Nischenkultur Brombeere
Gunhild Muster, Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für
Wein- und Obstbau Weinsberg
Die Brombeere ist in Deutschland eine typische Nischenkultur und spielt auch weltweit eine vergleichsweise kleine Rolle.Während in Deutschland hauptsächlich Tafelware für den Frischmarkt produziert wird, dominiert in anderen Ländern der Anbau für die Verarbeitung.
Abbildung 1: Beerensteige: Die Vielfalt des Beerenobstes ist enorm groß, ebenso der Gesundheitswert. Bezüglich der Anthocyangehalte und der antioxidativen Kapazität gilt, je dunkler die Farbe, desto höher diese wertgebenden Inhaltsstoffe
Brombeeren gehören ebenso wie Himbeeren zur Familie der Rosaceae (Rosengewächse) und zur Gattung Rubus.
Abbildung 2: Brombeerblüte: Brombeerblüten sind sehr dekorativ. Neben weißblütigen gibt es auch rosafarbene Blüten
Bei Brombeeren (Rubus sectio Rubus) bleibt der Zapfen mit der Frucht verbunden und wird mitverzehrt. Brombeeren weisen einen zweijährigen Wachstumszyklus auf. Im ersten Jahr wachsen Ruten (Ranken), die im zweiten Jahr fruchten. Remontierende Sorten fruchten sowohl an den einjährigen Ruten (im Herbst) wie auch den zweijährigen (im folgenden Sommer). Nach der Wuchsform werden rankende, aufrecht und halb aufrecht wachsende Brombeertypen unterschieden. Zu den rankenden Sorten werden beispielsweise die Sorten Thornless Evergreen und Obsidian gerechnet. Aufrecht wachsende Sorten sind u.a. Navaho und Ouachita und halb aufrecht wachsend sind die Hauptsorten Loch Tay, Loch Ness und Chester Thornless.
Nachfolgende Angaben, insbesondere zu Sorten, entsprechen den Erfahrungen, die am Versuchsstandort Heuchlingen der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau Weinsberg, im mittleren Neckarraum, gesammelt wurden.
Anbau im Freiland
Brombeeren gelten als robuste Pflanzen, die an den Boden nicht so hohe Ansprüche stellen wie Himbeeren. Allerdings wirkt sich der Standort dennoch auf die Vitalität und damit die Leistungsfähigkeit der Pflanzen aus. So sollte der Boden leicht sauer, mittelschwer (lS, sL), humos und gut durchlüftet sein. Auf dem Versuchsstandort Heuchlingen wirkt sich eine Einarbeitung von Kompost zur Pflanzung sowie eine Kompostgabe alle zwei bis drei Jahre sehr positiv auf das Wachstum aus. Insbesondere auf schweren Böden sollte auf Damm gepflanzt werden.
Brombeerpflanzen sind nicht sehr winterhart, aber aufgrund der späten Blüte (Mitte Mai) nicht spätfrostanfällig. Das warme Frühjahr 2011 führte zu einem frühen Vegetationsbeginn und zu einer frühen Blüte, sodass bei dem Frost am 4.5.2011 (-3°C) Blüten und Jungtriebe geschädigt wurden. Hohe Temperaturen plus hohe Sonneneinstrahlung führen zu Sonnenbrand auf den Früchten.
Abbildung 3: Sonnenbrand tritt bei hohen Temperaturen und hoher
Sonneneinstrahlung auf und wird vermutlich durch Wasserstress verstärkt. Die Früchte sind dann weiß bis graubraun
verfärbt
Als Pflanzmaterial stehen wurzelnackte Pflanzen und Topfpflanzen zur Verfügung, sowie long canes (zweijährige verholzte Ruten, die im Pflanzjahr eine Ernte bringen). Nach der Pflanzung ist auf eine optimale Wasser- und Nährstoffversorgung zu achten.
Aufrecht und halb aufrecht wachsende Sorten werden in der Regel ähnlich wie Sommerhimbeeren an einem Drahtgerüst (z.B. 80 cm, 120 cm, 160 cm) erzogen. Die Pflanzung erfolgt im Abstand von 1,0 m bis zu 2,5 m in der Reihe. Es werden je nach Sorte zwischen 4 und 6 Ruten pro Pflanze angestrebt. Je weniger Ruten pro Pflanze, desto enger kann der Pflanzabstand sein und desto aufrechter erfolgt das Anbinden der Ruten. Bei einer stärker fächerförmigen Erziehung können mehr Ruten (ca. 6) belassen werden. Bei rankenden Sorten müssen die Ranken kontinuierlich aufgebunden werden. Da Brombeeren sehr lange Ruten bilden, besteht die Möglichkeit Jung- und Altruten zu trennen, indem die einen eher rechts und die anderen eher links von der Pflanze angebunden oder am V-System erzogen werden.
Abbildung 4: blühende Brombeerhecke: Da Brombeeren
erst Mitte Mai blühen, ist die Spätfrostgefahr gering. Durch die Klimaveränderungen waren Austrieb und Blüte im Jahr
2011 jedoch so früh, dass Frostschäden an Blüte und Jungtrieben bereits am 4.5. verursacht wurden
Da die oben genannten Sorten eher zu wenige, dafür aber sehr starke Ruten bilden, hat es sich bewährt diese Ruten Ende Mai auf ca. 20 cm Höhe zurückzuschneiden (zu pinzieren). Aus diesen Stummeln treiben dann zwei bis drei neue Ruten aus. Diese dünneren Ruten sind weniger anfällig für Winterfröste und Rutenkrankheiten.
Im Sommer werden die Seitentriebe der Jungruten auf ca. 20 cm Länge zurückgeschnitten. Zu diesem Zeitpunkt kann nicht auf Endlänge eingekürzt werden, da sonst die Gefahr eines vorzeitigen Austriebs besteht.
Nach der Ernte werden die Fruchtruten möglichst nahe am Boden entfernt. Im Frühjahr erfolgt der Rückschnitt der Seitentriebe auf 2 bis 3 Augen, schwache Triebe werden ganz entfernt und die Zahl Fruchtruten wird festgelegt.
Abbildung 5: Loch Ness und Sorten wie Apache u.a. bilden
sehr starke, aber wenige Ruten. Durch den Rückschnitt der Rute treiben 2 bis 3 Augen aus. Diese neuen Ruten sind dünner, weniger
frostanfällig und führen zu einer früheren Reife
Abbildung 6: ohne / mit Zapfenschnitt: Erfolgt kein
Rückschnitt auf Stummel, werden die Ruten sehr lang (hinten im Bild)
Abbildung 7: Rückschnitt - Im Sommer werden die
Seitentriebe eingekürzt. Diese werden aber erst im zeitigen Frühjahr auf ca. 2 Augen reduziert. Aus diesen Zapfen entwickeln sich
die Fruchttriebe
Die Düngung erfolgt nach Bodenuntersuchung. Eine allgemeine
Empfehlung für die Stickstoffdüngung geht je nach Bodenverhältnissen, Sorte und Ertragspotenzial von 60 bis 100 kg N / ha
aus. Eine Reduzierung dieser Menge um ein Drittel kann bei Ausbringung des Düngers nur in der Reihe erfolgen.
Für die Bildung großer Früchte benötigen Brombeerpflanzen eine ausreichende Wasserversorgung, insbesondere zwischen Blüte und Ernteende. Tensiometer geben Hinweise, ob bewässert werden muss. Diese sollten in 20 cm und 40 cm Tiefe installiert sein, um einen Anhaltspunkt über die Bodenfeuchtigkeit im Wurzelraum zu erhalten. Analog zu den Himbeeren kann eine Wasserspannung von 200 bis 250 hPa in diesem Bodenraum als optimal angesehen werden. Ziel ist ein gleichmäßiges Feuchteband, eine Vernässung und damit auch Auswaschung sollte vermieden werden.
Brombeeren gehören zum Weichobst, die Früchte besitzen eine empfindliche Fruchthaut. Je früher geerntet wird, desto fester die Früchte, desto höher der Säuregehalt und umso geringer das Aroma. Reife Früchte sind schwarz und die Einzelbeeren sind dick, rund und glänzend. Die Früchte sind dann weicher und süßer und auch leichter zu ernten. Um die Fruchtqualität zu erhalten, sollten die Früchte bereits bei kühleren Temperaturen am frühen Morgen geerntet und rasch gekühlt werden.
Geschützter Anbau
Da Brombeerfrüchte eine empfindliche Fruchthaut aufweisen, sind sie sehr empfindlich für Fruchtfäulen. Regenkappen reduzieren die Infektionsgefahr und fördern somit Fruchtqualität und Haltbarkeit.
Der Anbau im Tunnel ermöglicht zusätzlich eine
Verfrühung der Ernte. Am Versuchsstandort wurden im Jahr 2006 Brombeeren in Bodenkultur im Tunnel gepflanzt und bis jetzt beerntet.
Die Erfahrungen zeigen, dass eine langjährige Kultur mit Brombeeren im Tunnel als Bodenpflanzung möglich ist. Allerdings ist
darauf zu achten, dass der Tunnel gut gelüftet wird, um einen Befall mit dem Falschen Mehltau (Peronospora sparsa) zu verhindern. Ein
Problem ist, dass die Blätter meist nicht über Winter abfallen und manuell entfernt werden müssen.
Ein Anbau in Containern mit Substrat ist ebenfalls
möglich. Für diese Kultivierungsform können long canes im Frühjahr bezogen werden. Für einen hohen Ertrag sollten
4 bis 5 Ruten pro Topf angezogen werden. Die Reife beginnt regelmäßig 2 bis 3 Wochen früher als im
Freiland.
Abbildung 8: Tunnelanbau - Brombeeren können im Tunnel sowohl als Bodenkultur wie auch als Topfkultur kultiviert werden. Sie
reagieren mit einem regelmäßigen Verfrühungseffekt
Sorten
An der LVWO werden Sorten hinsichtlich Ertragssicherheit und -leistung, Reifezeit, Fruchtgröße, Festigkeit von Frucht und Beerenhaut, Geschmack und Aroma, Krankheitsanfälligkeit von Frucht und Pflanze sowie Frosthärte und Wuchseigenschaften geprüft. Sind die Pflanzen frosthart, ist die Ertragssicherheit hoch.
Deshalb hat sich die schottische Züchtung Loch Ness im Anbau durchgesetzt und ist zur Zeit die Hauptsorte im Erwerbsanbau. Die Ruten sind dornenlos und wachsen halbaufrecht. Sie lässt sich gut als Hecke erziehen. Fruchtgröße und Qualität werden positiv beurteilt. Im Versuchsquartier konnten durchschnittliche Erträge von 11 kg / Pflanze erzielt werden. Allerdings gibt es auch Parzellen mit deutlich schwächeren Pflanzen, die dann auch eine geringere Ertragsleistung haben. Loch Ness ist sowohl für den Anbau im Freiland wie auch im Tunnel geeignet. Leider ist sie anfällig für den Falschen Mehltau.
Abbildung 9: Loch Ness ist die Hauptsorte im Erwerbsanbau. Sie zeichnet sich durch hohe und regelmäßige
Erträge aus, da sie wenig winterfrostanfällig ist. Zudem ist die Kulturführung der halb aufrecht wachsenden Ruten an der
Hecke einfach
Mit der Sorte Loch Tay beginnt die Brombeersaison. Die Reifezeit beginnt etwa 10 bis 14 Tage vor Loch Ness. Die Pflanzen sind zwar nicht so ertragreich wie Loch Ness, aber die Preise sind zu Beginn meist besser.
Abbildung 10: Loch Tay wurde wie auch Loch Ness in
Schottland gezüchtet. Ertrag und Fruchtgröße sind zwar etwas geringer, aber sie reift früher
Am Versuchsstandort reifen die Sorten Obsidian und Karaka Black am frühesten. Obsidian wurde in den USA gezüchtet (Oregon), ebenso wie Black Diamond, Nightfall und Black Pearl. Die Ruten von Obsidian wachsen rankend und sind sehr stachelig. Die Ruten müssen kontinuierlich aufgebunden werden. Die Früchte sind lang konisch und sehr groß (im Durchschnitt: 9,8g) und fest, die Fruchthaut aber etwas empfindlich. Der Geschmack ist sehr intensiv. Die Reifeperiode ist sehr kurz, sodass auch die Ertragsleistung vergleichsweise gering ist. Es müssen noch weitere Erfahrungen mit der Kulturführung gesammelt werden, um möglicherweise die Ertragsleistung zu steigern.
Abbildung 11 Obsidian: Früchte von Obsidian reifen noch etwas früher als Loch Tay. Sie sind sehr lang konisch mit kleinen
Einzelbeeren – durch Optik und Geschmack eine Spezialität
Abbildung 12: Obsidian Pflanzen wachsen rankend. In den
Versuchsparzellen waren bislang zu wenig und zu kurze Ruten vorhanden, so dass die Ertragsleistung hinter derjenigen von Loch Tay
zurück blieb
Die meisten Testsorten reifen in der Hauptsaison, also in etwa mit Loch Ness. Aus dem Züchtungsprogramm in Arkansas stammen Navaho, Apache und Ouachita sowie Natchez. Alle Sorten wachsen stark aufrecht und bilden wenige aber starke Ruten. Dadurch ist die Ertragsleistung geringer als bei Loch Ness. Durch einen angepassten Zapfenschnitt kann die Ertragsleistung eventuell verbessert werden. Die Früchte sind sehr groß, fest und aromatisch mit leicht bitterer Note. Erfahrungen mit der Sorte Natchez liegen noch nicht vor.
Abbildung 13: Ouachita - Aus dem
Arkansaszüchtungsprogramm hat sich bislang nur die Sorte Navaho durchgesetzt. Aber auch Apache und Ouachita weisen eine hohe
Fruchtqualität auf. Der Geschmack ist sehr intensiv mit leicht bitterer Note. Die Fruchtfestigkeit ist hoch
Auch die Schweizer Sorte Asterine gehört in dieses
Reifesegment. In der Versuchsparzelle war sie in den Jahren 2008 bis 2010 nicht so ertragreich wie Loch Ness, aber die Früchte waren
mit durchschnittlich 10g deutlich größer. Diese hängen einzeln und sind gut pflückbar. Die Fruchtqualität
entspricht den Anforderungen für den Frischmarkt.
Am spätesten reift Chester Thornless. Sie ist sehr ertragreich, deren mittelgroße Früchte weisen eine ausreichende Festigkeit auf.
Die Sorte Reuben (Univ. Arkansas) wird als erste remontierende Brombeersorte an der LVWO Weinsberg geprüft. Die Pflanze weist sehr viele Stacheln auf, sie wächst stark aufrecht und bildet kräftige Ruten. Im Pflanzjahr im Topf im Freiland reiften erste Früchte ab Mitte September. Die Kulturführung erfolgt ebenso wie diejenige bei Herbsthimbeeren.
Krankheiten und Schädlinge
Graufäule (Botrytis essigi), Brombeerrost (Phragmidium violaceum), Rutenkrankheit (Rhabdospora ramealis) und der Falsche Mehltau (peronospora sparsa) sind wichtige Brombeerkrankheiten. Vorbeugend ist auf gute Durchlüftung des Bestandes zu achten und eine zu stickstoffreiche Versorgung zu vermeiden.
Der Wurzelkropf (Agrobacterium tumefaciens) tritt besonders an Wurzeln und Wurzelhals auf. Die Pflanze wird dadurch geschwächt und kann sogar absterben.
Ein wichtiger Schädling ist die Brombeermilbe (Acalitus essigi). Typisches Symptom sind rote Steinfrüchtchen auf der schwarzen Frucht. Da die Milben versteckt unter Blattachseln und unter Knospenschuppen überwintern und vor der Blüte auf Blätter und Früchte wandern, ist die Bekämpfung nicht einfach.
Abbildung 14: Gallmilbenschäden führen zu einer
Rotfärbung der Frucht, zum Teil auch nur einzelner Beeren der Sammelsteinfrucht
In den letzten Jahren ist ein verstärktes Auftreten von Rubus Stauche zu beobachten. Diese Phytoplasmenerkrankung wird durch Zikaden (Macropsis fuscula) übertragen. Nach bisherigen Erkenntnissen ist eine sehr geringe Population ausreichend, einen großen Schaden anzurichten. Typische Krankheitssymptome sind der gestauchte Habitus (kurze Ruten, kurze Laterale), viele kurze sehr dünne Jungruten, lange und breite Kelchblättter, Blütenvergrünung und der Durchwuchs einer Blüte oder Frucht aus einer Frucht. Diese Krankheit kann nur durch konsequentes sofortiges Roden eingedämmt werden.
Abbildungen 15 bis 17: Rubus Stauche ist eine Phytoplasmenerkrankung, die nur durch frühzeitiges Roden eingedämmt werden kann. Typische Erkennungsmerkmale sind der gestauchte Habitus Abb. 15), die Blütenvergrünung und verbreiterte Kelchblätter (Abbildung 16). Bei Obsidian sind die Blüten besonders stark verändert (Abbildung 17)
Zusammenfassung
Das Interesse am Brombeeranbau hat in den letzten Jahren zugenommen, auch wenn die deutsche Anbaufläche mit rund 100 Hektar vergleichsweise klein ist. Mit Loch Ness steht für den Produzenten eine ertragreiche, ertragssichere und geschmacklich zufriedenstellende Sorte mit guter Haltbarkeit zur Verfügung.
Gesucht wird zusätzlich eine Sorte der Hauptreifezeit, die weniger empfindlich für den Falschen Mehltau (Peronospora sparsa) ist.
Im frühen Reifebereich hat sich die Sorte Loch Tay durchgesetzt, da sie ebenso einfach zu kultivieren ist, wie Loch Ness, aber die Saison nach vorne verlegt. Obsidian kann eine interessante Bereicherung des Angebotes für spezielle Absatzwege sein.
Im späten Reifesegment ist die Sorte Chester Thornless bedeutend.
Beim Anbau im Tunnel kann die Angebotssaison um zwei bis drei Wochen vorverlegt werden. Jeder Witterungsschutz wirkt sich positiv auf die Fruchtqualität aus.
Mit zunehmender Anbauausweitung sollte der Verbraucher nicht vergessen werden. Vor allem sollten Geschmack und Gesundheitswert nicht vernachlässigt werden. Da 'schwarz' nicht gleich 'reif' ist, ist die Ernteterminierung schwierig – eine Aufgabe für die Züchtung.