Sympathische Botschafter mit
Gastgeber-Qualitäten
Ein Status quo zum
Weintourismus in Württemberg
Evelyn Schmidt
LVWO Weinsberg
Projektkoordination Wein und Tourismus
Die deutschen Weinregionen sind gefragte Urlaubsziele. Angebote rund um Wein, Kultur und Kulinarik bereichern Reisekataloge und Regionen, und geben dem deutschen Wein ein neues Gesicht. Eine Entwicklung, die für gute Stimmung in der Branche sorgt.
Die Aussichten für Wein und Tourismus sind vielversprechend. Der Deutschlandtourismus ist ein ökonomischer Riese. Pro Jahr werden nach Schätzungen des Deutschen Tourismusverbandes Bruttoumsätze in Höhe von über 200 Milliarden Euro verzeichnet.
Die Deutschen sind Weltmeister im Reisen und verbringen den Urlaub am liebsten im eigenen Land. Deutschland hat für Urlauber und Ausflügler einiges zu bieten. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist stimmig, Standards und Servicequalität sind im Vergleich zum Ausland hoch. Davon profitieren auch die Weinregionen. Weingenuss und Kulinarik sind zudem als Freizeitaktivität und Urlaubsmotive gefragter denn je.
Urlaubsziel: Württemberg
Wein und Tourismus ist ein junges Thema in Württemberg. Die
Region gehörte bei Weintouristen bisher noch nicht zu den
klassischen Urlaubszielen. Seit einigen Jahren nehmen Anfragen nach
Weinreisen und Urlaubsarrangements in Verbindung mit Wein jedoch
zu. Der Weintourismus in Württemberg bekommt Dynamik.
Viele Weingüter und Weingärtnergenossenschaften haben
sich auf Weinurlauber und Gäste eingestellt. Sie bieten
thematische und kulinarische Weinproben, kreative Wein-Events und
Kulturveranstaltungen, geführte Weinwanderungen und
Kellerführungen. Die Öffnungszeiten von Weinverkauf und
Vinotheken haben sich an die Bedürfnisse der Gäste
angepasst.
Ausschankhütten in den Weinbergen nehmen zu und sind
Attraktionen und beliebte Plätze für Ausflügler und
Einheimische.
Die Tourismusverbände, Kommunen und Städte greifen das
Thema Wein durch neue Reiseangebote und Gästeführungen
auf. Spezielle Weinwander- und Radwanderwege werden entwickelt und
überregional zusammengeführt. Neue Weinerlebnispfade und
weinbezogene Freizeitangebote sind in Planung und Aufbau. Auf den
bekannten Weinrouten, wie beispielsweise dem "Wein Panorama Weg in
Heilbronn“, werden geführte Touren angeboten. Die
ausgeschilderten Wege in den Weinbergen haben sich bei
Spaziergängern, Wanderern, Joggern, Mountainbikern und
Nordic-Walkern fest etabliert.
Bild 1: Wein lässt sich mit vielen Themen verknüpfen.
Aktivitäten wie Wanderungen oder Bootstouren sind bei
Weintouristen beliebt
Initiativen wie die "Häuser der
Baden-Württemberger Weine" geben seit Jahren Impulse für
die Weinkompetenz der regionalen Gastronomen und setzten
Qualitätsstandards.
Qualitätszeichen wie "Urlaub auf dem Winzerhof" sind in
Württemberg zu Hause und weisen Weintouristen den Weg zu
ausgezeichneten Unterkünften. Seit 2009 werden Weinfeste und
Besenwirtschaften zertifiziert. Hinter den Qualitätssiegeln
stehen definierte und geprüfte Standards. Sie geben dem Gast
wichtige Orientierungshilfen und stellen das
Qualitätsbewusstsein und die Servicebereitschaft der Anbieter
in den Vordergrund.
Wein- und Tourismuswirtschaft fördern weintouristische
Projekte durch zahlreiche Initiativen in den Regionen. Synergien
inklusive.
Büffeln für den Weintourismus
Die Qualifizierung von weinkompetenten Gästeführern
ist ein wichtiger Baustein in der Entwicklung des
Weintourismuskonzeptes in Württemberg.
Seit 2008 wird in Zusammenarbeit mit dem Weininstitut
Württemberg und der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt
für Wein- und Obstbau Weinsberg die "Ausbildung zum/zur
Weinerlebnisführer/in Württemberg" durchgeführt. Die
ersten 25 Weinerlebnisführer haben ihre Ausbildung mit Erfolg
abgeschlossen. Der zweite Kurs läuft seit September mit 26
Teilnehmern. Ein dritter Kurs startet im Mai dieses Jahres.
Die Ausbildung umfasst etwa 150 Stunden. Themenschwerpunkte sind
Weinbau, Kellerwirtschaft, Sensorik, Ökologie, Flora, Fauna,
Weinbaulandschaften, Didaktik und Kommunikation. Neben Seminaren
stehen Workshops, Exkursionen und praktische Übungen auf dem
Programm. Der Lehrgang richtet sich insbesondere an Stadt- und
Gästeführer/innen und Natur- und
Landschaftsführer/innen aus den Gemeinden und Regionen sowie
Unternehmen und Beschäftigte der Weinwirtschaft.
Hoch qualifizierte Dozenten der Weinbauschule Weinsberg, vom
Deutschen Weininstitut, der Hochschule Heilbronn, den regionalen
Tourismusverbänden und aus Betrieben der Weinwirtschaft
gestalten den Lehrplan. Die Ausbildung schließt mit einer
mündlichen und schriftlichen Prüfung und einer
Hausarbeit.
Das Durchschnittsalter der Teilnehmer liegt bei 45 – 50
Jahren, viele kommen aus einem Weinbautrieb, andere Berufsgruppen
sind vertreten, fast drei Viertel sind Frauen. Sie kommen aus den
Regionen Heilbronner Land, Hohenlohe und Remstal, sowie den
Weinstädten Heilbronn und Stuttgart.
Die Begeisterung für Wein und Region ist das verbindende
Element der Gruppe. Es sind engagierte, kreative
Persönlichkeiten mit viel Talent und dem Blick für
Württemberg.
Weinerlebnisse auf dem Vormarsch
Weinerlebnisführer entwickeln und organisieren
Weinreisen und weinbezogene Erlebnisprogramme. Sie übernehmen
vielfältige Aufgaben der Gästebetreuung in Gemeinden und
Weinbaubetrieben und sind Mittler zwischen Gästen, Weinregion
und Winzern.
Weinerlebnisführer sind qualifizierte und serviceorientierte
Dienstleister, sie vernetzen touristische Angebote und entlasten
die Weinbaubetriebe. Sie sind "nah dran" am Gast und werden dadurch
zu wichtigen Gastgebern und Multiplikatoren für Wein und
Region. Das kommt allen zugute.
Bild 2: Oft unterschätzt - der Weineinkauf als Reiseziel
Erste Erfolge sind sichtbar. Weinbaubetriebe, Städte und
Gemeinden arbeiten mit den Weinerlebnisführern vor Ort
zusammen. Neue Angebote sind bereits in Heilbronn, Gundelsheim und
Großbottwar, bei den Lauffener Weingärtnern, der
Weingärtnergenossenschaft Dürrenzimmern-Stockheim und in
der Felsengartenkellerei Besigheim buchbar. Tendenz steigend.
Einige Weinerlebnisführer bieten neue Weinerlebnistouren in
ihren Betrieben an, wie beispielsweise das Weingut Weihbrecht oder
Schluchter´s Weinstube aus dem Hohenlohekreis, andere, wie die
ZaberGuides oder Weinerlebnis Link im Zabergäu, arbeiten
selbstständig als Gästeführer. Die regionalen
Tourismusverbände sind unverzichtbare Partner. Sie
bündeln, bewerben und vermitteln die Angebote.
Die Weinerlebnisführer sind im Weinerlebnisführer
Württemberg e.V. organisiert. Von der Entwicklung neuer
buchbarer Gästeprogramme und Veranstaltungen bis hin zu einem
eigenen Internetauftritt, Medienarbeit und Messeauftritten reichen
die Vorhaben für 2010.
Erster offizieller Auftritt war die Präsentation auf der CMT
Urlaubsmesse in Stuttgart. Ein voller Erfolg. Die
Württemberger Weinerlebnisse haben die Reiselust der
Messebesucher getroffen.
Mit einer neuen Veranstaltungsreihe unter dem Motto "Sonntags in
Württemberg" wollen sich die Weinerlebnisführer fest
etablieren. An 35 Sonntagen im Jahr erleben Gäste und
Einheimische genussvolle Führungen rund um Wein, Kultur und
Kulinarik. "Dem Lemberger auf der Spur", "Lauffener
Stäffelestour", "Vino Valentino",
"Wengerter-Frühschoppen" u.v.m. machen Lust auf
Württemberg. Alle Termine unter www.weinerlebnistour.de.
Bild 3: Die Weinprobe ist zentrales Element bei Weinreisen und
Erlebnisführungen
Erfolgsfaktoren im Tourismus: Qualität und Kooperation
Tourismus respektive Weintourismus ist eine
Gemeinschaftsleistung, das unterscheidet ihn von anderen Branchen.
Der Gast konsumiert am Urlaubsort ein Bündel an Leistungen: Er
übernachtet auf dem Winzerhof, besucht die Weinstube und ein
Restaurant, nimmt an einer Stadtführung teil, fährt mit
dem Taxi, kauft Wein in der Vinothek, wandert durch die Weinberge,
leiht sich ein Fahrrad, besucht ein Konzert. Der Aufenthalt in der
Weinregion wird zum Gesamterlebnis.
Urlauber von heute sind reiseerfahren und informiert. Wenn es um
die schönste Zeit des Jahres geht, sind sie kritisch und
reagieren sensibel auf Preis und Qualität. Wer Leistungen
für oder am Gast erbringt, trägt zur Gesamtqualität
und zum Image der Region bei.
Qualität, Kooperationen und unverwechselbare Angebote sind Schlüssel zum Erfolg. Wein und Weinberge machen noch keinen Weintourismus. Weinregionen müssen für Gäste erlebbar gemacht, Infrastrukturen geschaffen und neue begehrte Angebote entwickelt werden. Weinbaubetriebe allein können das nicht leisten. Sie brauchen Partner. Dazu gehören Hoteliers, Gastronomen, Freizeit- und Kultureinrichtungen, Touristinformationen genauso wie Taxiunternehmen, Museumsleiter, Bürgermeister und Gäste- bzw. Weinerlebnisführer.
Bild 4: Weintouristen sind auf der Suche nach Genuss und
Wissensvermittlung. Kreative Wein-Events sind gefragt
Die Reise hat längst begonnen. Württemberg befindet sich
mittendrin im Abenteuer Weintourismus.