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Einsatz verschiedener Bewässerungsverfahren bei der Himbeere

 

Gunhild Muster

LVWO Weinsberg

 

Die Anforderungen an Beerenbestände bezüglich Ertrag, Ertragssicherheit und Fruchtqualität sind hoch. Bei Himbeeren erwartet der Produzent über mindestens 6 Jahre hohe Erträge. Der Ertrag von Hauptsorten, wie beispielsweise Tulameen und Glen Ample, die in der Hauptreifezeit reifen, sollte regelmäßig bei 100 kg/100m2 liegen. Voraussetzungen für einen hohen und regelmäßigen Ertrag sind eine optimale Pflanzenvitalität (einheitlich wüchsige und gesunde Bestände), große Früchte (durchschnittlich 4 g pro Frucht) und die genetischen Voraussetzungen. Ein geeigneter Standort und optimale Kulturführung ermöglichen eine gute Ertragsleistung.

 

Aufgrund der hohen Anforderungen ist die Bewässerung ein wichtiges Element der Kulturführung. Standardmäßig wird als wassersparendstes Verfahren ein Tropfschlauch mit einem Tropferabstand von 30 cm verlegt. Da die Himbeerwurzel einerseits sehr empfindlich gegenüber Vernässung beziehungsweise Luftmangel ist und andrerseits die Himbeerpflanzen zu einer Hecke verwachsen, werden verschiedene Bewässerungsverfahren geprüft, mit dem Ziel ein gleichmäßiges Feuchteband zu erreichen. Der hier vorgestellte Versuch wurde auf dem Obstgut Heuchlingen der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau durchgeführt. Der Standort ist ein tiefgründiger Lehmboden mit 70 Bodenpunkten. Der pH-Wert liegt bei 6,2. Die Jahresdurchschnittstemperatur beträgt 9,2°C, die durchschnittliche jährliche Niederschlagsmenge liegt bei 647 mm.

 

Tabelle 1 zeigt die Niederschlagsmengen und die Verteilung im Versuchszeitraum 2004 bis 2010 am Standort Heuchlingen.

 

Niederschlagsverteilung am Standort Heuchlingen

 

Material und Methoden

Versuchsaufbau:

 

Sorte:

Tulameen

Pflanzung:

Juni 2004 auf kleinem Damm

Pflanzmaterial:

Grünpflanzen

Anzahl Pflanzen:

25

Parzelle:

5 m

Anzahl Wiederholungen:

4

Pflanzabstand:

0,2 m x 3,0 m

Erziehung:

bewegliches V-System

Kulturführung:

betriebsüblich

Rutenmanagement:

alle Jungruten Anfang Mai entfernt, 2008 bis 2010

Düngung:

30 kg N/ha und Jahr als Borammonsulfat

Ausbringung von Grünkompost (5  - 10 cm) alle 3 Jahre

 

Varianten Bewässerungsverfahren:

- Tropfschlauch einfach (30 cm) und Fertigation

- Tropfschlauch einfach (30 cm)                         

- Tropfschlauch doppelt (30 cm) und Fertigation

- Tropfschlauch doppelt (30 cm)                         

- Tropfschlauch subsoil (unterirdisch) (doppelt, 30 cm)

- Tropfschlauch doppelt 15 cm

- Mikrosprüher



 

Bewässerung: zunächst erfolgte die Bewässerung bei Bedarf dreimal wöchentlich (Montag, Mittwoch, Freitag) nach Ablesen von Tensiometern (20/40 cm Tiefe, in der Reihenmitte und im Randbereich - siehe Abbildung 1).

 

 

Abbildung 1: Zur Ermittlung der Bodenfeuchte wurden Tensiometer in den Tiefen 20 cm und 40 cm eingeschlämmt und wöchentlich abgelesen

Abbildung 1: Zur Ermittlung der Bodenfeuchte wurden Tensiometer in
den Tiefen 20 cm und 40 cm eingeschlämmt und wöchentlich abgelesen

 

In den Jahren 2008 bis 2010 wurden die Tensiometer einmal pro Woche abgelesen und der ermittelte Wasserbedarf wöchentlich zu drei Terminen (Mo, Mi, Fr) gegeben. Zielfeuchte war ein pF-Wert von 2,6 bis zur Blüte und pF 2,4 zwischen Blüte und Ernteende. So wurde bei allen Varianten in etwa die gleiche Wassermenge verabreicht, nur das Verfahren variierte.

 

Fertigation:

Zusätzlich wurden zwei Varianten fertigiert. 2004 wurden 5 kg N/ha und Woche, in den Jahren 2005 bis 2008 4 kg N/ha und Woche mit Kristalon orange von Ende Mai bis Anfang/Mitte August fertigiert. 2009 und 2010 wurde nicht fertigiert.

 

Grünpflanzen im Juni 2004 mit zwei Tropferschläuchen. Die Bewässerungsschläuche müssen im 1. Jahr direkt neben der Pflanze liegen.
Abbildung 2: Grünpflanzen im Juni 2004 mit zwei Tropferschläuchen. Die
Bewässerungsschläuche müssen im 1. Jahr direkt neben der Pflanze liegen.

 

Ergebnisse

 

Tabelle 2 zeigt den Ertragsverlauf im Versuchszeitraum (2005 bis 2010). Die mit dem gleichen Index gekennzeichneten Mittelwerte sind signifikant verschieden. In allen Varianten ist eine jährliche Ertragssteigerung bis zum Jahr 2008 zu beobachten. In den Jahren 2009 und 2010 fiel die Ertragsleistung ab. In der Summe der Jahre erzielten die Varianten 'Mikrosprüher' und '2 Schläuche subsoil' den höchsten Gesamtertrag. In den Jahren 2005 und 2006 konnten keine Signifikanzen aufgrund zu großer Streuungen innerhalb der Wiederholungen errechnet werden.

 

Ertrag bei der Himbeersorte Tulameen

 

Die Fruchtgewichte schwanken in den Jahren und Varianten zwischen 3,5 g pro Frucht und 5,0 g pro Frucht. Statistisch gesicherte Unterschiede wurden nicht gefunden.

 

Mikrosprüher im Pflanzjahr. Wenn der Bestand etabliert ist, ergibt sich ein anderes 'Sprühbild'


Abbildung 3: Mikrosprüher im Pflanzjahr. Wenn der
Bestand etabliert ist, ergibt sich ein anderes 'Sprühbild'.

 

Tabelle 3 zeigt die Rutenlänge und dient als Maß für das vegetative Wachstum. Im Pflanzjahr 2004 erreichten die Ruten aus der Variante '1 Schlauch, plus Fertigation' die größte Länge mit fast 150 cm. Die Ruten aller anderen Varianten waren signifikant kürzer. Dieses Ergebnis bestätigte sich im Jahr 2005. Bis zum Jahr 2007 war die oben genannte Fertigationsvariante diejenige mit den längsten Ruten. Die Ruten aus der Variante 'Mikrosprüher' waren in allen Jahren am kürzesten.

 

Rutenlänge bei der Himbeersorte Tulameen

 

Im Mittel der Jahre liegt die Rutenstärke zwischen 7,9 mm (Mikrosprüher) und 9,0 mm (2 Tropferschläuche plus Fertigation, 1 Tropferschlauch)). Allerdings wurden in einzelnen Jahren bei verschiedenen Varianten auch durchschnittliche Rutenstärken von 10 mm bis 11 mm erreicht. Signifikanzen wurden nicht errechnet.

 

Die Zahl Ruten am Vegetationsende wurde nur in einzelnen Jahren erfasst. Im Jahr 2008 wurden in der Variante 'Mikrosprüher' signifikant mehr Ruten gezählt als in den übrigen Varianten. In den Jahren 2006, 2009 und 2010 wurden keine statistisch absicherbaren Unterschiede gefunden.

 

Um die Rutengesundheit festzustellen, wurden Rutenkrankheiten bonitiert. Dabei wurde nicht nach den verschiedenen Rutenkrankheiten unterschieden. Es wurden dabei Größe und Anzahl der Verfärbungen nach dem Boniturschema 1-9 erfasst. Tabelle 4 gibt einen Überblick. Während im Jahr 2004 zum Vegetationsende in allen Varianten der Befall als gering eingestuft wurde, wurde im Folgejahr ein mittlerer bis stärkerer Befall bonitiert. In diesem Jahr (2005) war der Befall in einer Fertigationsvariante signifikant stärker als in den übrigen Varianten. In den Jahren 2007 und 2009 wurde der Befallsgrad als 'mittel' eingestuft. Die im letzten Jahr gewachsenen Ruten zeigten einen mäßigen Befall (3,6 - 5,5 je nach Variante).

 

Rutenkrankheiten bei der Himbeersorte Tulameen

 

Diskussion und Schlussfolgerungen

 

Die zu Beginn der Ausführungen aufgestellte Forderung, dass eine Hauptsorte der Hauptreifezeit 100 kg/100 m²  Ertrag über mehrere Jahre produzieren müsste, konnte die Sorte Tulameen im Versuch in den Jahren 2005 bis 2010 nicht erfüllen! Vielmehr lag der Durchschnittsertrag über alle Jahre und Varianten nur bei 83 kg/100m² . Lediglich in den Jahren 2007 bis 2009 wurde die 100 kg-Grenze in einzelnen Varianten erreicht beziehungsweise überschritten.

 

Da es keine signifikanten Unterschiede in der Fruchtgröße gab, kann die unterschiedliche Ertragsleistung nicht mit der Fruchtgröße erklärt werden.

 

Auffallend ist, dass die geringste Ertragsleistung die Fertigationsvariante mit einem Schlauch aufwies, wogegen die Variante 'Mikrosprüher' den höchsten Ertrag, in der Summe der Jahre erbrachte. Die Betrachtung der vegetativen Leistung (Rutenstärke, Rutenlänge) ergibt folgendes Bild. Es wurde bis einschließlich des Jahres 2008 fertigiert und bis zu diesem Jahr waren die Ruten in diesen Varianten länger als in den Vergleichsvarianten. Dagegen waren die Ruten aus der Mikrosprüher Variante bis zum Jahr 2008 signifikant kürzer. Hier zeigt sich das Konkurrenzverhalten zwischen vegetativer und generativer Leistung, das heißt, umso wüchsiger, desto geringer der Ertrag. Die Ruten aus dem Jahr 2005 waren in allen Varianten am dünnsten (6,5 - 8,0 mm), der Anteil an Rutenkrankheiten in der Junganlage am geringsten. Lediglich im Jahr 2006 wurde in einer Fertigationsvariante (2 Schläuche) ein starker Befall mit Rutenkrankheiten (7,8) festgestellt, der, statistisch sicherbar, stärker war als in den Vergleichsvarianten.

 

Im Durchschnitt der Jahre lag die Rutenstärke in der Variante 'Mikrosprüher' nur bei 7,9 mm. Ein Zusammenhang zwischen Rutenstärke und Rutenkrankheiten konnte nicht direkt festgestellt werden. Jedoch fiel bei visuellen Bonituren immer auf, dass der Knospenaustrieb und die Einheitlichkeit des Bestandes in den Fertigationsvarianten deutlich schlechter waren als in anderen Varianten. Daraus lässt sich ableiten, dass die Fertigationsvarianten zu vegetativ waren und starke Knospenschäden auftraten, die zu einem unzureichendem Austrieb und zu kurzen Lateralen mit geringer Ertragsleistung führten. Auf dem Versuchsstandort war die Fertigation mit 5 kg N/ha und Woche überoptimal.

 

Geprüft wurden verschiedene Bewässerungsverfahren bei gleicher Bodenfeuchte. Im Jahr 2005 wurde einmalig mit einer TDR-Sonde (time domain reflectometry) der Wassergehalt im Boden erfasst. Die Ausbreitung der Feuchtigkeit im Boden erwies sich bei dieser Momentaufnahme als verschieden. Wird als Maß herangezogen, dass die nutzbare Feldkapazität (nFK) 60-80% betragen soll, zeigt sich in allen Varianten mit zwei Tropferschläuchen, dass die Vernässungszone (80-100% nFK) geringer ausgeprägt ist als in den Ein -Tropferschlauch-Varianten. Die Abbildung 4 zeigt beispielhaft die Bodenfeuchte der Variante 'Mikrosprüher'. Direkt unterhalb des Sprühers ist der Boden relativ trocken, die angestrebte Bodenfeuchte (60-80% nFK) wird aber über die gesamte Pflanzreihenbreite erreicht. Diese Feuchteverteilung hat eine positive Auswirkung auf die Vitalität des Bestandes und die Ertragsleistung. Eine umfassende Darstellung dieser Ergebnisse erfolgt demnächst. Obwohl die Mikrosprüher (3 x pro Woche, Ende Mai bis Mitte August) den unteren Rutenbereich befeuchten, konnte kein stärkerer Befall mit Rutenkrankheiten festgestellt werden.

 

Verteilung der Bodenfeuchte nach Bewässerung mit Mikrosprühern. Die Bodenfeuchte wurde mit einer TDR-Sonde erfasst.

Abbildung 4: Verteilung der Bodenfeuchte nach Bewässerung mit Mikrosprühern.
Die Bodenfeuchte wurde mit einer TDR-Sonde erfasst.

 

Zusammenfassung

 

Im Versuchsgut Heuchlingen wurde in den Jahren 2004 bis 2010 ein Versuch mit verschiedenen Bewässerungsverfahren bei der Sorte Tulameen durchgeführt.

 

Tensiometermessungen sind ein geeignetes Verfahren, um die Bodenfeuchte zu ermitteln. Es sollten mehrere Tensiometer in der Hauptwurzelzone in 2 Tiefen (20/40 cm) eingeschlämmt und regelmäßig kontrolliert werden.

 

Die Bodenfeuchte zwischen Blüte und Ernteende von pF 2,4 (~ 250 hPa) ist empfehlenswert. Die Bewässerung mittels zwei druckkompensierten Tropferschläuchen (30 cm TA) oder Mikrosprühern hat im Versuch gute Ergebnisse erzielt.

 

Die Verdunstung bei Tropfern ist geringer als bei Mikrosprühern. Die Verdunstung (Erhöhung der Luftfeuchte) hat möglicherweise aber auf trockenen Standorten bei Himbeeren positive Effekte.

 

Bei Tropfschläuchen ist weniger Druck erforderlich als bei Mikrosprühern.

 

Das Bewässerungsintervall sollte umso häufiger und kürzer sein, desto leichter der Boden.

 

Auf einem Lößboden ist Fertigation nicht in jedem Fall notwendig.

 

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