Erfahrungen aus zwei Versuchsjahren zum ökologischen Anbau von Tafeltrauben
Alexandra Richter
LVWO Weinsberg
Seit knapp 10 Jahren dürfen nun schon Tafeltrauben auf jeglicher Fläche angebaut werden. Der Anbau ist nicht mehr an hierfür ausgewiesene Rebflächen gebunden. Die anfängliche Euphorie für den deutschen Tafeltraubenanbau ist aber mittlerweile etwas getrübt. Meistens werden Tafeltrauben direkt vermarktet. Nur selten erfolgt der Absatz über einen Erzeugermarkt, da über diesen Vermarktungsweg kaum kostendeckende Preise zu erzielen sind. Der Lebensmitteleinzelhandel ist nicht bereit für deutsche Erzeugnisse höhere Preise zu bezahlen. Auch ist es schwierig die Trauben an den Einzelhandel abzugeben, da dieser eine Reihe von Auflagen vom Produzenten fordert, welche eher schwer zu erfüllen sind.
Hingegen werden dem ökologischen Anbau von Tafeltrauben und seinem erfolgreichen Absatz gute Chancen eingeräumt. Aufgrund dessen wird seit Mitte April 2007 an der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau in Weinsberg ein Forschungsprojekt, gefördert durch das Bundesprogramm ökologischer Landbau des BLE, mit dem Titel „Entwicklung eines Anbausystems für die ökologische Erzeugung von Tafeltrauben in Deutschland“ bearbeitet. Dieses Projekt beinhaltet fünf verschiedene Themenbereiche in denen Versuche durchgeführt werden, und zwar Versuche zum Tafeltraubensortiment, Versuche zum Pflanzenschutz, Erziehungssysteme und Überdachungstechnik, Optimierung des Traubenertrags und der Qualität durch Bewässerung sowie Optimierung der Lagerung von Tafeltrauben. Die Versuche werden auf einem ökologisch wirtschaftenden Betrieb in der Nähe von Heilbronn durchgeführt.
Im folgenden werden die Versuchsergebnisse und Erfahrungen aus zwei Versuchsjahren vorgestellt.
Versuche zum Tafeltraubensortiment
Zum einen findet eine Sichtung neuer vielversprechender Sorten statt, welche sich für den ökologischen Anbau eignen. Diese sollten daher vor allem robust gegenüber verschiedensten Pilzerkrankungen sein.
Eine Beschreibung der Sorten, welche zu Beginn des Projektes bereits vom Betriebsleiter gepflanzt waren, befindet sich in Abbildung 1.
Abbildung 1: Sortenbeschreibung
Die Pflanzengesundheit dieser Sorten in den Jahren 2007 und 2008 ist als sehr gut einzustufen. Es konnte kein Peronospora an den Pflanzen festgestellt werden. Leichter Oidiumbefall wurde lediglich an der Sorte Osella beobachtet. Negativ fiel die Sorte Katharina mit einem starken Botrytisbefall in 2008 auf. Die Sorte hatte ein untypisches Aussehen. Die Beeren waren von gelber Grundfarbe mit rosafarbenen Backen. Normalerweise präsentiert sich diese Sorte mit einer sehr ansprechenden rosaroten Färbung der kompletten Beere. Der Ertrag bei den frühen Sorten Osella und Galanth ist als gut einzustufen, der geringere Ertrag bei den anderen Sorten ist vermutlich auf die ökologische Bewirtschaftungsweise und dem eher geringen Einzeltraubengewicht zurückzuführen.
Weitere neue und großtraubige Sorten wie 19/1/558, Arkadia, Franziska, Isa Blanc, Juliana, Kodrianka, Lival, aber auch die kernlose Sorte Tonia wurden in 2009 auf die Eignung für den ökologischen Anbau in der Neckarregion überprüft. Bei diesen Sorten hat sich in diesem Jahr ein starker Befall von ca. 50 % mit Peronospora entwickelt. Die Trauben waren teilweise auch befallen. Frumosa Alba, Drusba und Karoleva wurden ebenfalls zur Prüfung für den ökologischen Anbau in 2009 aufgepflanzt.
Versuche zum Pflanzenschutz
Die Robustheit der Sorten gegen den Echten und Falschen Mehltau, sowie Botrytis ist ein entscheidendes Kriterium für den ökologischen Anbau. Trotz alledem müssen auch hier Pflanzenschutzmaßnahmen erfolgen. Für die genannten Erreger stehen dem ökologischen Anbau Kupfer, Schwefel und Pflanzenstärkungsmittel zur Verfügung. Ziel ist es, eine geeignete Pflanzenschutzstrategie mit gleichzeitiger Reduzierung der Kupfergaben zu entwickeln. Für diesen Versuch wurden die Sorten Lilla und Palatina verwendet. Sie bringen zwar von Haus aus schon eine gewisse Robustheit mit, das Jahr 2007 zeigte aber, dass diese ohne jegliche Behandlung nicht ausreicht. Hier hatte sich ein sehr starker Befall mit Peronospora entwickelt. Bei dem Standardpflanzenschutzprogramm, übernommen aus dem ökologischen Keltertraubenanbau, bei dem die Behandlungen mit Kupfer gegen den Falschen Mehltau (Peronospora) und Schwefel gegen den Echten Mehltau (Oidium) ausgereizt wurden, konnte ein Befall mit Peronospora von 10 % bei Palatina bzw. 15, 6 % bei Lilla festgestellt werden. Eine Alternative zum Kupfer könnte eine Behandlung in Kombination mit Schwefel und dem Tonerdepräparat Myco-Sin Vin gegen den Falschen Mehltau darstellen. Hier wurde ein Befall mit Peronospora von 23,8 % bei Palatina und 20,6 % bei Lilla festgestellt. Allerdings sollte bei der Behandlung darauf geachtet werden, dass Myco-Sin Vin nicht nach der Blüte appliziert wird, da dieses Pflanzenstärkungsmittel ansonsten zu hartnäckigen Flecken an den Beeren führen kann. Eine reine Behandlung mit den Pflanzenstärkungsmitteln Fenchelöl und Kaliwasserglas war nicht überzeugend und mit dem Befall in der Kontrolle von 50 % vergleichbar. In 2008 wurde das für den ökologischen Landbau neu zugelassene Mittel Cueva geprüft. Cueva zeichnet sich durch einen geringen Kupfergehalt von 18 g/l Reinkupfer aus. Der Hersteller warnt hier aber vor einer Behandlung nach der Blüte, da dies zu Berostungsschäden an den Beeren führen kann. Deshalb wurden in dieser Variante die Reben nach der Blüte mit Pflanzenstärkungsmitteln behandelt. Neben der Kontrolle fand wiederum eine Standardpflanzenschutzmaßnahme vergleichbar mit dem ökologischen Keltertraubenanbau statt. Trotz der starken Spritzmittelflecken, verursacht durch Myco-Sin Vin, wurde die Behandlung mit diesem Pflanzenstärkungsmittel weiter verfolgt. Zur Vermeidung der Flecken wurde nach der Blüte Kupfer und Schwefel appliziert. Als Fazit hätte keine Pflanzenschutzmaßnahme erfolgen müssen. In keiner der Varianten, die unbehandelte Kontrolle eingeschlossen, konnte ein Befall mit Schaderregern festgestellt werden. In 2009 fand eine Wiederholung des Versuches statt. Hier konnte nur die Standardpflanzenschutzmaßnahme, übernommen aus dem ökologischen Keltertraubenanbau, überzeugen.
Erziehungssysteme und Überdachungstechnik
Für den Anbau von Tafeltrauben sollte für den Betrieb ein leicht zu handhabendes Erziehungssystem gewählt werden. Auch sollten bereits vorhandene Maschinen eingesetzt werden können. Das System muss stabil sein, es darf nicht zu Sonnenbrand an den Trauben führen, die Laubwand muss gut durchlüftet werden, die Trauben sollten möglichst nicht in der Laubwand hängen und es sollte für die zu erntende Person ergonomisch sein. Hierzu wurde 2008 eine neue Anlage erstellt. In dieser sollen die zwei Erziehungssysteme Pultdacherziehung und das Ungarische V-System bezüglich Arbeitsaufwand, Fruchtqualität , Krankheits- und Schädlingsbefall miteinander verglichen werden. Zum Schutz der Trauben vor Nässe werden diese mit dem Überdachungssystem der Firma VOEN überdacht. Durch ein Netz, welches gleichzeitig um die Anlage gespannt wird, können die Trauben ebenfalls vor Vögeln und Wespen geschützt werden.
Pultdacherziehung
Ungarisches V-System
Optimierung des Traubenertrags und der Qualität durch Bewässerung
Die Rebe gilt zwar als genügsame Pflanze. Trotzdem stellt sich die Frage, ob durch eine gezielte Bewässerung der Traubenertrag und die Qualität gesteigert werden können. Bei diesen Versuchen wurde unter anderem mit dem Internetdienst „agrowetter Beregnung“, welche über den Deutschen Wetterdienst zu beziehen ist, gearbeitet. Bei diesem Bewässerungssystem müssen Angaben zur gewünschten nutzbaren Feldkapazität gemacht werden. Diese sahen wie folgt aus: Austrieb ab 10 % nFk, Vollblüte 70 % nFk, 5 Wochen nach Vollblüte und Reifebeginn 60 % nFk, ca. 60 ° Oechsle (14 °Brix) 5 % nFk. Mit diesem System wurden bislang gute Erfahrungen gemacht. Des weiteren wurde basierend auf der Messung von Tensiometern ab Vegetationsbeginn und ab einer Größe der Beeren von 5 mm bewässert, vorausgesetzt die nFK lag unter 70 %. Die Kontrolle wurde nicht zusätzlich bewässert. Die Bewässerungsstrategie nach agrowetter Beregnung schnitt tendenziell am besten ab.
Demnach kamen die Reben vom Austrieb bis zur Blüte sehr gut mit den Reserven aus dem Boden aus. Vorteilhaft waren Wassergaben von 16 l/m² in regelmäßigen Abständen innerhalb von sechs Wochen nach der Blüte, in der Zellteilungsphase der Beeren. In dieser Zeit fielen kaum Niederschläge. An die Zellteilungsphase schließt sich die Zellstreckungsphase an. Die regelmäßigen Wassergaben wurden ab diesem Zeitpunkt reduziert bzw. ganz eingestellt. Kurz vor der Ernte erfolgte keine Bewässerung mehr, um ein Platzen der Beeren zu verhindern. Eine regelmäßige Wassergabe während der Vegetationsperiode führte verstärkt zu vegetativem Wachstum. Daraus resultierte ein geringerer Ertrag und ein höherer Anteil an qualitativ minderwertigen Trauben. Hier war auch ein höherer Botrytisbefall zu verzeichnen.
Werden die Reben gar nicht bewässert, kann dies ebenfalls zu einem minderwertigen Ertrag führen.
Optimierung der Lagerung von Tafeltrauben
Zur Verlängerung des Angebotszeitraumes von Tafeltrauben können diese in spezielle Lagerungssäcke eingelagert werden.
Lagerungssäcke mit Anschlüssen
Zum Teil fanden hier schon Versuche in der Vergangenheit statt, diese wurden aber mit konventionell erzeugten Tafeltrauben durchgeführt. Wie verhalten sich aber ökologisch erzeugte Tafeltrauben im Lager? Die Lagerungsversuche fanden abweichend von den anderen Versuchen, aufgrund der besseren technischen Ausstattung, auf dem Staatlichen Obstversuchsgut in Heuchlingen und am Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel in Karlsruhe statt. Dieses Institut verfügt über eine Heißwassertauchanlage. Es standen die Sorten Palatina als grüne Sorte und Muskat Bleu als blaue Sorte zur Verfügung. Die Varianten sind in Tabelle 1 dargestellt.
Tabelle 1: Varianten zur Lagerung von Tafeltrauben |
|
Variante |
Methode |
1 |
CO2 15 %, -1°C |
2 |
CO2 15 %, - 1°C und Heißtauchen (48 °C, 2 Minuten) |
3 |
CO2 15 %, + 1°C |
4 |
CO2 15 %, + 1 °C und Heißtauchen (48 °C, 2 Minuten) |
5 |
Kaltlager, + 1 °C |
6 |
Kaltlager + 1 °C und Heißtauchen (48 °C, 2 Minuten) |
7 |
Kühllager - 1 °C |
8 |
Kühllager - 1 °C und Heißtauchen (48 °C, 2 Minuten) |
Sowohl bei + 1 °C als auch bei -1 °C und einer Lageratmosphäre von 15 % CO2 und 6 % O2 können die Tafeltrauben ungefähr sechs Wochen lang ohne optische Veränderung eingelagert werden. Bei weiterer Lagerung litt dass Aussehen unter dem braunen Stielgerüst. Für ein Heißtauchen der Trauben bestand keine Notwendigkeit, da die hohe CO2-Konzentration bereits fungizid wirkte. In der Kurzzeitlagerung können die Trauben ohne optische Veränderung bei + 1 °C zwei bis drei Wochen und bei - 1 °C drei Wochen lang eingelagert werden. Maximal sollten diese Sorten 1 Woche gelagert werden. Ein Heißtauchen der Trauben bewirkte eine Verlängerung des Lagerzeitraums um eine Woche. Des weiteren fand ein Tastversuch mit X-tend-MA/MH Folienbeuteln statt. Trauben der Sorte Pölöskei Muskataly wurden in diesen Beuteln jeweils bei + 1 °C und - 1 °C eingelagert. Die Trauben konnten bei - 1 °C fünf bis sechs Wochen gelagert werden. Eine Messung der Atmosphäre ergab einen CO2-Gehalt von 12,5 % und einen O2-Gehalt von 7,5 %. Bei + 1 °C waren die Trauben in den Beuteln zwei bis drei Wochen lagerfähig. Hier konnte sich ein CO2-Gehalt von 11,1 % und ein O2-Gehalt von 10,1 % im Beutel entwickeln.
Die Lagerung in den Folienbeuteln wird in 2009 weiter verfolgt. Neu bei den Lagerungsversuchen wird das System MAT TIEMPO der Firma Cargoplast sein. Hierbei handelt es sich um eine Großkiste mit Deckel, in dem eine Membran eingeschweißt ist. Diese sorgt durch das Atmen der Früchte und die passive Gasverteilung über die Membran für eine Konservierung der Früchte. Erfahrungen zur Lagerung von Tafeltrauben gibt es von Seiten der Firma bisher keine.
Bislang haben die Versuche gezeigt, dass ein ökologischer Anbau von Tafeltrauben in Deutschland möglich ist. Der Pflanzenschutz ist aber ein wichtiger Aspekt, der nicht unterschätzt werden darf. Gerade das Jahr 2009 hat deutlich gezeigt, dass auch die robusten Sorten trotz Behandlung nach ökologischen Richtlinien teilweise vom Echten und massiv vom Falschen Mehltau befallen werden können.