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Der Rebschnitt 2001 steht vor der Tür -
die Steuerungsmöglichkeiten nutzen

Der Schrägbogen hat sich sowohl in pflanzenbaulicher als auch arbeitswirtschaftlicher Hinsicht bewährt

Von Rolf Fox
LVWO Weinsberg
E-mail:
rolf.fox@lvwo.bwl.de


Das Jahr 2000 hat uns wiederum gezeigt, dass die letztendlichen Erntemengen dominant vom Witterungsverlauf der Vegetationszeit einschließlich der Reifezeit geprägt werden. Waren die Aussichten auf einen mengenmäßig weit überdurchschnittlichen Ertrag aufgrund hoher Fruchtbarkeit bis kurz nach der Blüte noch extrem hoch, so dämpfte die anhaltend trocken-heiße Witterung kurz nach der Blüte zunächst die Erwartungen. Mit den einsetzenden Niederschlägen in der Beerenwachstumsphase stiegen die Mengenerwartungen extrem an, und es wurde verbreitet zur Ertragsreduktion durch Entfernung von Trauben (Sicherung der Qualität sowie zur Mengenbegrenzung) aufgerufen.

Die anhaltend günstigen Bedingungen für das Beerenwachstum führten in der Folge zu sehr kompakten Trauben mit frühzeitigem Reifebeginn, aber auch Botrytisbefall sowie in Verbindung mit den hohen Temperaturen und der relativ rasch fortschreitenden Reife vielfach zum Essigstichigwerden. Hiervon waren naturgemäß die frühreifen, dichtbeerigen Sorten - insbesondere die Burgunderarten - am stärksten betroffen. Bei der Lese mußte deshalb in diesem Jahr sehr gezielt vorgegangen und der nicht verwertbare Anteil verworfen werden. Dies führte letztlich im Durchschnitt zu Erträgen im Bereich der Hektarhöchstertragsregelung und "warf somit die vorhergehenden Prognosen über den Haufen".

Wenn auch "Gott lenkt und der Mensch n u r denkt", so haben sich doch die pflanzenbaulichen Maßnahmen, was den Rebschnitt angeht - nämlich verhaltener wuchs- und sortenangepasster Anschnitt - als richtig erwiesen.

Fruchtbarkeitpotenzial auch 2001 hoch

Nach der Bilderbuchwitterung während des Triebwachstums, also zur Zeit der Knospenausbildung, ist erneut mit überdurchschnittlicher Fruchtbarkeit bereits an den basalen Knospen zu rechnen. Die witterungsbedingt hohe Vitalität der Reben sowie die günstigen Bedingungen während der Trauben- und Holzreife mit spätem, natürlichem Laubfall, lassen auf eine gute Reservestoffeinlagerung und vollständigen Austrieb im nächsten Jahr schließen. Dies stabilisiert in Verbindung mit dem verbreitet überdurchschnittlichen Mostgewicht die potenzielle Fruchtbarkeit. Daneben ist damit zu rechnen, daß sich die in den letzten Jahren leicht erhöhte N-Düngung sowie das teilweise "Öffnen" der Böden vitalitäts- und damit ertragsfördernd auf das Folgejahr auswirken. Vor dem Hintergrund der Streßsituationen vorhergehender Jahre war diese "Vitalitätsförderung" trotz der Probleme im Jahr 2000 sicher richtig, jedoch dürfen auch "die Folgen für die Zukunft", d. h. das nächste Jahr, nicht übersehen werden.

Verhaltener Anschnitt angezeigt

Wenn auch im Jahr 2000 seltener als 1999 Übermengen auftraten, so ist dennoch am Weinmarkt kaum eine Entspannung erkennbar. Dies spricht neben dem Aspekt der Qualitätssicherung und der Vermeidung von Arbeitsaufwand für Ertragsregulierungsmaßnahmen für einen verhaltenen Anschnitt.

Allgemein stellen die seitherigen Erträge der einzelnen Parzellen eine gewisse Richtschnur für das zukünftig zu erwartende Ertragspotenzial dar und geben deshalb wertvolle Hinweise, ob kürzer oder länger angeschnitten werden sollte.

Nachdem "die Natur" im Jahr 2000 vielfach selbst den zunächst übergroßen Behang reduziert hat und allein deshalb kaum Übermengen entstanden sind, sollten wir unter diesem Eindruck nicht durch längeren Anschnitt ein noch größeres Ertragspotenzial und damit Übermengen, geringere Qualitäten und hohen Aufwand für Ertragskorrekturen "vorprogrammieren".

Aus pflanzenbaulicher Sicht bietet es sich wiederum an, Sorten wie Trollinger, Lemberger, Kerner und Müller-Thurgau mit ihrer hohen Fruchtbarkeit am langen Bogen eher auf zwei kürzere oder sogar einen, allenfalls mittellangen Bogen zu schneiden. Dies begrenzt einerseits die Fruchtbarkeit und verbessert andererseits das Blatt-/Fruchtverhältnis. Auch der Anschnitt von Bogen und kurzem Strecker hat sich in dieser Hinsicht in der Vergangenheit als vorteilhaft erwiesen.

Wie aus Anschnittversuchen hervorgeht, steigt der Ertrag bei den reich tragenden Sorten Trollinger, Lemberger, Kerner und Müller-Thurgau mit zunehmender Augenzahl deutlich stärker an als bei Riesling. Die Burgunderarten dürften hier eine Mittelstellung einnehmen, bei sehr fruchtbaren Klonen/Standorten/Jahren jedoch eher den reich tragenden Sorten zuzurechnen sein. Dies spricht auch hier für eine reduzierte Augenzahl. Bei jüngeren, besonders ertragreichen Beständen hat sich der Anschnitt lediglich eines längeren Bogens und die Formierung als Schrägbogen – siehe Darstellung 1 – bei Riesling, den Burgunderarten, aber auch dem Lemberger als günstig erwiesen. Unter dem Gesichtspunkt der Mengenbegrenzung wurden auch Kerner und Müller-Thurgau auf einen Bogen angeschnitten, was sich auch hier naturgemäß als besonders qualitätsfördernd ausgewirkt hat.

Zu kurzer Anschnitt in vitalen Beständen birgt, wie uns das Jahr 2000 wiederum eindeutig gezeigt hat, die Gefahr zu starken Wuchses, großer Beeren mit ungünstigem Verhältnis Schale zu Fruchtfleisch, kompakte Trauben und erhöhter Botrytisgefahr in sich. Dies bedeutet, daß sich der Anschnitt insbesondere auch an der Wuchsentwicklung der Anlage oder auch des Einzelstockes orientieren muß und zunächst "andere Maßnahmen" zur Steuerung der Vitalität und damit dem Fruchtbarkeitspotenzial ergriffen werden müssen.

Umgekehrt dürfen schwach wachsende Bestände oder einzelne Stöcke nicht überlastet werden, denn unter solchen Bedingungen kommt es zu extrem schlechtem Blatt-/Fruchtverhältnis und ausgeprägter Menge-/Gütebeziehung, d. h. Qualitätsabfall.

Bei jungen Anlagen besteht aufgrund ihrer hohen Fruchtbarkeit eine besonders hohe Gefahr der Überlastung mit nachhaltig negativen Folgen für den Rebstock selbst. Hier empfiehlt sich deshalb besondere Zurückhaltung beim Anschnitt.

Augen auszählen

Um der Gefahr einer zu hohen Augenzahl vorzubeugen, empfiehlt es sich bei verschiedenen Sorten, jungen wie alten Anlagen mit meist abweichenden Wuchsstärken, eine gewisse Anzahl von Stöcken genau auszuzählen und anschließend entsprechend vorzugehen. Dadurch besteht weniger die Gefahr der Überlastung von schwach wüchsigen Anlagen bzw. einzelnen Stöcken mit ihren geringeren Internodienabständen. Gerade hier sollte ein sachgerechter Anschnitt – kontrolliert durch Auszählung – zu einer physiologischen Ausgeglichenheit der Reben beitragen.

Wird sehr kurz oder lediglich auf 1 Bogen angeschnitten, so ist es, zumindest bei frühem Schnitt, in frostgefährdeten Lagen sowie bruchgefährdeten Sorten, sinnvoll eine Reserverute stehen zu lassen. Dies mindert das Risiko und beugt einem eventuellen physiologischen Ungleichgewicht durch Bruch der einzigen, vorhandenen Rute vor.

Aus Tabelle 1 gehen die allgemeinen Anschnittempfehlungen mit dem Produktionsziel Normalerträge bei guter Qualität hervor. Für Premiumqualitäten bietet es sich an, ältere Anlagen mit geringerer Wuchsstärke in überdurchschnittlichen Lagen eher etwas kürzer anzuschneiden. Eine Korrektur über Traubenausdünnung zum richtigen Termin sowie möglichst später Lese in Verbindung mit zeitiger Auslichtung der Traubenzone trägt dazu bei, die gewünschte Premiumqualität zu erzielen.

Tabelle1:

Anschnittempfehlung

Rebsorte

Augen/m²

bei 2 Ruten = Augen/Rute*

1. Riesling-Gruppe

Riesling

6 – 7

7 - 9

Traminer

6 – 8

7 - 10

 

2. Müller-Thurgau-Gruppe

Müller-Thurgau

4 – 6

5 – 7

Kerner

4 – 6

5 – 7

Spätburgunder/Ruländer/Samtrot

5 – 7

6 – 9

Schwarzriesling

5 – 7

6 – 9

Lemberger

6 – 8

7 – 10

 

3. Silvaner-Gruppe

Silvaner

4 – 6

5 – 7

Portugieser

5 – 6

6 – 7

Trollinger

5 – 7

6 – 9

Dornfelder

4 - 6

5 – 7

1 = weniger fruchtbare Sorten
3 = besonders fruchtbare Sorten mit stark ausgeprägter Menge-/Gütebeziehung

Auf tiefgründigen, besonders fruchtbaren Standorten in Verbindung mit reichtragenden Klonen, kann die jeweils niedrigere Zahl noch zu hoch sein.

*= bei einem Standraum von 2,5 m²/Stock  (z. B. 2,0 x 1,25 m bzw. 1,6 m x 1,6 m)


Es ist leichter zu wissen, wie man es tun soll, als es zu tun. Ob es letztendlich richtig war, wissen wir im Weinbau erst nach dem Herbst.

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