Eignung neuer Apfelsorten zum Kuchenbacken
Neue Apfelsorten werden an den Versuchsanstalten meist nur hinsichtlich ihrer Eignung für den Frischmarkt, für die Verwertung als Saft- oder Brennware und hinsichtlich ihrer Anbaueigenschaften geprüft. Während bei „älteren" Apfelsorten bekannt ist, ob sie für Apfelkuchen geeignet sind, liegen bei neueren Sorten kaum Erfahrungen vor. Viele neue (vor allem schorf-resistente) Apfelsorten werden jedoch vorwiegend für den Hausgarten empfohlen und gerade hier liegt die Verwendung als Kuchenapfel nahe.
Die Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau in Weinsberg (LVWO) und die Staatliche Akademie für Landbau und Hauswirtschaft in Kupferzell starteten deswegen erstmalig einen Gemeinschaftsversuch zur Überprüfung der Backeignung neuer Apfelsorten. Zu diesem Zweck wurden auf dem Obstversuchsgut Heuchlingen 20 Apfelsorten ausgesucht, die hinsichtlich ihrer Marktpräsenz oder aufgrund innerer Eigenschaften (Zucker-/ Säurewerte) für eine Verbackung geeignet erschienen. Alle Sorten waren entweder gerade frisch geerntet (z.B. ‘Fuji’ oder ‘Braeburn’) oder bis zum Zeitpunkt der Verbackung am 19.10.98 bei 4 bis 5 °C im Kühllager aufbewahrt worden. Um vergleichbare Kuchenstücke zu erhalten wurden alle Sorten in einer einheitlichen Fruchtgrößensortierung von 70 bis 80 mm Fruchtdurchmesser zur Verarbeitung nach Kupferzell geliefert. Lediglich bei der Sorte ‘Gerlinde’, welche von Natur aus kleinfrüchtiger ist, war dies nicht möglich.
Die Auswahl eines Kuchenrezepts (Übersicht 1) erfolgte zugunsten eines „gedeckten" Apfelkuchens, bei dem die Fruchtstücke vollkommen durch einen Guß zugedeckt sind, ihre Konturen jedoch erkennbar bleiben. Um das Braunwerden (Oxidationsneigung) der verschiedenen Sorten beurteilen zu können, wäre auch ein offener Kuchen, ähnlich einem Zwetschenkuchen, interessant gewesen. In Konditoreien werden jedoch bevorzugt gedeckte Kuchen angeboten. Alle Apfelsorten wurden vormittags verarbeitet und unter einheitlichen Bedingungen verbacken. Die Verkostung durch 30 Personen (Schülerinnen, Betriebsangestellte) erfolgte nachmittags in Form von 6 x 6 cm großen Stücken, wobei die Sorten durchnummeriert und in die Gruppen A (süß), B (süß-säuerlich) und C (sauer) eingeteilt waren. Die Teilnehmer konnten die Sortennamen erst nach der Verkostung erfahren.
Schon bei der Verarbeitung der Früchte ließen sich große Sortenunterschiede feststellen (Übersicht 2). Einige Sorten ließen sich sehr gut schälen und oxidierten kaum (‘Jonagold’, ‘Rubinola’, ‘Otava’). Andere dagegen waren schlechter schälbar und wurden schnell braun (‘Melrose’, ‘Florina’). Ein zu festes und saftiges Fruchtfleisch (‘Pinova’, ‘Braeburn’) wurde von den Testerinnen teilweise als negativ empfunden. Ob sich eine Sorte als Kuchenapfel eignet, wird neben den genannten Faktoren vor allem durch ihr spezifisches Verhalten während des Backvorgangs entschieden. Alle Apfelsorten, die während des Erhitzens zu starker Schaum- oder Saftbildung neigten, wurden in der anschließenden Verkostung schlecht beurteilt, da die Kuchen in sich zusammengefallen waren und die Apfelflüssigkeit den Hefeteig durchtränkt hatte oder beim Backen verdunstet war. Die Neigung einer Sorte unter Hitzeeinwirkung zu zerfallen könnte bei anderen Verwendungen (z.B. Apfelmus) allerdings auch positiv bewertet werden.
Die Verkostungsergebnisse fielen erstaunlich deutlich aus und konnten statistisch abgesichert werden. In der Gruppe der besten Sorten finden sich ‘Jonagold’ und ‘Pilot’, sowie die neueren schorfresistenten Apfelsorten ‘Enterprise’, ‘Florina’ und ‘Topaz’. Alle stammen aus der Gruppe der süß-säuerlichen Äpfel. Ob die süßlich betonten Apfelsorten ‘Pinova’ und ‘Gala’ verdientermaßen in die Gruppe der besten Kuchensorten gekommen sind, läßt sich schwer abschätzen, weil sie ganz zu Beginn der Verkostung aufgetragen wurden und der „Kuchenhunger" der Teilnehmer noch groß war.
Die Gruppe der noch gut geeigneten Sorten wird angeführt von ‘Boskoop’, welche zugleich Standard-/ Vergleichssorte in diesem Versuch war. ‘Boskoop’ präsentierte sich zwar vom Aussehen her hervorragend, hatte aber Defizite in der Festigkeit (zu weich) und im Geschmack. Die neuen schorfresistenten Apfelsorten ‘Rebella’, ‘Otava’, ‘Reanda’ und ‘Gerlinde’ hatten überwiegend Probleme im Geschmack (zu flach oder zu sauer) oder mit der Konsistenz (Kuchen eingestürzt). Die relativ neue Sorte ‘Fuji’ war in ihrer Konsistenz dagegen zu fest und geschmacklich zu süß. ‘Elstar’ war vollkommen in sich zusammengefallen und matschig geworden, während ‘Braeburn’ als zu sauer und trocken erschien.
In die Gruppe der für Kuchen ungeeigneten Äpfel wurden die schorfresisteneten Sorten ‘Ahra’, ‘Rewena’ und ‘Rubinola’ eingeordnet. Maßgeblich für die schlechte Einstufung war die viel zu weiche Konsistenz. Zudem waren die Apfelschnitze während des Erhitzens aufgegangen und später in sich zusammengefallen, so daß die Kuchenstücke viel zu flach erschienen. Die altbekannten Sorten ‘Berlepsch’ und ‘Melrose’ schneiden am schlechtesten von allen untersuchten Sorten ab. Neben den äußeren und den mechanischen Eigenschaften der Früchte waren durch den Erhitzungsprozess offensichtlich auch die geschmacklichen Eigenschaften dieser ansonsten wohlschmeckenden Apfelsorten verlorengegangen.
Zusammenfassend kann man festhalten, daß eine gute Eignung als Tafelapfel nicht unbedingt mit einer guten Eignung als Backapfel verbunden ist. Qualitätsbestimmend für Backäpfel scheint neben dem guten Geschmack (ausgewogenes Zucker-/Säureverhältnis, Saftigkeit) vor allem der optische Eindruck und die Bißfestigkeit der Apfelstücke zu sein. Äpfel die sich während des Backprozesses aufblähen und anschließend zerfallen sind für Kuchen ungeeignet. Wie eingangs beschrieben haben wir dieses Jahr erstmals versucht die Backeignung von Apfelsorten zu bewerten. Für genauere Aussagen müssen weitere Untersuchungen nachfolgen, die auf den Erfahrungen dieser Kuchenverkostung beruhen. So hat sicherlich die zu große Anzahl an Kuchen ebenso wie die „Frische" der verwendeten Äpfel einen Einfluß auf das Ergebnis gehabt. Mit fortschreitender Genußreife und dem damit verbundenen Säureabbau der Äpfel dürfte sich die Kucheneignung von der süß-säuerlichen Sortengruppe hin zur rein säuerlichen Gruppe verschieben.
Der Staatlichen Akademie für Landbau und Hauswirtschaft Kupferzell, sowie allen Beteiligten an der Kuchenverkostung (welche das sprichwörtliche Fassungsvermögen gänzlich ausreizte) sei an dieser Stelle gedankt:
Dr. Franz Rueß, LVWO Weinsberg
Teig: |
Belag: Apfelstücke von 20 verschiedenen Apfelsorten von einheitlicher Fruchtgröße |
Guß: |
Backen: |
Übersicht 1: Rezept für Apfelkuchen
Gruppe |
Sorte |
Aus- |
Saf- |
Fes- |
Gesch- |
Gesamt- |
ASKG- |
Rang- |
Bemer- |
Verarbeitung und Verhalten beim Backvorgang |
A 1 |
Gala |
6,4 |
4,3 |
5,8 |
5,3 |
5,3 |
27,1 |
7 |
zu süß |
gut schälbar |
A 2 |
Pinova |
5,9 |
4,2 |
5 |
5,4 |
5,4 |
25,9 |
6 |
etwas fest |
fest, spritzt beim Teilen |
A 3 |
Fuji |
5,4 |
4,3 |
4 |
5 |
4,5 |
23,7 |
13 |
zu fest, lederig |
fest, extreme Schaumbildung |
A 4 |
Enterprise |
6,2 |
6,1 |
4,9 |
5,9 |
5,6 |
29 |
3 |
etwas |
etwas schlecht schälbar |
B 5 |
Jonagold |
7,1 |
5,9 |
4,8 |
6,7 |
6,5 |
31,2 |
1 |
angenehm säuerlich |
saftig, spritzt beim Teilen |
B 6 |
Elstar |
4,3 |
5,8 |
3,3 |
6 |
4 |
25,4 |
15 |
matschig, flach |
oxidiert schnell |
B 7 |
Braeburn |
5,7 |
3,9 |
3,8 |
4,2 |
4,1 |
21,8 |
14 |
trocken, weich |
sehr fest |
B 8 |
Topaz |
6 |
5,7 |
4,8 |
5,6 |
5,6 |
27,7 |
5 |
säuerlich |
saftig, spritzt beim Teilen |
B 9 |
Rubinola |
6,7 |
5,4 |
3,3 |
4,4 |
3,9 |
24,2 |
18 |
zerfällt, verläuft |
beim Backen läuft Saft aus |
B 10 |
Otava |
6,1 |
5,1 |
4,2 |
5,7 |
5,1 |
26,8 |
10 |
saftig, zu weich |
beim Backen läuft Saft aus |
B 11 |
Rebella |
5,5 |
4,6 |
4,9 |
5,2 |
5,1 |
25,4 |
9 |
Fleisch |
oxidiert langsam |
B 12 |
Gerlinde |
4,9 |
3,7 |
4,9 |
4,8 |
4,5 |
23,1 |
12 |
trocken, flach |
sehr kleine Früchte |
B 13 |
Florina |
6,5 |
5,1 |
5,2 |
5,4 |
5,6 |
27,6 |
4 |
etwas parfümiert |
mäßig schälbar |
B 14 |
Pilot |
6,8 |
4,8 |
5,8 |
6,2 |
6 |
29,8 |
2 |
fest |
gut schälbar, fest |
B 15 |
Boskoop |
7 |
5,5 |
4,2 |
5,5 |
5,2 |
27,7 |
8 |
zu weich, sauer |
oxidiert schnell |
C 16 |
Melrose |
4,3 |
4,2 |
3,8 |
4,2 |
3,5 |
20,7 |
20 |
matschig, flach |
bläht auf und zerfällt |
C 17 |
Berlepsch |
4 |
4,2 |
3,7 |
4,5 |
3,7 |
20,9 |
19 |
zusammen- gefallen |
saftig, bläht auf und zerfällt |
C 18 |
Ahra |
4,3 |
5,3 |
2,5 |
5,1 |
4 |
22,3 |
16 |
matschig, flach |
bläht auf und zerfällt |
C 19 |
Rewena |
4,8 |
4 |
3,7 |
4,7 |
4 |
21,9 |
17 |
trocken, sauer, flach |
bläht auf und zerfällt |
C 20 |
Reanda |
5 |
4,7 |
4,3 |
5 |
4,7 |
24 |
11 |
zu weich, flach |
bläht auf und zerfällt |
Übersicht 2: Eignung verschiedener Apfelsorten für die Kuchenherstellung
Maximale Punktanzahl = 9 Punkte, wobei 1-3 Punkte = schlecht, 4-6 Punkte = mittel, 7-9 Punkte = gut
ASKG-Wert = gewichteter Rechenwert aus Aussehen (1x), Saftigkeit (1x), Konsistenz (1x) und Geschmack (2x)