Apfelchips - Ein neues Veredelungsprodukt? |
Gudrun Grieb
LVWO Weinsberg
Eine von vielen Veredelungsmöglichkeit besteht im Dörren von Obst. Die Konservierung der Früchte beruht beim Dörren auf der Verringerung des im Lebensmittel frei zur Verfügung stehenden, für Mikroorganismen lebensnotwendigen Wassers.
Wer kennt sie nicht, die vom Kernhaus befreiten, an einer Schnur aufgehängten, luftgetrockneten Apfelringe zu Großmutters Zeiten? Die im Einzelhandel derzeit käuflich zu erwerbenden Dörrfrüchte aus Äpfeln weisen wie die ursprünglich hergestellten Apfelscheiben einen verhältnismäßig hohen Restfeuchtegehalt auf (22 - 25 %) und haben dadurch eine weiche, etwas zähe, Konsistenz. Um eine längere Haltbarkeit trotz der hohen Restfeuchte zu erzielen, werden die Apfelringe in der Regel mit Schwefeldioxid als Antioxidationsmittel behandelt und unter Schutzatmosphäre abgepackt.
In wenigen Hofläden von Direktvermarktern, auf Marktständen und in Markthallen gibt es mittlerweile noch ein weiteres Veredelungsprodukt aus Äpfeln, die „Apfelchips". Die Namensgebung erfolgt aufgrund ihrer krossen, knusprigen Konsistenz, die wiederum aus der geringen Restfeuchte (5 - 7 %) resultiert. Sie erfreuen sich bei Jung und Alt recht großer Beliebtheit.
Herstellung von Apfelchips
Die Qualität (Konsistenz, Farbe, Geruch und Geschmack) der gedörrten Ware ist von der Ausgangsfrucht und vom Trocknungsverlauf (Trocknungsdauer, Temperatur, Restwassergehalt, Vorbehandlung) abhängig.
Die Ausgangsfrucht:
Je hochwertiger die Ausgangsfrucht (Äpfel mit einem ausgewogenen Zucker/Säure-Verhältnis, Äpfel ohne Lagerschäden), desto höher ist auch die Qualität der veredelten Ware. Schlechte Qualität der Ausgangsfrüchte kann nicht durch Veredelung verbessert werden.
Elstar, Jonagold und Rubinette eignen sich aufgrund ihres ausgewogenen Zucker/Säure - Verhältnisses ausgezeichnet zur Chipsherstellung. In der Ausgangsfrucht sollte jedoch nicht nur ein ausgewogener, sondern auch ein hoher Gehalt an Zucker und Säuren vorhanden sein, da das Dörrprodukt sonst fad wirkt.
Dörrversuche, die Ende Januar mit den Sorten Otava, Goldrush, Resista und Gerlinde (Lagerung im Kühllager) durchgeführt wurden, haben gezeigt, dass Früchte mit bereits weich gewordenem Fruchtfleisch (grober Richtwert: <6 kg/cm 2 ) nicht mehr zum Dörren geeignet sind. Sie weisen einen faden, papierartigen, leicht modrigen Geschmack auf und bleiben auf den Dörrsieben kleben. Die Sorten Otava und Goldrush als lagerfähige Sorten bis ins Frühjahr haben bei der Bewertung noch sehr gut abgeschnitten, Resista und Gerlinde eigneten sich Ende Januar nicht mehr zum Dörren.
Des weiteren ist nicht zu empfehlen, Früchte mit großem Kernhaus zu verwenden, da entweder das Kernhaus nicht vollständig entfernt, bzw. durch mehrmaliges Stechen mit dem Entkerner der Verlust an Fruchtfleisch zu hoch wäre.
Die Apfelchips können aus ungeschälten Äpfeln hergestellt werden, da das Schälen der Äpfel die Menge an gedörrtem Endprodukt zusätzlich minimieren würde. Außerdem wurden die ungeschälten Apfelchips bei einer sensorischen Bewertung der Kriterien Aussehen, Geruch, Geschmack durch mehrere Prüfpersonen besser oder zumindest gleich mit den geschälten Apfelchips eingestuft.
Abbildung: Vor dem Trocknen werden die Äpfel mit einer |
Die Vorbehandlungen:
Ein Verderb der Frucht kann durch Pilze und Bakterien, aber auch durch zelleigene Enzyme stattfinden (z.B. Verwesung). Gezielte Vorbehandlungen der Früchte werden deshalb durchgeführt, um Enzymreaktionen einzuschränken und die Ausgangskeimzahl zu verringern. Auch Bräunungsreaktionen, ausgelöst durch Enzyme oder durch chemische Reaktionen mit Luftsauerstoff (nichtenzymatische Bräunung, auch Maillard-Reaktion genannt) können durch Vorbehandlungen verhindert und sogar Farbaufhellungen bewirkt werden.
Die bekanntesten Methoden sind das Tauchen der Früchte in Ascorbinsäure, Zitronensäure, schweflige Säure oder Natriumchloridlösung.
Bei der Herstellung von Apfelchips können jedoch jegliche Vorbehandlungen entfallen.
Werden Äpfel mit mittleren bis hohen Vitamin C-Gehalten veredelt, verhindert dieses Vitamin aufgrund seiner starken Reduktionskraft eine schnelle Bräunung der Schnittflächen. Vorbehandlungen mit dem Ziel, Bräunungsreaktionen zu verhindern, werden dadurch überflüssig. Ein Tauchen in einer konservierenden Lösung zur Verringerung der Keimzahl ist ebenfalls nicht notwendig, da der Restfeuchtegehalt von 5 - 7 % weit unter der kritischen Wachstumsgrenze für Mikroorganismen liegt. Ein Maß für diese kritische Wachstumsgrenze ist das den Mikroorganismen frei zur Verfügung stehende Wasser, welches als a w -Wert ausgedrückt wird. Der kritische a w -Wert liegt bei 0,7. Bei Lebensmitteln, deren a w -Wert unter 0,7 liegt, sind Überlebenschancen vegetativer Zellen und Vermehrungen von Pilzen und Bakterien sehr gering, bei manchen Arten vollständig unterbunden. Apfelchips mit einem Restfeuchtegehalt von ca. 7 % besitzen einen a w -Wert von 0,34 und liegen somit weit unter dem kritischen Wert.
Die Trocknung:
Da die Frucht zu Beginn der Trocknung einen hohen Wassergehalt aufweist, kann durch die erwärmte Luft viel Feuchtigkeit entzogen werden. Die hierbei entstehende Verdunstungskälte sowie die Trocknungsgeschwindigkeit sind maximal. Die Temperatur der Früchte ist deshalb geringer als die der sie umgebenden Luft. In diesem sog. ersten Trocknungsabschnitt (Dauer ca. 60-90 min) kann zur Beschleunigung der Trocknung die Lufttemperatur auf mind. 80 °C erhöht werden. Im zweiten Trocknungsabschnitt sinkt durch die Abnahme des Wassergehaltes der Frucht auch die Verdunstungskälte sowie die Trocknungsgeschwindigkeit und die Frucht nimmt die Temperatur der Ofenluft an. Da bei hohen Temperaturen die nicht-enzymatische Bräunung stark angeregt wird und braune, verbrannt riechende Produkte gebildet werden, sollte die Temperatur der Früchte jedoch nicht über 70 °C ansteigen. Wir empfehlen deshalb zur Vermeidung von Bräunungsreaktionen die Ofentemperatur im zweiten Trocknungsabschnitt auf max. 70 °C zu senken.
Dünn geschnittene Apfelscheiben lassen sich innerhalb von 8-9 Stunden bei einer Temperatur von 60 - 70 °C auf einen Restfeuchtegehalt von 5 - 7% trocknen.
Das Lagern:
Um eine lange Haltbarkeit gewährleisten zu können, sollten die Apfelchips nach dem Abkühlen in luft- und wasserdampfundurchlässiges Material verpackt werden. Hierzu eignen sich Tüten aus Polyethylen, die verschwei?bar sind, aber auch Gläser und Dosen. Können die aufgrund ihres geringen Restfeuchtegehaltes stark hygroskopischen Apfelchips Feuchtigkeit aufnehmen, verlieren sie ihre krosse Konsistenz und werden ledrig und zäh. Ein Verschließen von Tüten mit Clipverschlüssen reicht nicht aus.
Ein weiteres Problem bei der Lagerung stellen Ungeziefer wie Motten und Maden dar. Eine Verpackung des Dörrobstes in Gläser und Dosen bietet hierbei einen besseren Schutz als PE-Folien. Ist eine Verpackung von Ungeziefer befallen, so bleibt nur die komplette Entsorgung des Inhalts.
Eine Vermehrung der Dörrobstmotte kann über Pheromonfallen verhindert, bzw. eingeschränkt werden. Um ein Anlocken der männlichen Motten aus der Umgebung zu vermeiden, sollten die mit dem Sexuallockstoff des Weibchens versehenen Klebestreifen nur in geschlossenen Räumen angewandt werden.
Was wird zum Dörren benötigt?
Die ursprüngliche, von der Wetterlage (sonnig, regnerisch, hohe Luftfeuchtigkeit) abhängige Lufttrocknung wird heute meist durch die dafür speziell hergestellten Dörrgeräte abgelöst. Das Trocknungsverfahren beruht auf der konvektiven Trocknung. Die über Strom, Gas oder Öl erhitzte Luft wird hierbei in geeigneter Weise mit Hilfe von Ventilatoren über die Siebe geleitet und entzieht dabei dem Obst das Wasser. Die mit Feuchtigkeit angereicherten Luft wird zum Teil durch frische, trockenere Luft von außen ersetzt, so dass neue Feuchtigkeit aus den Früchten aufgenommen werden kann. Bei einigen Öfen kann ein Kondensator angeschlossen werden. Hier wird der Luft die aufgenommene Feuchtigkeit entzogen und noch erwärmt wieder in den Dörrofen zurückgeführt. Dies führt zu Energieersparnissen fossiler Brennstoffe.
Die Dörrgeräte sind in verschiedenen Größen mit unterschiedlicher Ausrüstung (Edelstahlsiebe, automatischer Temperaturregelung und Zeitschaltuhr, usw.) erhältlich. Die kleinsten Geräte können mit 10 - 12 kg Frischfrucht, bezogen auf Zwetschen oder Pflaumen (entspricht ca. 3 kg Äpfel bei der Chipsherstellung), beladen werden. Bei einer Größe von 900/500/1200 mm und einem Preis von ca. 5 000,- DM kann der Ofen ohne größere Umbaumaßnahmen untergebracht werden.
Abbildung: Zum Trocknen werden die Apfelscheiben auf einen |
Für Geräte, bei denen pro Charge bis zu 75 kg Frischfrucht (bezogen auf Zwetschen) verarbeitet werden können (Anschaffungspreis ca. 20 000,-), bzw. solche, die mit 400 kg Frischfrucht beladen werden können (Anschaffungspreis ca. 60 000,-), sind Umbaumaßnahmen unabdingbar und müssen in die Preiskalkulation miteinbezogen werden.
Es werden Dörrgeräte angeboten, die sich nachträglich durch Anbringen weiterer Trockenwagen an die gleiche Heizquelle erweitern lassen. Bei anfänglich ungewissem Absatz bietet sich diese Art der Dörrgeräte an.
Neben dem Dörrofen werden zusätzlich Bearbeitungstisch, Spüle, Abfülltisch, Waage und Wannen benötigt. Das Vorbereiten der Äpfel kann in Handarbeit mit Hilfe von Hobel, Küchenmaschine oder Brotschneidemaschine erfolgen. Für größere Mengen werden spezielle Apfelbearbeitungsmaschinen in unterschiedlichen Größen angeboten. Das Entkernen, Schälen und in Scheiben schneiden der Äpfel erfolgt dabei in einem Arbeitsgang.
Zum Verpacken der fertigen Apfelchips wird ein Schweißgerät benötigt. Größere Mengen können auch von anderen Firmen, z.B. Nudelhersteller, verpackt werden.
Das Dörren von Obst, eine lohnenswerte Veredelungsmöglichkeit!
Nicht nur Äpfelscheiben können getrocknet werden, auch Pflaumen, Zwetschen, Birnen, Erdbeeren und Kirschen lassen sich zu Trockenobst verarbeiten. Folgeprodukte von Dörrobst wiederum können Riegel, kandierte Früchte oder solche mit Schokoladenüberzug sein.
Diese Vielseitigkeit und die im Verhältnis zu anderen Veredelungsprodukten doch einfache und überschaubare Herstellungsweise lässt diese Art der Veredelung sehr lohnenswert erscheinen.
Aber auch der ernährungsphysiologische Wert von Dörrobst muss hervorgehoben werden. Die Mineralstoffe werden durch das Dörren kaum beeinträchtigt, im Gegenteil. Durch den Wasserentzug liegen sie in aufkonzentrierter Form vor, wie z. B. Eisen, Kalium und die verdauungsfördernden Ballaststoffe. Nur das hitze- und lichtempfindliche Vitamin C wird teilweise abgebaut (bis zu 80 %), ebenso die wasserlöslichen Vitamine der B-Gruppe, allen voran B 1 (Thiamin), welches auch bei einer Schwefelung zersetzt wird. Gerade in der heutigen Zeit, in der viel Wert auf eine gesunde Ernährung gelegt wird, könnten Direktvermarkter über die Produktion von Dörrobst eine Marktnische schließen.