Die neue Düngeverordnung gilt seit Juni 2017
– das Wichtigste für Obst- und Weinbaubetriebe
Seit 2.6.2017 gilt die neue Düngeverordnung. Unter der etwas sperrigen Überschrift "Verordnung zur Neuordnung der guten fachlichen Praxis beim Düngen" finden sich allerdings auch etliche Vorgaben, die schon bisher Gültigkeit hatten. Schon seither war der Düngebedarf zu ermitteln und einige Betriebe mussten einen Nährstoffvergleich erstellen. Nun ist nicht nur der Düngebedarf vor dem Aufbringen wesentlicher Nährstoffmengen festzustellen, sondern auch das Verfahren und Ergebnis der Bedarfsermittlung aufzuzeichnen. Aufzeichnungen und Nährstoffvergleiche (Bilanzierung der Zu- und Abfuhr für Stickstoff und Phosphat) sind jetzt mit wenigen Ausnahmen auch für Weinbaubetriebe mit über 2 ha Weinbau (bisher 10 ha) erforderlich. Zukünftig sind geringere Überschüsse in der Stickstoff- und Phosphatbilanz zulässig.
Gute fachliche Praxis: Düngung nur nach Bedarf
Wie alle Kulturpflanzen brauchen auch Reben, Obstgehölze und Erdbeeren eine ausreichende Mineralstoffversorgung, um den nötigen Wuchs und die Erzeugung hochwertiger Früchte zu gewährleisten. Andererseits sind gerade die wichtigen Nährstoffe Stickstoff und Phosphor nicht unproblematisch. Stickstoff kann als leicht lösliches Nitrat ins Grundwasser gelangen und Phosphat kann die Qualität von Oberflächengewässern beeinflussen. Daher hat die Düngeverordnung (DüV) das Ziel, die gute fachliche Praxis bei der Düngung von landwirtschaftlich genutzten Flächen (Acker-, Wein-, Obst-, Hopfen- und Gartenbau, Grünland, Baumschulen) zu regeln.
Aufbringungszeit und -menge sind so zu wählen, dass Nährstoffe den Pflanzen zeitgerecht in einer dem Nährstoffbedarf der Pflanzen entsprechenden Menge zur Verfügung stehen und Einträge in oberirdische Gewässer und das Grundwasser vermieden werden. Dabei sind Standortbedingungen zu berücksichtigen, die sich auf die zu erwartende Nährstofflieferung auswirken, z.B. Humusgehalt, Bodenart, Witterung. Das Aufbringen von Düngemitteln sowie Bodenhilfsstoffen, Kultursubstraten oder Pflanzenhilfsmitteln darf nur erfolgen, wenn dem Betriebsinhaber vor dem Aufbringen ihre Gehalte an Gesamtstickstoff, verfügbarem Stickstoff oder Ammoniumstickstoff und Gesamtphosphat bekannt sind. Dies gilt auch für Wirtschaftsdünger, wie beispielsweise Trester und Stallmist.
Vor dem Aufbringen wesentlicher Nährstoffmengen (mehr als 50 kg Gesamtstickstoff oder 30 kg P2O5 je Hektar und Jahr) ist der Düngebedarf unter Berücksichtigung der im Boden verfügbaren Nährstoffmengen festzustellen und zu dokumentieren.
Wenn geplant ist, mehr als 50 kg Gesamtstickstoff je ha und Jahr zu düngen, ist für jede Bewirtschaftungseinheit für den Zeitpunkt der Düngung der Stickstoffdüngebedarf und die im Boden verfügbare Stickstoffmenge zu ermitteln. Wie bisher können dazu verschiedene Verfahren verwendet werden:
- Berechnungs- und Schätzverfahren, die auf fachspezifischen Erkenntnissen beruhen oder
- Untersuchung repräsentativer Bodenproben (z.B. mittels Nmin- oder EUF-Methode) oder
- Übernahme der Ergebnisse von vergleichbaren Standorten
(s. Nitratinformationsdienst oder Ergebnisse von EUF-Untersuchungen).
Während bei Erdbeereflächen vor dem Aufbringen wesentlicher Stickstoffmengen (> 50 kg N/ha/Jahr) der im Boden verfügbare Stickstoff ermittelt und dokumentiert werden muss, ist bei Baumobst und Strauchbeerenkulturen kein Aufschrieb nötig. Bei Erdbeeren können mehrere Schläge die kleiner als 0,5 ha sind, zum Zweck der N-Bedarfsermittlung bis zu einer Obergrenze von 2 ha zusammengefasst werden.
Einschränkung bei Phosphat
Vor einer Düngung von mehr als 30 kg Phosphat je ha und Jahr ist bei jedem Schlag ab 1 ha durch eine Bodenuntersuchung, welche mindestens alle 6 Jahre durchzuführen ist, die im Boden verfügbare Phosphatmenge zu ermitteln. Ein Schlag im Sinne der Düngeverordnung ist „eine einheitlich bewirtschaftete, räumlich zusammenhängende und mit der gleichen Pflanzenart oder mit Pflanzenarten mit vergleichbaren Nährstoffansprüchen bewachsene oder zur Bestellung vorgesehene Fläche“.
Eine deutliche Veränderung gegenüber der alten
Düngeverordnung enthält die Bewertung von Phosphatgehalten: Auf Schlägen, bei denen der ermittelte Phosphatgehalt nach der
CAL-Methode 20 mg P2O5 /100 g Boden oder nach dem EUF-Verfahren 3,6 mg Phosphor/100 g Boden überschreitet,
dürfen phosphathaltige Düngemittel noch im Umfang der voraussichtlichen P-Abfuhr ausgebracht werden; dabei kann die
voraussichtliche Phosphatabfuhr für einen Zeitraum von höchstens 3 Jahren zu Grunde gelegt werden.
Wer muss was aufschreiben?
Was die Dokumentationspflichten betrifft, so sind einige der schon länger bekannten Vorgaben konkretisiert worden. Betriebsinhaber haben Folgendes aufzuzeichnen:
Vor dem Aufbringen wesentlicher Nährstoffmengen (mehr als 50 kg Gesamtstickstoff oder 30 kg Phosphat je ha und Jahr):
- Verfahren und Ergebnis der Düngebedarfsermittlung für N und P
- Nährstoffgehalte der Düngemittel (inkl. Wirtschaftsdünger, Kompost u. ä.), insbesondere Gesamtstickstoff, verfügbarer Stickstoff oder Ammoniumstickstoff und Gesamtphosphat - einschließlich der zu ihrer Ermittlung angewendeten Verfahren (z.B. vorgeschriebene Kennzeichnung oder vom Betriebsinhaber auf Datengrundlage der zuständigen Stelle ermittelt oder mit anerkannten Messmethoden festgesellt)
- die ermittelten im Boden verfügbaren Nährstoffmengen einschließlich der zu ihrer Ermittlung angewendeten Verfahren (gilt für Phosphat nicht für Schläge kleiner 1 Hektar).
Außerdem sind bis zum 31. März des auf das jeweils abgelaufene Düngejahr folgenden Kalenderjahres Ausgangsdaten und Ergebnisse der Nährstoffvergleiche aufzuzeichnen.
Die Aufzeichnungen müssen 7 Jahre nach Ablauf des Düngejahres aufbewahrt werden und sind der nach Landesrecht zuständigen Stelle auf Verlangen vorzulegen.
Nährstoffvergleiche für Stickstoff und Phosphat sind für das abgelaufene Düngejahr als
- Vergleich von Zu- und Abfuhr für die landwirtschaftlich genutzte Fläche insgesamt (Betriebsbilanz) oder
- zusammengefasste Schlagbilanz (auf der Basis der einzelnen Schläge oder Bewirtschaftungseinheiten)
zu erstellen und in einem jährlich fortzuschreibenden mehrjährigen Nährstoffvergleich zusammenzufassen.
Wie die Vorgängerversion nennt auch die neue Düngeverordnung Situationen, bei denen kein Nährstoffvergleich (und keine Aufzeichnung der Düngebedarfsermittlung) nötig ist.
Nährstoffvergleiche sind nicht erforderlich für:
- Betriebe, die auf keinem Schlag mehr als 50 kg Gesamt-N / ha oder 30 kg P205 / ha und Jahr aufbringen (einschließlich organischer Düngung),
- Baumschul-, Rebschul-, Strauchbeeren- und Baumobstflächen, nicht im Ertrag stehende Dauerkulturen des Wein- und Obstbaus sowie Flächen, auf denen nur Zierpflanzen, Weihnachtsbäume oder schnellwüchsige Forstgehölze zur energetischen Nutzung angebaut werden,
- Flächen mit ausschließlicher Weidehaltung bis 100 kg N/ha Stickstoffausscheidung und ohne zusätzliche N-Düngung,
- Betriebe, die
a) nach Abzug der unter Nr. 2 und 3 aufgeführten Flächen weniger als 15 ha bewirtschaften,
b) höchstens bis zu 2 ha Weinreben, Erdbeeren, Gemüse, oder Hopfen anbauen,
c) keine außerhalb des Betriebs anfallenden Wirtschaftsdünger oder Gärreste aus Biogasanlagen einsetzen und in denen jährlich höchstens 750 kg N aus "tierischem Wirtschaftsdünger" anfällt.
Wie wird der Nährstoffvergleich bewertet?
Die N-Zufuhr abzüglich -abfuhr im Durchschnitt der letzten 3 Düngejahre ergibt den Kontrollwert für Stickstoff, gleiches gilt für Phosphat im Durchschnitt der letzten 6 Düngejahre. Die Kontrollwerte sollen möglichst niedrig sein.
Der Betriebsinhaber hat sicherzustellen, dass der Kontrollwert für Stickstoff im Mittel der 3 letzten Düngejahre 50 kg N/ha/Jahr in den 2018, 2019, 2020 und später begonnenen Düngejahren (zuvor 60 kg N/ha/Jahr) nicht überschreitet.
Für Phosphat darf der Kontrollwert als Mittel aus den 6 letzten Düngejahren 10 kg P2O5 je ha und Jahr in den 2018 und später begonnenen Düngejahren (zuvor 20 kg P2O5/ha/Jahr) nicht überschreiten.
Wenn die nach Landesrecht zuständige Stelle eine Überschreitung der Kontrollwerte feststellt, hat der Betriebsleiter an einer Düngeberatung teilzunehmen.
Kein Nährstoffeintrag in oberirdische Gewässer und auf Nachbarflächen !
Auf überschwemmte, gefrorene oder schneebedeckte Böden dürfen keine N- und P-haltigen Düngemittel, Bodenhilfsstoffe, Kultursubstrate und Pflanzenhilfsmittel aufgebracht werden. Eine Ausnahme bei gefrorenem Boden gibt es nur dann, wenn der Boden am Tag des Aufbringens auftaut, ein Abschwemmen nicht zu befürchten ist, der Boden begrünt ist und anderenfalls die Gefahr von Bodenverdichtungen bestehen würde. P-arme Kalkdünger mit weniger als 2 % Phosphat dürfen auf gefrorenen Boden aufgebracht werden, wenn kein Abschwemmen in oberirdische Gewässer oder auf benachbarte Flächen zu befürchten ist.
Zwischen der Böschungsoberkante der Gewässer und der durch die Streubreite bestimmten Aufbringungsfläche ist nach der Düngeverordnung ein Abstand von mindestens 4 m einzuhalten. Der erforderliche Abstand reduziert sich auf mindestens 1 m, wenn für das Aufbringen Geräte verwendet werden, bei denen die Streubreite der Arbeitsbreite entspricht oder die über eine Grenzstreueinrichtung verfügen. Innerhalb eines Abstandes von einem Meter zur Böschungsoberkante eines Gewässers ist das Aufbringen der o.g. Stoffe verboten. In Baden-Württemberg gelten zudem die Regelungen im Landeswassergesetz, wonach im Gewässerrandstreifen in einem Bereich von 5 m der Einsatz von Düngemitteln verboten ist.
Bei Hanglagen, die innerhalb eines Abstandes von 20 m zur Böschungsoberkante eines oberirdischen Gewässers eine Neigung von durchschnittlich mindestens 10 % aufweisen, ist nach der Düngeverordnung ein Abstand von 5 m zur Böschungsoberkante einzuhalten. Diese Vorgabe ist für Rebflächen neu.
Anwendungsbeschränkungen
Düngemittel außer Wirtschaftsdünger dürfen nur angewendet werden, wenn sie einem durch die Düngemittelverordnung zugelassenen Typ entsprechen oder durch EU-Recht zugelassen sind. Bodenhilfsstoffe, Kultursubstrate und Pflanzenhilfsmittel müssen den Vorgaben der Düngemittelverordnung entsprechen. Harnstoff als Düngemittel darf ab dem 1. Februar 2020 nur noch aufgebracht werden, wenn ihm ein Ureasehemmstoff zugegeben ist oder unverzüglich, jedoch spätestens innerhalb von vier Stunden nach der Aufbringung eingearbeitet wird. Die Anwendung von Produkten, zu deren Herstellung Kieselgur verwendet wurde, ist auf Flächen des bodennahen Obstanbaus (z.B. Erdbeeren), auf Grünland, im Gemüseanbau etc. verboten. Wer diese auf sonstigen landwirtschaftlichen Flächen aufbringt, hat sie sofort einzuarbeiten. Die Anwendung von trockenen Düngemitteln u.a., zu deren Herstellung Kieselgur verwendet wurde, ist verboten. Geräte zum Aufbringen von Düngemitteln, Bodenhilfsstoffen, Kultursubstraten oder Pflanzenhilfsmitteln müssen den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen.
Bei Erdbeeren besteht für die Ausbringung von Düngern mit "wesentlichem N-Gehalt" eine Sperrfrist von 1. Dezember bis 31. Januar.
Verschärfte Vorschriften möglich
Mithilfe
des jetzt neu aufgenommen § 13 können die Landesregierungen bei Bedarf einige Vorgaben der Düngeverordnung verschärfen.
So kann beispielsweise in Regionen mit hohen Nitratgehalten im Grundwasser der Stickstoff-Kontrollwert für den Nährstoffvergleich
von 50 kg N/ha/Jahr auf 40 kg N/ha/Jahr gesenkt werden, d.h. ein Bilanzüberschuss darf dann 40 kg N/ha und Jahr nicht
überschreiten. Wie genau dann – und im Grunde generell - die Stickstoffdüngung austariert werden muss, zeigt sich daran,
dass zum Beispiel bei einem Traubenertrag von 10 t/ha lediglich mit einer Abfuhr von 25 kg N/ha zu rechnen ist. Bei Weingütern, bei
denen nur der Wein den Betrieb verlässt und die Traubentrester im Betrieb bleiben, ist die Stickstoffabfuhr noch geringer.
Dieser Artikel enthält nur die wichtigsten Regelungen der Düngeverordnung aus Sicht des Wein- und Obstbaus. Rechtsverbindlich ist der ausführliche Text der Düngeverordnung. Der Originaltext der Düngeverordnung ist über die Internetseite des Bundesanzeiger-Verlages abrufbar: www.bgbl.de
Autor:
Dr. Dietmar Rupp, Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau Weinsberg,
mail: dietmar.rupp@lvwo.bwl.de
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