Bodenfeuchtemessung im Weinbau
von Dr. D. Rupp |
Wasserstress bei Reben ist in Deutschland mittlerweile kein Fremdwort mehr. Wird unter den gegebenen rechtlichen Voraussetzungen eine Bewässerung vorgenommen, ist eine Kontrolle der Wasserverhältnisse im Boden sowie eine Berücksichtigung des physiologischen Stadiums der Rebe unbedingt notwendig.
Wasser – ein knappes Gut
Folgt man den Aussagen der Wetterstatistiken, so haben vor allem in den 1990er Jahren die trockenen Sommer zugenommen. Aber auch ohne das Schreckgespenst einer Klimaveränderung ist der zeitweilige Wassermangel in unseren Weinbergen häufiger geworden. Die aus Gründen des Erosionsschutzes begrüßenswerte und aus Sicht der Befahrbarkeit sinnvolle Ausweitung der Begrünung wird hier als Ursache genannt. Nicht ohne Grund rückt die Wasserversorgung der Reben bei der Ursachenforschung zur untypischen Alterungsnote immer mehr in den Vordergrund.
Wasser ist jedoch ein knappes Gut und über dies nicht ohne Weiteres im Weinbau einzusetzen. Rechtliche Vorgaben, wie das Überschreiten einer Hangneigung von 30 % in Verbindung mit Flachgründigkeit oder Skelettreichtum des Bodens sowie der Gefahr eines drohenden Entwicklungsstillstandes trennen beregnungsbedürftige von beregnungsfähigen Rebanlagen.
Nicht Masse sondern Klasse
Ziel von Wassergaben aus heutiger Sicht ist nicht eine Wiederholung des biblischen Wunders der Wandlung von Wasser in Wein. Vielmehr geht es im Gegensatz zu einer Mengenerhöhung um die Erhaltung oder Steigerung der Weinqualität. Soll mit zusätzlichen Wassergaben nicht die Menge vergrößert, sondern die Qualität des Traubengutes verbessert werden, so muss das Wasser in der richtigen Wachstumsphase und in wohldosierter Menge verabreicht werden. Bekanntermaßen wirkt sich die Wasserversorgung je nach Entwicklungsstadium der Beere bzw. des Reifeverlaufs unterschiedlich auf die Mengen- und Qualitätsentwicklung aus (Abb.1). Bereits 30 Jahre zurückliegende Versuche zur Ertragsphysiologie der Rebe haben gezeigt, dass eine üppige Wasserversorgung in den Wochen nach der Blüte die Zellbildung in der jungen Beere begünstigt und damit den Grundstein für große Beeren, schwere Trauben und erhöhte Erträge legt. Gleichermaßen bekannt und vom Winzer gefürchtet, sind Niederschläge und damit zu hohe Bodenfeuchten kurz vor der Lese. Während in den Wochen nach der Blüte das Beerenwachstum angeregt wird, saugen die osmotischen Kräfte der nahezu reifen, zuckerhaltigen Beere das herbstliche Regenwasser geradezu an. Zwischen diesen beiden Perioden des Wachstums und der Gewichtszunahme zeigt sich bei den Traubenbeeren eine Ruhephase, in der das Wachstum scheinbar zum Stillstand kommt. Wählt man für die jetzt ablaufenden Vorgänge das farbige Bild einer Rotweinsorte, so schalten veränderte Hormonzusammensetzungen in dieser Umstellungsphase die Beere buchstäbliche von Grün auf Rot. Die Inaktivierung der Spaltöffnungen läßt dann den Verdunstungsstrom allmählich versiegen. Mit der beginnenden Zuckereinlagerung verändert sich zudem der Säuregehalt der Beere. Eine ausreichende Wasserversorgung in dieser Zeit, zwei Monate nach der Blüte, d. h. also Mitte bis Ende August, dient somit vor allem der Qualitätsförderung.
Abbildung 1: Beerenwachstum und Mostgewichtszunahme in schematischer Darstellung. Eine gute |
Bodenfeuchten kontrollieren
Erfahrungswerte, Beobachtungen und wissenschaftliche Ergebnisse zeigen nun, dass bei etwaigen Wassergaben eine vollständige Auffüllung der Bodenwasservorräte vermieden werden muss. In den garantiert regenfreien Anbaugebieten Australiens ist eine Teilbefeuchtung des Wurzelsystems weitverbreitet, in Deutschland könnten unerwartete aber doch erhoffte Regenfälle sehr schnell zu einem Übermaß an Wasser führen. Eine Bemessung von Wassergaben sowie eine Erfolgskontrolle sind daher unabdingbar. Zur Kennzeichnung des Bodenwasserstatus gibt es viele Wege, die aber - um im Bilde zu bleiben - auch bei skelettfreiem Boden recht steinig sein können. Im Zusammenspiel zwischen Bodenvorräten und Leistungsfähigkeit eines Rebbestandes kommt es weniger auf die absolute Wassermenge im Boden als auf die Verfügbarkeit des Wassers an. Die Verfügbarkeit des Bodenwassers wird neben den atmosphärischen Einflüssen (Niederschlagsmenge, Verdunstungsanspruch) vor allem von der Bodenzusammensetzung, der Bodenart und der Bodenstruktur beeinflusst (Abb.2). Lockere sandige Böden haben einen hohen Grobporenanteil, aus dem Niederschlagswasser rasch abfließt, wenige Poren mit Speichereigenschaften und fast keine Porenbereiche in denen das Wasser dauerhaft festgelegt wird. Solche Feinstporen finden sich dagegen vor allem in schweren, tonigen Böden. Hier bedarf es Saugkräften von mehreren tausend kPa (15 - 20 bar) um auch aus diesen Verästelungen des Bodens Wasser zu entnehmen.
Der direkte, aber aufwändige Weg, um den Wasserstatus der Rebe zu erfassen, ist die Messung des Blattwasserpotenzials bei Sonnenaufgang. HIerbei werden Rebblätter in einer speziellen Druckapparatur einem Aussendruck ausgesetzt, der den internen Sogkräften entgegegen wirkt.
Einige Verfahren, um den Wassergehalt von Böden zu ermitteln werden nachfolgend vorgestellt.
Abbildung 2: Die Wasserspeicherung im Boden hängt ab von der |
Trocknung von Bodenproben
Eine vollständige Entfernung des Bodenwassers ist möglich bei einer Trocknung von Bodenproben bei Temperaturen über 100 °C. Dies ist auch ein einfaches Verfahren zur Bestimmung des Bodenwassergehaltes. Mit dem Bohrstock gewonnene Bodenproben werden zunächst in frischem Zustand gewogen. Eine erneute Wägung nach einer Trocknung bei 105 °C ergibt aus der Differenz den Bodenwassergehalt. Im Bezug zum Gewicht des trockenen Bodens lässt sich so der Wassergehalt in Gewichtsprozent angeben.
Mit Radar und Spannung in den Boden - TDR- , Theta- und Kapazitätssonden
Häufige Bodenprobenahmen sind aufwändig und verändern nicht zuletzt durch die Einstichlöcher die Probenahmefläche. Bei modernen elektronischen Messverfahren ist dies nicht zu befürchten. Insbesondere die TDR- oder Thetasonden liefern auf Knopfdruck exakte Wassergehaltsangaben des Bodens. Vergleichbar einem Radargerät schickt die Theta- oder TDR-Sonde ( T ime- D omain- R eflectometry) eine elektromagnetische Welle durch den Boden. Die gemessene Laufzeit dieser Welle von Sondenschaft zu Sondenspitze hängt vom Bodenwassergehalt ab. Das hochgenaue Knopfdruckergebnis hat allerdings seinen Preis. Nicht nur die Beschaffung der Sonden und Geräte, bei denen sehr schnell etliche tausend Euro (Tab. 1) zusammenkommen, sondern auch die Einsatzbedingungen müssen entsprechend geeignet sein. So sind die Sonden der TDR-Geräte als Lanzen oder als Gabeln ausgestaltet (Abb.3), bei den Thetasonden finden sich gar drei und mehr Sondenspitzen. Die Sondenspitzen müssen hohlraumfrei an den Bodenkörper anschließen, der Abstand der Sondenspitzen muss wegen der notwendigen Messgeometrie exakt eingehalten werden. Setzt man die Geräte daher in bereits trockenem oder skelettreichem Boden ein, so stößt man nicht nur auf Steine sondern auch auf erhebliche Schwierigkeiten.
Tabelle 1: Verfahren und Geräte zur Erfassung der Bodenfeuchte
|
Gerät |
Einsatzbereich |
Genauigkeit |
Handhabung |
Kosten |
1 |
Tensiometer |
0 – 85 kPa * |
sehr gut |
mittel |
60,- € |
2 |
Gipsblock |
50 – 1.500 kPa |
mittel |
leicht |
30,- € |
3 |
Watermarksensor |
20 – 180 kPa |
mittel - gut |
leicht |
50,- € |
4 |
TDR-/Theta-Sonde |
0 – 100 % FK** |
sehr gut |
mittel |
700,- € |
5 |
c-probe Kapazitätsfühler |
0 – 100 % Feuchte |
gut - sehr gut |
mittel - aufwändig |
800,- € |
6 |
Wasserbilanz |
0 - 100 % FK |
mittel - gut |
leicht - mittel |
60,- € Jahreslizenz |
7 |
Trocknung von Bodenproben |
0 – 100 % FK |
gut |
aufwändig |
nicht ermittelt |
Anmerkungen * 1.000 kPa (KiloPascal) entsprechen einer Saugspannung von etwa 10 bar (100 m WS) |
Tensiometer – Wasser unter Spannung
Während Wassergehaltsmessungen nur den erfassten Bereich berücksichtigen, ergibt die Messung der Bodenwasserspannung, des sogenannten Bodenwasserpotentials, weitergehende Aufschlüsse. Zur Messung dieser Bodensaugkraft und damit zur indirekten Bestimmung des Wassergehaltes sind Tensiometer, Gipsblöcke oder Watermarksensoren geeignet (Abb.3). Bei Tensiometern zieht der austrocknende Boden Wasser aus einer keramischen Zelle mit feinster Porengröße. Im wassergefüllten Rohrschaft des Tensiometers entsteht so ein zunehmender Unterdruck. Dieser Unterdruck kann über ein mechanisches Manometer abgelesen, oder über ein elektronisches Messgerät direkt angezeigt werden. Tensiometerröhren werden senkrecht in den Boden eingesetzt, die eigentliche Tensiometerzelle muss zur Gewährleistung des Bodenschlusses eingeschlämmt werden. Nachteilig bei Tensiometern ist der Wartungsaufwand. Vor allem der Wasserstand im Schaftrohr muss regelmäßig kontrolliert und gegebenfalls aufgefüllt werden. Die größte Einschränkung für Tensiometer ist jedoch der begrenzte Meßbereich. Bereits bei 85 kPa (0,85 bar) und damit noch vor dem eigentlichen Beregnungsbedarf bei Reben endet die Einsatzmöglichkeit von Tensiometern.
Abbildung 3: Verfahren und Geräte zur Messung und Erfassung der Bodenfeuchte (von links): |
Gipsblöcke und Watermarksensoren
Für Wasserspannungsmessungen in trockenen Böden wurden Gipsblöcke entwickelt. In der Größe eines Sektkorkens enthalten diese Gipsblöcke eine Drahtwendel und ermöglichen über eine Änderung der Leitfähigkeit in ihrem Innern eine Ermittlung der Wasserspannung im umgebenden Boden. Gipsblöcke sind die kostengünstigste Variante der zerstörungsfreien Bodenfeuchtemessung. Leider sind die Messwerte bei zunehmender Bodenfeuchte unzuverlässig und ist die Lebensdauer insbesondere bei sauren Böden auf eine bis zwei Vegetationsperioden begrenzt.
Den für Bewässerungsfragen im Weinbau interessanten Messbereich zwischen 100 und 300 kPa Bodenwasserspannung decken die seit einiger Zeit erprobten Watermarksensoren nur im unteren Bereich ab. Auch sie messen die vom Bodenwassergehalt abhängige Leitfähigkeit. Anstatt durch massiven Gips fließt hier der Messstrom durch gipsgetränkte Gewebeschichten.
Watermarksensoren reagieren schnell auf Wassergehaltsänderungen und sind bei höherer Lebensdauer ebenso wartungsfrei wie Gipsblöcke. Wie bei Gipsblöcken wird ein Lesegerät benötigt. Watermarksensoren und Gipsblöcke sind auf einen guten Bodenschluss angewiesen und müssen daher genauso wie Tensiometer beim Einbau eingeschlämmt werden.
Messen wo der Tropfen fällt
Wie wir wissen, sind zusätzliche Wassergaben im Weinbau ein hilfreiches, aber gefährliches Instrument. Zusätzliche Wassergaben dürfen nicht zu spät und nicht zu knapp ausfallen, sollen aber zu keiner Zeit zu übermäßiger Wasserversorgung führen. Beim Einsatz der Tropfberegnung breitet sich hangabwärts vom Tropfer eine asymmetrische Befeuchtungszwiebel aus (Abb.4). Im Weinbergsboden grenzen daher stärker durchfeuchtete Bereiche an eher trockene Zonen an. Daher bietet es sich an, etwaige Bodenwassermessungen vor allem im Tropferbereich durchzuführen. Die dort in der Hauptwurzelzone eingebauten Sensoren reagieren schnell auf Wassergaben und schützen vor einer zu starken Befeuchtung mit den aufgezeigten negativen Folgen.
Abbildung 4: Die Tropfbewässerung führt zu einer ungleichmäßigen |
Wasserbilanz - Rechnen anstatt messen?
Einen völlig anderen Weg als die Messverfahren beschreitet die Methode der Bodenwasserbilanzrechnung. Hierbei geht es um eine Saldierung der dem Boden zugeführten Wassermengen (Niederschlag, Beregnung) und der Wasserverluste durch Pflanzenwuchs und Bodenverdunstung. Ausgehend von Bodenkenndaten (Feldkapazität, Totwasseranteil, Durchwurzelungstiefe) und Witterungsdaten lässt sich so das Entleeren oder Auffüllen der Bodenwasservorräte rechnerisch verfolgen. Bereits heute gehört die Verdunstungsberechnung und damit die Abschätzung der sogenannten potenziellen Evapotranspiration zu den Serviceleistungen des Deutschen Wetterdienstes (www.agrowetter.de). Diese theoretisch mögliche tägliche Verdunstungsmenge beläuft sich in der Größenordnung zwischen 0 und 8 mm/m², hängt aber in ihrer tatsächlichen Ausprägung vom Pflanzenbestand und dessen Entwickungsphase ab. Pflanzenbestände mit einheitlicher Oberfläche wie z. B. Grünland oder Getreideäcker eignen sich verständlicherweise besser für dieses Verfahren als Dauerkulturen mit Zeileneffekten und nicht genau bestimmbarer Durchwurzelungstiefe. Bis aber auch bei uns die Beregnungsbedürftigkeit von Rebanlagen wie im kalifornischen Napa-Valley per Satellitenerkundung geklärt wird, dürfte noch viel Wasser ungenutzt den Rhein, den Neckar und die Mosel hinunterfließen.
Fazit:
In deutschen Anbaugebieten ist zeitweiliger Wasserstress bei Reben keine Seltenheit. Auch wo die Voraussetzungen für den Einsatz einer Tropfberegnung vorliegen, müssen im Sinne der Qualitätserhaltung und Qualitätssteigerung die pflanzenphysiologischen Eigenheiten der Rebe berücksichtigt werden. In der Phase der beginnenden Beerenreife ist eine ausreichende Wasserversorgung zu sichern, in den Wochen nach der Blüte und der Zeit vor der Lese ist eine Luxusversorgung mit Wasser zu vermeiden. Die Verfahren zur Messung des Bodenwassergehaltes und zur Kontrolle des Bewässerungserfolges unterscheiden sich vor allem in ihrem Aufwand und ihrer Genauigkeit. Beim Einsatz der Bewässerung im Weinbau ist die Erfassung der verabreichten Wassermenge sowie die Überwachung der Bodenfeuchte unerlässlich.
Die Formel für den Erfolg heißt auch bei der Tropfberegnung: Soviel wie nötig, so wenig wie möglich!