Konfitüren und Fruchtaufstriche
Der Vielfalt sind keine Grenzen gesetzt
Gudrun Grieb
LVWO Weinsberg
Zur Bereicherung des Sortiments im Verkaufsladen des Direktvermarkters als auch der eigenen Küche kann Obst zu Konfitüren und Fruchtaufstrichen weiterveredelt werden.
Bevor auf die unterschiedlichen Herstellungsweisen eingegangen wird, möchte ich zu Beginn einen kleinen Exkurs ins Lebensmittelrecht einschieben.
Was unterscheidet Marmelade von Konfitüre und diese wiederum von Fruchtaufstrich?
In der Konfitüren-Verordnung, zuletzt geändert am 29.01.1998, sind die Begriffe Marmelade, Konfitüre extra, Konfitüre einfach, Gelee extra, Gelee einfach und diverse Muse genau definiert.
Unter Konfitüren, Fruchtaufstrichen und Marmeladen werden ganz allgemein streichfähige Zubereitungen aus Zuckerarten (diese wiederum sind in der Zucker-Verordnung definiert) und dem essbaren Teil der ganzen, geschälten oder entkernten Frucht verstanden. Es können eine oder mehrere Fruchtarten verwendet werden, wobei bestimmte Fruchtarten wie Äpfel, Birnen, Melonen, Wassermelonen, Weintrauben, Kürbisse, Gurken und Tomaten nicht gemischt werden dürfen. Gelee im Gegenzug wird nur aus Säften oder wässrigen Auszügen einer oder mehrerer Fruchtarten hergestellt. Ausnahmen gelten wie bei der Definition für Konfitüre.
Durch die Anpassung des deutschen Rechtes an die europäische Gesetzgebung, darf der Begriff Marmelade, wie in England üblich, nur noch für Zubereitungen aus Zitrusfrüchten verwendet werden.
Unten stehende Tabelle gibt über die Anforderungen der Mindestmenge an Frucht und löslicher Trockenmasse Auskunft. Unter der löslichen Trockenmasse wird die Menge an in Wasser löslichen Feststoffen (Zucker, Säuren, Pektin, Salze, usw.) in 100 g des Erzeugnisses verstanden.
Konfitüre extra |
Pro 1000 g Erzeugnis beträgt die Mindestmenge an Frucht, Saft oder wässrigem Auszug 450 g, die lösliche Trockenmasse mind. 60 %. Bestimmte Fruchtarten wie schwarze Johannisbeeren, Hagebutten, Quitten, Ingwer, Kaschuäpfel und Passionsfrüchte sind ausgenommen. Hier ist die Mindestmengenanforderung an Frucht geringer. |
Konfitüre einfach |
Der Mindestgehalt an Frucht, Saft oder wässriger Auszug bei 1000 g Erzeugnis beträgt 350 g (Ausnahmen wie bei Konfitüre und Gelee extra) und mind. 60 % lösliche Trockenmasse. |
Marmelade |
Streichfähige Zubereitung aus Zuckerarten und Pülpe, Mark, Saft, wässrigen Auszügen oder Schalen von Zitrusfrüchten unter Verwendung von mindestens 200 g Zitrusfrüchten. Die Zubereitung muss eine lösliche Trockenmasse von mind. 60 % aufweisen. |
Weiterhin gibt es bei den Zutaten diverse Unterschiede zwischen den einzelnen Erzeugnissen, die in der Zutaten-Zulassungs-Verordnung geregelt sind. So darf, um nur eine Unterscheidung herauszugreifen, bei Konfitüre extra und Gelee extra nur Pektin als Verdickungsmittel verwendet werden. Bei den restlichen süßen Brotaufstrichen sind auch Carragene, Johannesbrotkernmehl, Guarkernmehl und andere zulässig.
Stimmt die Trockenmasse des Endproduktes oder die Mindestmenge an Frucht nicht mit der Definition für Konfitüren-, Gelee- und Marmeladearten überein, so handelt es sich um einen Fruchtaufstrich. Diese Bezeichnung gilt aber auch für Produkte, die mit anderen Zuckerarten als in der Zuckerarten-Verordnung definiert, gesüßt sind. Werden also andere Zuckerarten als raffinierter Weißzucker, Halbweißzucker, Invertzuckersirup oder Traubenzucker verwendet, z.B. Fruchtzucker, Rohzucker, Ahornsirup, Agavendicksaft oder auch Honig, so fallen diese Produkte ebenfalls unter den Begriff Fruchtaufstrich.
In der Regel haben diese Erzeugnisse einen geringeren Zucker- und einen höheren Fruchtanteil. Dies hat zur Folge, dass aufgrund des fehlenden Zuckers die Konservierung reduziert ist und folglich die Erzeugnisse eine geringere Haltbarkeit aufweisen. Weiterhin müssen sie nach dem Öffnen im Kühlschrank aufbewahrt und in Kürze aufgebraucht werden. Durch einwandfreies hygienisches Arbeiten kann aber auch hier ein Haltbarkeitszeitraum von einem Jahr erreicht werden. Da nach einem Jahr die neue Ernte ansteht und in der Regel frisch hergestellte Erzeugnisse einen größeren Genuss darstellen, ist eine längere Haltbarkeit auch nicht notwendig.
Variationsmöglichkeiten bei der Herstellung verschiedener Aufstricharten
Es gibt sehr viele Variationsmöglichkeiten bei der Herstellung dieser Erzeugnisse und im speziellen bei der Herstellung von Fruchtaufstrichen, da weder die Zuckermenge noch die Zuckerart festgelegt ist. Als Süßungsmittel können anstelle des üblich verwendeten weißen Kristallzuckers auch Brauner Zucker, Rohr-, Roh-, Voll- oder Kandiszucker, Traubenzucker, Honig, Ahornsirup, Agavendicksaft oder für Diabetikerkonfitüre Fruchtzucker oder Zuckeraustauschstoffe wie z.B. Sorbit verwendet werden, um nur einige zu nennen.
Abbildung: Verschiedene Süßungsmittel (v.l.n.r. Gelierzucker, Kristallzucker, |
Manche dieser Zuckerarten bringen einen typischen Eigengeschmack mit, der bei richtiger Dosierung das Erzeugnis geschmacklich erweitern kann, ohne den typischen Fruchtgeschmack zu beeinträchtigen.
Weiterhin ist bei der Verwendung anderer Zuckerarten als Weißzucker zu beachten, dass diese unterschiedliche Süßkraft besitzen (siehe Tabelle). Eine 10 %ige Fructoselösung süßt z.B. 1,2 mal stärker als eine 10 %ige Saccharoselösung.
Tabelle: Süßkraft verschiedener Zuckerarten (jeweils 10 %ige Lösung in Wasser), bezogen auf Saccharose |
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Saccharose |
100 |
Glucose |
69 |
Fructose (Fruchtzucker) |
120 |
Sorbit |
45 |
Auch bei den Gelierhilfen gibt es Variationsmöglichkeiten. Es können die im Handel üblichen Gelierzucker [Gelierzucker 1:1 (zu einem Teil Frucht wird ein Teil Gelierzucker gegeben), Gelierzucker 2:1 (zu zwei Teilen Frucht wird ein Teil Gelierzucker gegeben), Gelierzucker extra, Spezial-Gelierzucker] verwendet werden. Diese Produkte enthalten neben Raffinadezucker das Geliermittel Pektin und das Säuerungsmittel Zitronensäure; die Variante 2:1 enthält zusätzlich den Konservierungsstoff Sorbinsäure.
Bei der Verwendung dieser fertig zusammengestellten Gelierzucker ist die Zuckerart und die Zuckermenge genau festgelegt. Es gibt jedoch die Möglichkeit, in Reformhäusern, Naturkostläden und vergleichbaren Geschäften die Gelier- und Verdickungsmittel Apfel- oder Citruspektin, Agar-Agar, Johannisbrotkernmehl oder Guarkernmehl zu erstehen, um Fruchtaufstriche unabhängig solcher Fertigmischungen herzustellen.
Abbildung: Verschiedene Geliermittel (v.l.n.r. Johannisbrotkernmehl, |
Mit raffinierten Würzungen kann dem Erzeugnis die besondere Note und somit das Individuelle mit ins Glas gegeben werden. Hierbei sind der eigenen Kreativität fast keine Grenzen gesetzt. Wichtig dabei ist, dass die geschmacksverfeinernden Zutaten immer auf das Grundprodukt abgestimmt werden bzw. damit harmonieren müssen.
Häufig verwendet werden die Gewürze Vanille, Zimt, Ingwer, Nelken und Sternanis. Aber auch Brände und Liköre werden gerne als geschmacksverfeinernde Zutaten zugegeben. Sie bringen gleich zwei positive Effekte mit sich: Erstens wird durch den Alkoholgehalt die Haltbarkeit verbessert, zweitens wird der Eigengeschmack unterstrichen.
Auch einige Tropfen Backaroma, z. B. Bittermandel, Zitrone, Orange oder Rum, verleihen Konfitüren und Fruchtaufstrichen eine besondere und lang anhaltende Geschmacksnote.
Ganz außergewöhnliche Erzeugnisse werden durch die Zusätze von Zitronenmelisse, Pfefferminze, Waldmeister, Holunder-, Lavendel- oder Rosenblüten als geschmacksverfeinernde Zutaten erhalten.
Abbildung: Verschiedene Gewürze (v.l.n.r. Zitronensäure, Zitronensaft, |
Herstellung der Erzeugnisse
Gekochte Erzeugnisse:
Die Qualität der Konfitüren und Fruchtaufstriche beruht im wesentlichen auf ihrem Aroma, der Konsistenz, der Erhaltung und Verteilung der Früchte bzw. Fruchtteile und ihrer Farbe.
Diese Eigenschaften werden durch die Auswahl der zugesetzten Stoffe und durch die Art der Durchführung des Kochprozesses und des Abkühlens und Abfüllens beeinflusst.
Um einen Saftverlust zu vermeiden, werden die Früchte zuerst gewaschen, dann entstielt, entsteint oder das Kernhaus entfernt. Anschließend werden größere Früchte in Stücke geschnitten, geraspelt oder sogar püriert. Aprikosen und Pfirsiche können auch zuvor geschält werden, indem sie kurz in kochendes Wasser getaucht und anschließend kalt abgeschreckt werden.
Nun beginnt der Kochprozess
Zum Gelieren wird, wie oben erwähnt, meist Pektin verwendet. Bei der Verwendung der im Handel erhältlichen Gelierzucker wird nach dem Zugeben der Zuckermenge das Ganze für ca. 5 min unter Rühren aufgekocht und heiß in mit heißem Wasser ausgespülte Gläser gefüllt. Nach dem Säubern des Glasrandes werden diese meist mit Twist-Off-Deckeln verschlossen. Es gibt noch weitere Möglichkeiten des Abfüllens und sterilen Verschließens, doch hat sich die oben erwähnte Variante als die praktikabelste herausgestellt.
Um keim- und bakterienbelastete Luft im Glas so gering wie möglich zu halten, sollten die Gläser bis an den Rand gefüllt werden. Durch Umdrehen und kurzweiliges (etwa 30 min) auf den Kopf stellen des Erzeugnisses wird die Luft durch das noch heiße Gut gespült und dabei konserviert. Zusätzlich bewirkt dies eine bessere Verteilung der stückigen Früchte, da der Geliervorgang des Pektins erst beim Abkühlen einsetzt.
Werden keine fertig gemischten Gelierzucker eingesetzt, sollten bei der Verwendung des Geliermittels Pektin einige Dinge beachtet werden, um eine optimale Gelierung zu erreichen:
1. |
Die Geliereigenschaften der einzelnen Fruchtarten sind sehr verschieden. Dies liegt an den unterschiedlichen natürlichen Pektingehalten der Früchte (siehe untenstehende Tabelle). Nach diesen Gehalten richtet sich die Menge des zuzufügenden Pektins, um eine gute Konsistenz zu erreichen.
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2. |
Die optimale Ausbildung eines Gels ist direkt abhängig vom Mengenverhältnis der Bestandteile Frucht, Zuckerarten, Wasser, Säure und Pektin. Da viele Früchte zu wenig Säure aufweisen, ist ein Zusatz von Zitronensäure in Form von Pulver oder Zitronensaft notwendig. |
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3. |
Um ein Zusammenballen und Klumpenbildung des Pektins beim Einrühren in die Früchte zu vermeiden, sollte es zuvor mit einer ca. 10 fachen Menge Zucker fein vermischt werden. |
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4. |
Die Trockenmasse des Erzeugnisses sollte beim Einrühren des Pektins 30 % nicht überschreiten, da ein zu hoher Trockenmassegehalt den Lösevorgang des Pektins beeinflusst und eine unvollständige Auflösung eine schlechte Gelierung bedingt. Beim Einrühren des Pektin-Zucker-Gemisches im Verhältnis von ca. 1:10 bleibt der Trockenmassegehalt unter der kritischen Grenze. |
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Das Abfüllen der Erzeugnisse erfolgt wie oben beschrieben.
Kaltgerührte Erzeugnisse:
Bei diesen Erzeugnissen entfällt der Kochvorgang. Um ein Zusammenbacken des Verdickungsmittels beim Einrühren in die Früchte zu vermeiden, wird es mit dem Zucker vermischt. Dieses Gemisch wird zu den Früchten gegeben und bis zur vollständigen Auflösung des Zuckers (ca. 10 min) gerührt. Das Erzeugnis wird in heiß ausgespülte und hygienisch einwandfreie Portionspackungen abgefüllt. Vor dem Verschließen werden sie eine Zeit lang offen stehen gelassen, damit der eingerührte Sauerstoff teilweise wieder entweichen kann.
Diese Produkte sind bei kühler Lagerung höchstens 1 Woche haltbar, da die Hitzebehandlung fehlt. Sie können jedoch, abgefüllt in Portionspackungen, eingefroren werden. So können auch im Winter frisch schmeckende Fruchterzeugnisse, die sich hervorragend aufs Brot, aber auch zum Einrühren in Milchprodukte eignen, aufgetischt werden. Auch gefrorenes Obst lässt sich sehr gut zu dieser Art der Fruchtaufstriche verarbeiten.
Bei einer Konfitürenherstellung mit Erhitzung finden aufgrund der hohen Temperatur verschiedene physikalische und chemische Umsetzungen statt. Unter anderem wird ein Teil des Weißzuckers in seine Ausgangsstoffe Fructose und Glucose gespalten. Dieser, als Invertzuckerbildung bezeichneter Vorgang, trägt wesentlich zum Geschmack eines gekochten Erzeugnisses bei. Bei den kaltgerührten süßen Aufstrichen fehlen diese Geruchs- und Geschmackstoffe. Dafür bleiben die leicht flüchtigen Aromastoffe der Frucht erhalten, welche bei gekochten Erzeugnissen durch die Einwirkung der Temperatur verloren gehen. Ähnliches erfolgt mit den farbgebenden Substanzen. Durch hohe Temperaturen werden fruchteigene Farbstoffe zerstört, andere neu gebildet, z.B. durch die Karamellisierung des Zuckers. Gekochte Aufstriche weisen deshalb im Gegensatz zu kalt gerührten meist eine dunklere Farbe auf.
Bei den kaltgerührten Erzeugnissen werden bevorzugt die Verdickungsmittel Pektin oder Johannisbrotkernmehl verwendet. Diese quellen im kalten Ansatz. Es findet aufgrund des fehlenden Kochvorgangs keine Gelierung statt. Somit erhalten diese Erzeugnisse eine etwas andere Konsistenz, sie sind musig, nicht geliert und besitzen aufgrund der langen Rührzeit kaum noch stückige Früchte.
Guarkernmehl als Verdickungsmittel bildet Aufstriche mit zäher, fädenziehender Konsistenz und ist deshalb weniger geeignet.
Somit haben wir ein Produkt eigener Art, welches aufgrund der erwähnten Unterschiede zu den gekochten Aufstrichen in Farbe, Konsistenz und Aroma nicht direkt mit diesen verglichen werden kann.
Herstellen macht Freude
Um Fruchtaufstriche herzustellen, bedarf es keiner großen Anschaffungen. Neben einem Kochtopf werden diverse Kochutensilien wie Schüsseln, Waage, Rührlöffel, Schneebesen, Schöpfkelle, Trichter und Gläser benötigt. Ein Herd ist in jedem Haushalt vorhanden. Da für die Aufstriche auch gefrorene Früchte sehr gut verwendet werden können, ist eine Tiefkühltruhe oder -schrank sehr praktisch. Dadurch würde die Notwendigkeit, die Früchte sofort nach der Ernte zu verarbeiten, entfallen.
Wer mag sie nicht, die leckeren, fruchtigen Aufstriche morgens beim Frühstück auf dem Brot? Manche lieben die Konfitüren und Muse nach Großmutters Art, andere sind offen für exotische Varianten. Aufgrund der Vielfältigkeit kann für jeden die richtige Geschmacksrichtung getroffen werden.
Ich wünsche Guten Appetit.