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Traubenkernöl – wichtige Inhaltsstoffe

 

Dr. Martin Pour Nikfardjam, Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau, Referat Analytik, Traubenplatz 5, 74189 Weinsberg, Tel. 07134/504-170

 

Traubenkerne sind ein wichtiges Nebenprodukt der Weinherstellung; stellen sie doch zwischen 38 und 52% des Tresters bezogen auf die Trockenmasse dar. Insofern liegt es nahe, die Traubenkerne einer weiteren Verwendung zuzuführen. In den letzten Jahren sind daher vermehrt Produkte auf dem Markt zu finden, die aus Traubenkernen hergestellt werden. Hierzu gehören unterschiedliche phenolreiche Extrakte sowie das Traubenkernöl.
 

Traubenkerne enthalten in etwa 15% reines Öl, das durch rein mechanische Verfahren (Kaltpressung) aus den Kernen gewonnen wird. Weitere, die Produktqualität negativ beeinflussende Verfahren, wie eine zusätzliche Lösungsmittel-unterstützte Extraktion mit oder ohne Zuhilfenahme von Wärme, werden erfahrungsgemäß nicht durchgeführt, um das filigrane Aroma und den feinen nussigen Geschmack des Produktes nicht nachteilig zu verändern.
 

Die wichtigsten Inhaltsstoffe des Öls stellen die einzelnen Fettsäuren dar. Traubenkernöl besteht zu etwa 66% aus Linolsäure und zu etwa 16% aus Ölsäure. Bei Linolsäure handelt es sich um eine mehrfach ungesättigte Fettsäure, die aufgrund ihrer chemischen Struktur zum Beispiel von großer Wichtigkeit für den Erhalt der Fluidität der Zellmembran im menschlichen Körper ist. Das Traubenkernöl hat eine ähnliche Fettsäurezusammensetzung wie Sonnenblumen- oder Färberdistelöl, letzteres ist auch bekannt unter dem Namen Safloröl (siehe Tabelle 1).


 

Ölsorte

Ölsäure

( 9-Fettsäure)

Linolsäure

( 6-Fettsäure)

Linolensäure

( 3-Fettsäure)

Vitamin E

Flachsöl

17.200

13.400

55.300

2

Maiskeimöl

31.100

50.000

900

30

Olivenöl

71.700

8.000

950

12

Safloröl

11.400

74.000

470

35

Sesamöl

40.100

42.500

<1.900

4

Sojaöl

20.100

53.400

7.600

15

Sonnenblumenöl

21.900

60.200

500

55

Traubenkernöl

16.200

65.600

480

30

Weizenkeimöl

14.700

55.800

8.900

215

Tabelle 1: Fettsäurezusammensetzung und Vitamin E-Gehalt einiger Speisefette [mg/100g];
Quelle: Souci, Fachmann, Kraut „Lebensmitteltabelle für die Praxis“, 2. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart (1991)
    
Ein weiterer wichtiger Inhaltsstoff des Öls ist das Vitamin E, das als natürliches Antioxidans vor oxidativem Stress schützt, der durch Krankheiten, Stress, UV-Bestrahlung etc. ausgelöst werden kann. Unter Stressbedingungen entstehen sogenannte Radikale, chemische Verbindungen, die aufgrund ihrer aggressiven Reaktivität zu Schädigungen am Erbgut (DNA) führen können. Das Vitamin E stellt einen sehr potenten Schutz gegen diese Schädigungen dar. Auch hier zeigt Tabelle 1, dass die bereits genannten Öle aus Sonnenblumen und Färberdistel in etwa vergleichbare Gehalte besitzen.
 
Traubenkerne sind reich an Phenolen, die in der Fachpresse gerne als OPC („Oligomere Procyanidine“) bezeichnet werden. Auch den OPC werden gesundheitsfördernde Wirkungen ähnlich wie dem Vitamin E zugesprochen. OPC sind ebenfalls wichtige Antioxidantien, die vor Stress-bedingter Bildung von schädlichen Radikalen schützen. Während das Vitamin E aufgrund seiner guten Fettlöslichkeit hauptsächlich gegen fettlösliche Radikale wirkt, wirken die OPC aufgrund ihrer Wasserlöslichkeit gegen wasserlösliche Radikale.
 
Da Traubenkerne reich an OPC sind, wird in vielen nicht-wissenschaftlichen Veröffentlichungen und im Internet vereinfacht davon ausgegangen, dass auch das Traubenkernöl reich an OPC sei. Dem ist aber nicht so. Verschiedene wissenschaftliche Publikationen haben bislang keinerlei Hinweise darauf ergeben können, dass Traubenkernöl nennenswerte Mengen an OPC enthält. Beispielhaft seien die in der Tabelle 2 aufgeführten Ergebnisse einer Untersuchung aus 2005 genannt.
 


Traubenkernöl Nr.

Gehalt an Proanthocyanidinen [mg/100g]

1

0,93

2

0,43

3

1,43

4

1,30

5

1,12

6

1,12

Tabelle 2: Untersuchung verschiedener Traubenkernöle auf ihren Gehalt an Proanthocyanidinen;
Quelle: Pour Nikfardjam et al. (2005) Der Deutsche Weinbau 10, S. 38-39.

 

Auch andere Forschungsgruppen konnten in Traubenkernöl keine nennenswerten Mengen an OPC nachweisen (siehe hierzu auch Quellen 2 und 3). Dies ist bereits durch die chemische Eigenschaft der OPC erklärbar: Da die OPC schlecht fettlöslich sind, kann sich im Öl nur eine sehr geringe Menge wiederfinden lassen.

Als Fazit kann festgehalten werden, dass Traubenkernöl aufgrund seiner Fettsäurezusammensetzung und seines Vitamin E-Gehaltes in etwa den bereits in den Haushalten vielfach verwendeten Ölen aus Sonnenblume und Färberdistel entspricht. Mit seinem feinen, nussigen Aroma eignet es sich insbesondere für solche Speisen, die nicht erhitzt werden und so der edle Geschmack des Öles voll erhalten bleibt. Traubenkernöl enthält jedoch keinerlei nennenswerte Mengen an OPC (Phenolen) und sollte daher in der Werbung nicht als „reich an Procyanidin“ oder „reich an OPC“ beworben werden.

 

Quellen:

Kamel BS, Fawson H, Kakuda Y (1985) Characteristics and Composition of Melon and Grape Seed Oils and Cakes.  Journal of the American Oil Chemists' Society 62 (5), S. 881-883.

Maier T, Schieber A, Kammerer DR, Carle R (2009) Residues of grape (Vitis vinifera L.) seed oil production as a valuable source of phenolic antioxidants. Food Chemistry 112, S. 551-559.

Nakamura Y, Tsuji S, Tonogai Y (2003) Analysis of Proanthocyanidins in Grape Seed Extracts, Health Foods and Grape Seed Oils. Journal of Health Science 49 (1), S. 45-54.

Pour Nikfardjam M, Krupp O, Patz CD, Dietrich H (2005) Procyanidine in Traubenkernöl? Der Deutsche Weinbau 10, S. 38-39.

Souci, Fachmann, Kraut „Lebensmitteltabelle für die Praxis“, 2. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart (1991).

 

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