Likörbereitung
Von Dr. G. Röhrig,
Staatl. Lehr- u. Versuchsanstalt für Wein- u. Obstbau
Referat Frucht- u. Brennereitechnologie
E-Mail: guenter.roehrig@lvwo.bwl.de
Die Herstellung von Likören war bereits im 13. Jahrhundert bekannt und hat ihren Ursprung in Italien.
Derzeit sind die Liköre neben Weinbränden die zweitbeliebtesten Spirituosen der Deutschen. Während bei den industriell erzeugten Likören eher ein rückläufiger Trend erkennbar ist, verzeichnen die Kleinerzeuger ein wachsendes Interesse der Verbraucher an individuell hergestellten Likören.
Likörbegriff
Liköre werden als Mischgetränke definiert, die einfach ausgedrückt aus Alkohol, Zucker und geschmacksgebenden Komponenten bestehen. Unter letzterem werden Früchte, Fruchtsäfte, Fruchtteile, Kräuter, Gewürze, natürliche und naturidentische Aromen verstanden. Die rechtlichen Bestimmungen besagen weiterhin, dass der Zuckeranteil im Likör mindestens 100 g/l , bei sog. „Creme-Likören" sogar mindestens 250 g/l betragen muss. Der Alkoholgehalt der Emulsionsliköre , z.B. Eierlikör, muss mindestens 14 %vol, der aller anderen Liköre mindestens 15 %vol betragen. Bei Likören aus Fruchtsaft wird ein Mindestsaftanteil von 20 % verlangt. Fruchtaromaliköre enthalten nur das entsprechende Aroma und sind oft mit Farbstoffen versetzt. Ein Fruchtbrandy wie „Cherry Brandy" muss mindestens 5 Liter 40 %igen Kirschbrand/100 Liter Likör enthalten.
Alkoholarten
Der für den Likör
benötigte Alkohol kann unterschiedlichen Ursprungs sein.
Am besten ist sogenannter Monopolsprit(410) geeignet. Dabei
handelt es sich um industriell erzeugten reinen Alkohol mit einem
Alkoholgehalt von 96 %vol. Erzeugt wird der Reinalkohol in
sogenannten Monopolbrennereien, die ihn auch verkaufen. Die
Verkaufspreise des Alkohols sind je nach Menge gestaffelt; sie
betragen zwischen 20 und 11 € je 5-Literkanne zuzüglich
der gesetzlichen Mehrwert- und Branntweinsteuer von 13,03 € je
Liter Alkohol. Umgerechnet auf eine 0,7 l-Flasche mit 20 %vol
ergäben sich damit Alkoholgrundkosten von maximal 3,87
€.
Betriebe die eine eigene Brennerei betreiben, werden ihren selbst erzeugten Alkohol verwenden wollen, also z.B. Kernobstalkohol, weil er sich billiger erzeugen lässt als Sprit. Das Destillat muss jedoch aufgrund seines Eigengeschmackes mehrmals hochprozentig destilliert oder mit Kohle behandelt worden sein. Zu diesem Zweck gibt man zu einem Liter hochprozentigem Destillat ca. 3 - 5 g Aktivkohle z.B. „Granucol Ge" und lässt diese unter gelegentlichem Rühren maximal einen Tag einwirken. Danach wird die Kohle abfiltiriert.
In gleicher Weise lassen sich Nachläufe verbessern. Nach dem Entfernen der Kohle muss abschließend ein Reinigungsbrand durchgeführt werden, um ein hochprozentiges reineres Destillat zu erzeugen. Vorausgesetzt wird eine gründlich gereinigte Brennanlage. Der vorbehandelte Nachlauf sollte einen Alkoholgehalt von 20 - 30 %vol aufweisen und mit voller Verstärkung gebrannt werden. Normalerweise wird kein oder nur wenig Vorlauf anfallen; den Mittellauf lässt man bis ca.70 %vol laufen; der danach anfallende schlechtere Alkohol wird zum Abliefern benützt. Je neutraler der Alkoholcharakter, um so typischer und reintöniger können sich die Liköraromen entwickeln. Der aus dem Reinigungsbrand erhaltene Alkohol kann auch noch mit Primasprit verschnitten werden.
Eine noch bessere Likörqualität erhält man bei einem Kirschlikör z.B. durch Mitverwendung von gutem Kirschwasser. Auch sauber gebranntes Weindestillat lässt sich für Liköre mit ausdrucksstarkem Fruchtaroma verwenden.
Zuckerarten
Zur Erzielung einer für Liköre typischen Süße muss Zucker zugesetzt werden. Im Normalfall wird Weißzucker(Haushaltszucker) in Form der Raffinade verwendet. Zur besseren Löslichkeit sollte die Körnung mittel oder fein sein. Zucker löst sich in Wasser bzw. Saft besser als in alkoholischen Lösungen. Im Fachhandel sind auch 10 Liter Gebinde mit flüssigem Invertzucker( 72,7 %mas) erhältlich.
Will man sich die Zuckerlösung selbst herstellen, verfährt man wie folgt: |
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Zu 450 ml Wasser gibt man 1 g Zitronensäure und erhitzt das Wasser; dann gibt man 1 kg Kristallzucker unter Rühren zu und kocht 15 Minuten. Der Schaum wird abgeschöpft und der Flüssigzucker in einen Messbecher umgefüllt; nach dem Abkühlen sollte sich 1 Liter Zuckerlösung ergeben, ansonsten mit Wasser nachfüllen. Zur besseren Haltbarkeit empfiehlt es sich die Lösung möglichst kühl zu lagern. |
Soll der Likör eine sämige Konsistenz erhalten, besorgt man sich zusätzlich Glucosesirup( ca. 80 %mas), der zudem eine geringere Süßkraft als Zucker aufweist. Grundsätzlich erlaubt wären auch karamelisierter Zucker, Honig, Vanillinzucker, RTK und Traubenmostkonzentrat.
Verarbeitung der Früchte
Liköre aus einheimischem, selbst erzeugtem Obst stehen in der besonderen Gunst der Verbraucher. Es wird entweder die ganze Frucht, der Saft aus den Früchten, der Fruchtwein sowie alkoholische Auszüge aus den Pressrückständen zur Likörbereitung verwendet.
Die Früchte sollten vollreif jedoch nicht überreif sein, da letzteres zu nicht erwünschten Aromaveränderungen führt. Auch bereits angegorene Früchte lassen sich verwenden.
Besonders gut geeignete Likörfrüchte sind schwarze Johannisbeeren, Himbeeren, Sauerkirschen, Williams Christ Birnen, Quitten, aber auch Brombeeren, Heidelbeeren, Vogelbeeren und Schlehen.
Saftgewinnung
Grundlage eines fruchtigen Likörs sollte der enstprechende Fruchtsaft sein. Zur Saftgewinnung werden die Früchte gewaschen (außer bei weichem Beerenobst), entstielt, nach Bedarf entsteint, mit einer Mühle zerkleinert oder gequetscht und danach z.B. mit einer Korbpresse oder Wasserdruckpresse ausgepresst.
Der Zusatz von pektolytischen Enzymen(Pektinasen) zur Maische verbessert zum einen die Saft- und Extraktausbeute, bei Beeren- und Steinobst auch die Farbausbeute, was von erheblicher Bedeutung für einen ansprechenden Likör ist.
Die Fruchtmaische sollte zu diesem Zweck 20-25 °C aufweisen; dann wird das Enzym nach Anleitung dosiert und etwa 4 bis 6 Stunden einwirken gelassen, danach wird abgepresst. Wird die Maische nicht behandelt, muß unbedingt der abgepresste Saft enzymiert werden, um die Pektinstoffe abzubauen, die zu einem späteren Zeitpunkt im Likör zu Ausfällungen und Trübungen führen können. Des weiteren verursachen die Fruchtpektine eine deutlich schlechtere Filtrierbarkeit des Likörs.
Frische Säfte besitzen ein ausgeprägteres Aroma als bereits einmal erhitzte (pasteurisierte) Säfte. Durch zu intensives Erhitzen nehmen manche Säfte einen Kochton an, der zu Qualitätseinbußen führt.
Besonders bei gerbstoffreichen Früchten wie Schlehen oder auch Quitten sollten die Säfte einer Schönung unterzogen werden, um erstens die Geschmacksqualität zu verbessern, zum anderen, um den Likör vor Nachtrübungen zu bewahren. Zur Entfernung von Gerbstoffen wird Gelatine, für Eiweißstoffe Bentonit verwendet. Leider erfordert die Durchführung einer Schönung ein erhebliches Maß an Erfahrung.
Liköre auf Fruchtweinbasis
Fruchtweine lassen sich entweder durch Vergärung der Fruchtmaische oder des Saftes herstellen. Maischegärung wird in erster Linie bei Beeren- u. Steinobst angewandt, wenn keine Enzymbehandlung der Maische erfolgen kann. Es empfiehlt sich Reinzuchthefe zuzusetzen, um eine reintönige Gärung zu erhalten. Weitere Zusätze wie Schwefel oder eine Zuckerung sind nicht erforderlich. Nach einer Gärzeit von 5-7 Tagen wird die Maische abgepresst. Eine angesäuerte "Brennmaische" kann selbstverständlich für die Likörbereitung keine Verwendung finden.
Bei Erdbeeren, Pfirsichen, Aprikosen und Citrusfrüchten ist der Weg der Vergärung nicht empfehlenswert, da das zarte Aroma dabei teilweise zerstört wird.
Liköre aus Fruchtweinen weisen aufgrund der Gärungsprodukte ein anderes Aroma auf als reine Fruchtsaftliköre.
Ansetzen von Früchten
Diese Form der Likörbereitung ist die älteste und wird besonders im häuslichen Bereich praktiziert. Der Vorteil ist, dass die Früchte nur grob zerkleinert und anschließend mit einem Alkohol übergossen werden müssen. Der Vorgang der anschließend einsetzt, wird Extraktion oder auch Mazeration genannt, dabei werden die wichtigen Geschmacks- und Farbstoffe, die unter der Fruchthaut in den Fruchtstückchen sitzen durch den Alkohol herausgelöst. Auch Pressrückstände lassen sich derart nachbehandeln, wobei aber darauf hingewiesen werden muss, dass der erhaltene Extrakt unter Umständen stärker von Gerbstoffen geprägt sein kann.
Der Alkoholzusatz besteht in vielen Rezepten aus handelsüblichem Korn, Wodka, Gin, Obstwasser, Weinbrand oder auch Rum. Es sollte möglichst hochprozentiger Alkohol verwendet werden, da dieser die Aromastoffe besser „auszieht" und sich damit die Qualität verbessern lässt. Mit Alkohol angesetzte Früchte haben den Vorteil, dass sie haltbar sind. Bereits nach 2 bis 3 Wochen kann der Ansatz über ein Seihtuch abfiltriert oder abgepresst werden. Ein zu langes Stehen lassen, besonders in der Wärme, führt zum Braunwerden der Früchte und zu Aromaverlusten.
Likörherstellung
Die nachfolgende Übersicht zeigt noch einmal schematisch die verschiedenen Möglichkeiten der Likörherstellung aus Früchten:
Saft + Alkohol + Zucker |
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Saft + Tresterauszug + Alkohol + Zucker |
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Wein + Alkohol + Zucker |
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Saft + Wein + Alkohol + Zucker |
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Angesetzte Früchte + Alkohol + Zucker |
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Saftkonzentrat + Aroma + Alkohol + Zucker |
Je nachdem welche Ausgangsmaterialien gemischt werden, wird auch der Likörcharakter entsprechend geprägt. Hilfreich für die Herstellung sind immer Rezepte; man findet sie in speziellen Likörbüchern aber auch in vielen Kochbüchern und Zeitschriften. Will man selbst Rezepte zusammenstellen, kann dies nach dem Schema in Tabelle 1 geschehen, in der zwei Mischungsbeispiele für einen 25 %igen Fruchtsaftlikör gezeigt werden.
Tabelle 1: Likörmischungen
Zutaten |
Beispiel 1 |
Beispiel 2 |
Primasprit |
259 ml |
259 ml |
Zucker(250 g) |
156 ml |
156 ml |
Saft |
400 ml |
ca. 585 ml |
Wasser |
ca. 185 ml |
- |
Gesamt |
1000 ml |
1000 ml |
Von besonderer Bedeutung ist der Fruchtanteil z.B. in Form des Saftes. Er sollte 40 bis 60 % des Likörs ausmachen, denn er verleiht dem Likör die entsprechend typische Fruchtnote.
Der Zuckeranteil kann je nach Geschmacksrichtung zwischen 100 und 400 g/l schwanken. Er setzt sich zum einen aus dem in der Frucht enthaltenen natürlichen Zucker und dem zugesetzten Zucker zusammen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch der Säuregehalt des Saftes. Ist er hoch genug kann mit mehr Zucker gearbeitet werden. Zu süße Liköre sollten jedoch vermieden werden, da sie nicht im Trend liegen.
Der zugesetzte Alkohol stabilisiert die Mischung, so dass es zu keinen mikrobiologischen Veränderungen z.B. in Form von Gärung oder Schimmelbefall kommen kann. Er wirkt sich aber auch aromaverstärkend auf den Likör aus. Üblich sind Alkoholgehalte zwischen 18 und 30 %vol. Die Menge des benötigten Alkohols lässt sich auch rechnerisch nach folgender Formel ermitteln:
gewünschter
Alkoholgehalt(%vol) |
Besteht ein Rezept aus mehreren alkoholhaltigen Komponenten, müssen die Alkoholanteile jeweils berücksichtigt werden.
Am einfachsten lassen sich Liköre bereiten, wenn man sich mit seinen Vorstellungen an einen Essenzenhersteller wendet. Diese Firmen wirken beratend und stellen auch aus selbst erzeugtem Alkohol und anderen Komponenten einen Musterlikör her.
Beim sogenannten „Ausmischen" werden dann die einzelnen Komponenten des Likörs vermischt. Zucker sollte besser im Saft- bzw. Wasseranteil restlos gelöst werden, erst dann den Alkoholzusatz vornehmen, da sich Zucker in hochprozentigem Alkohol schlecht löst. Den Likör lässt man danach einige Tage ruhen, damit er sich ausbauen kann. Nach erneutem Probieren wird entschieden, ob eine weitere Korrektur notwendig ist.
Bevor der Likör abgefüllt wird, muß der genaue Alkoholgehalt ermittelt werden. Am einfachsten ist es, wenn eine Durchschnittsprobe an ein analytisches Labor gegeben wird. Brennereien die ein sogenanntes Probedestilliergerät zur Bestimmung der Alkoholausbeute besitzen, können nach einer speziellen Anleitung auch den Alkoholgehalt von Likören bestimmen. Die dazu notwendige Zusatzausrüstung ist beim Hersteller erhältlich. Die Abweichung vom zu deklarierenden Alkoholgehalt darf maximal ± 0,3 %vol betragen. Werden z.B. 18,7 %vol festgestellt, kann der Etiketteneindruck 18,5 % oder auch 19,0 %vol gewählt werden.
Spirituosen werden vor der Filtration auf Temperaturen von unter Null Grad gekühlt und nach einer Einwirkungszeit kalt filtriert. Auf das Kühlen der Liköre kann nur dann verzichtet werden, wenn die Ausgangsstoffe bereits blank filtriert waren und Primasprit zugesetzt wurde. Je nach Zuckeranteil und Sämigkeit des Likörs reicht eine Blankfiltration zur Entfernung der feinen Trubteilchen aus. Der Likör wird unsteril auf Spirituosenflaschen(0,35/0,5/0,7 l) abgefüllt und anschließend je nach Mündung mit Schraubverschluss oder Griffkorken verschlossen. Wichtig ist, dass bei ungesicherten Verschlüssen zusätzlich eine Schrumpfkapsel angebracht wird.
Likörkennzeichnung
Je nach verwendetem Ausgangsmaterial wird an die Obstart das Wort Likör angehängt, also z.B. Himbeer-Likör, Apfel-Likör.
Des weiteren müssen auf dem Etikett deklariert werden:
der Name, die Adresse des Abfüllers |
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die Füllmenge in Milliliter oder Liter (Schrifthöhe 4mm) |
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der Alkoholgehalt in %vol |
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die Los-Nummer |
Mit der Losnummer wird eine Produktionscharge gekennzeichnet. Jede Füllpartie auch wenn mehrmals derselbe Likör jedoch zu verschiedenen Terminen abgefüllt wurde, muss eine neue Losnummer erhalten; dazu dürfen beliebige Zahlen/Buchstaben-Kombinationen wie z.B. L 1A05 verwendet werden. Es ist ratsam eine Liste mit den jährlichen Abfüllungen zu erstellen.
Die Herstellung eines Likörs lässt sich vergleichen mit der Bereitung eines guten Essens. Entscheidend sind die Zutaten, deren Qualität und in welchen Mengen sie eingesetzt werden. „Ein Meister fällt selten vom Himmel", das wissen wir alle und entsprechend ist es bei der Likörbereitung, ohne gewisse Erfahrungen lassen sich keine Spitzenerzeugnisse herstellen.