 

Entsprechend wurde auch der Befall durch den Botrytispilz deutlich minimiert. Während beim Schwarzriesling eine Befallsstärke von 19,1 % festgestellt wurde (Abbildung 3), war der Befall beim W. Riesling mit 6,9 % sehr gering. Die Erträge wurden durch alle Maßnahmen,  gegenüber der Kontrolle (Schwarzriesling 106 kg/a und W. Riesling 54 kg/ha) reduziert. Beim Schwarzriesling erhöhte sich nach Botrytizideinsatz der Ertrag (123 kg/a) durch den geringeren Faulanteil. Generell sehr geringe Erträge wurden beim W. Riesling gelesen (Tabelle 3), was auch auf den relativ geringen Fruchtansatz und die natürliche Verrieselung zurückzuführen war. Diese Faktoren dürften auch für den sehr geringen Botrytisbefall mitverantwortlich sein.

 

Abbildung 2: Biegeindex bei Schwarzriesling

Abbildung 2: Biegeindex bei Schwarzriesling

 

 

 

 

Abbildung 3: Befallsstärke durch Botrytis bei Schwarzriesling

Abbildung 3: Befallsstärke durch Botrytis bei Schwarzriesling

 

 

 

Für die Berechnung der Wirtschaftlichkeit wurden von Philipp Albrecht nur die veränderten Kosten/Ersparnisse im Vergleich zur Kontrolle gerechnet. Sämtliche Arbeiten wie z.B. Trauben halbieren, zusätzliche Spritzungen, Traubenlese wurden berücksichtigt. Diese veränderten Kosten/Ersparnisse wurden mit der abweichenden Auszahlung der Genossenschaftskellerei verrechnet. Hierfür nahm er die vorläufige Abrechnung des Jahrganges 2010 als Berechnungsgrundlage. Weitere Datengrundlage waren die Verrechnungssätze des Maschinenrings für Baden-Württemberg 2009 - 2010.

Der jeweils abweichende Erlös ist in den Abbildungen 4 und 5 dargestellt. Beim Schwarzriesling hatte lediglich die Variante mit Botrytizid durch den höheren Ertrag gegenüber der Kontrolle auch einen höheren Erlösiehe Bei W. Riesling konnte diese Variante durch den sehr geringen Ertrag lediglich mit der Kontrolle gleichziehen.

 

 

Abbildung 4: Abweichender Erlös bei Schwarzriesling (Kontrolle = 0)

 

Abbildung 4: Abweichender Erlös bei Schwarzriesling (Kontrolle = 0)

 

 

 

 

Abbildung 5: Abweichender Erlös bei Weißem Riesling (Kontrolle = 0)

 

Abbildung 5: Abweichender Erlös bei Weißem Riesling (Kontrolle = 0)

 

       

Fazit

Zur Erzeugung von gesundem Lesegut erfüllten alle Maßnahmen ihren Zweck. Die Bioregulatoren führten zu einer hervorragenden Lockerung der Traubenstruktur. Sämtliche Maßnahmen, mit Ausnahme des Botrytizideinsatzes, waren wie zu erwarten, mit Ertragsverlusten verbunden.

Bei der Betrachtung der Rentabilität kam Philipp Albrecht bei der Rebsorte Schwarzriesling unter den Bedingungen des Jahrgangs 2010 zu dem Ergebnis, dass für ein Genossenschaftsmitglied nur die Variante Botrytizid wirtschaftlich einen Vorteil hat. Beim W. Riesling hatte keine der Varianten im Versuchsjahr 2010 einen wirtschaftlichen Vorteil gegenüber der Kontrolle. Nur die Variante Botrytizid konnte mit einer kleinen Abweichung von -19,18 €/ha als identisch eingestuft werden.

Albrecht kam zum Schluss, dass dieses Ergebnis jedoch nicht grundsätzlich als Maßstab dienen kann. Aufgrund der unterschiedlichen Witterung jedes Jahres kann es wie 2010 durch eine verzögerte Rebblüte schon ohne Einwirkungen zu einer Verrieselung kommen. Eine zusätzliche Regalis- oder Gibb3-Behandlung oder das Halbieren von Trauben kann in ertragsschwächeren Jahren zu hohen Ertragsausfällen führen. Diese Auswirkungen sieht man deutlich an den Regalis-Varianten sowie an der Variante "Trauben halbieren". Die Mostgewichte sind zwar gestiegen, jedoch ist die Ertragsleistung deutlicher zurückgegangen. Ein solch verminderter Ertrag lässt sich mit dem Auszahlungssystem der Genossenschaften durch ein höheres Mostgewicht nicht abfangen.

 

Zusammenfassung beider Versuche

In zwei Weinsberger Technikerarbeiten wurden die Wachstumsregulatoren Gibb 3 und Regalis hinsichtlich der Qualität und des Fäulnisbefalles mit anderen Maßnahmen verglichen. Im Vergleich zu verschiedenen manuellen Maßnahmen sind es relativ günstige Methoden der Traubenkompaktheit und somit der Botrytis und Essigfäule vorzubeugen. Je nach Produktionsziel, ob Selbstvermarkter oder Weingärtnergenossenschaftsmitglied sind die Ergebnisse unterschiedlich zu beurteilen. Im Versuchsjahr war der Botrytisbefall sehr gering, so dass keine wesentlichen Vorteile der Bioregulatoren festgestellt werden konnten. In Jahrgängen mit einer guten Blüte und einer frühen Reife, wie 2011, wirken sie sich bei mehr Botrytis- und vor allem mehr Essigfäulebefall deutlich positiver aus.
 

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