Vorsicht bei der Phosphatdüngung - Humuszufuhr auch langfristig ermöglichen !
Dr. D. Rupp und R. Fox, Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau Weinsberg
E-Mail: dietmar.rupp@lvwo.bwl.de
Das Lebendige kommt aus dem Lebendigen – auch für die Bodenfruchtbarkeit in unseren Weinbergen ist dieser alte Lehrsatz großteils zutreffend. Organische Substanz, die im Weinbergsboden zu Nährstoffen abgebaut oder zu wertvollen Humusverbindungen umgebaut wird, hat vielfältige positive Wirkungen. Die Bedeutung der Humuswirtschaft für die Weinbergsböden ist in unzähligen Schriften von vielen Seiten beleuchtet worden. Aufgrund düngerechtlicher Vorgaben können sich jedoch Einschränkungen bei der Humusanwendung im Weinbau ergeben.
Humus gibt Struktur und vergrößert den Wasserspeicher
Augenscheinlich ist vor allem die Strukturverbesserung des Bodens durch organisches Material. Stabile Krümel wirken der Verdichtung entgegen und vermindern den Bodenabtrag. Die innige Verknüpfung von Huminstoffen mit den mineralischen Bodenbestandteilen wie z. B. den Tonmineralen ergibt eine Kittsubstanz, die die Porenzusammensetzung von leichten, aber auch von besonders schweren Böden wie beispielsweise der Keuperverwitterungen verbessert. Ein Ergebnis dieser Porenbildung und -stabilisierung ist eine verbesserte Durchlüftung des Bodens auf der einen Seite und eine verbesserte Wasserspeicherung auf der anderen Seite (Tab.1). Vor allem auf schweren Böden erhöht sich damit auch die "Regenverdaulichkeit" und die Aufnahmefähigkeit von Gewitterniederschlägen. Als weiterer physikalischer Effekt ist noch eine bessere Bodenerwärmung bei höherem Humusgehalt und der damit dunkleren Bodenfarbe zu nennen. Nicht zuletzt darf jedoch auch der Düngeeffekt von organischen Materialien nicht unberücksichtigt bleiben.
Humus als Nährstofflieferant
Die Nährstoffzusammensetzung und Nährstofflieferung organischer Materialien ergibt sich durch deren Herkunft. Pflanzliche Materialien sind mit Ausnahme von Rizinusschrot vorwiegend Kaliumlieferanten, während Rückstände aus Viehhaltung und Fleischverarbeitung als Stickstoff- und Phosphorträger gelten. Über die Geschwindigkeit der Nährstofffreisetzung entscheidet die Umsetzbarkeit der Materialien im Boden. Maßgeblich ist hierbei das entstehende Nährstoff- und Energieangebot für die abbauenden Bodenorganismen. Für die Kennzeichnung der Humusqualität werden das Kohlenstoff/Stickstoff-Verhältnis (C/N) und das Kohlenstoff/Phosphor-Verhältnis (C/P) herangezogen. Rasch im Boden umgesetzt werden organische Stoffe mit einem C/N-Verhältnis um 25:1. Lignin- und wachshaltige Stoffe (z.B. Holzhäcksel, Rinde) füllen dagegen eher den Nährhumusvorrat. Aus ihnen entstehen im Laufe der Zeit hochmolekulare Huminsäuren, die in den Ton-Humus-Verbindungen der Strukturbildung dienen.
Die zersetzbaren Humusvorräte des Bodens sind eine langsame aber stetig fließende Stickstoff- und Phosphorquelle (Tab.1). Wie wichtig die bodenbürtigen Stickstofflieferungen sind, zeigt sich vor allem bei gestressten Rebanlagen auf humusarmen, dauerbegrünten Standorten.
Tabelle 1: Auswirkung steigender Humusgehalte auf die potenzielle Stickstofflieferung und nutzbare Wasserspeicherung von Weinbergsböden (bezogen auf den Oberboden mit 30 cm Schichtdicke) | |||
Humusgehalt [%] | vorhandene organische Trockensubstanz [t / ha] |
mögliche N-Lieferung bei 1 %
Freisetzungsrate |
Zunahme der nutzbaren |
1 | 45 | 20 | 2 |
2 | 90 | 40 | 6 |
3 | 135 | 65 | 9 |
4 | 180 | 85 | 12 |
*
weitere Auswirkungen auf die Wasserverfügbarkeit durch erhöhte Humusgehalte: - bessere Wasseraufnahme bei Starkregen - geringere unproduktive Verdunstung aufgrund verringerter Kapillarität |
Deutliche Humusgehaltserhöhung nur durch Zufuhr
Auf unseren typischen Reblagen würden sich von Natur aus lichte Wälder oder Trockenrasengesellschaften ausbilden. Daher ist dort von Dauerbegrünungen wohl allenfalls ein Erhalt des derzeitigen Humusspiegels aber kaum ein nachhaltiger Humuszuwachs zu erwarten. Versuche zur Optimierung der Dauerbegrünung, bei denen die bestehende Begrünung im Frühjahr "gestört" wurde und die Humusvorräte angezapft werden sollten, zeigten nur in den Anfangsjahren deutliche Stickstofffreisetzungen. Demnach sind die bereits gebildeten stickstoffhaltigen, niedermolekularen Komponenten des Nährhumus in wenigen Jahren verbraucht. Gerade auf kritischen Standorten und während längerer Trockenphasen ist daher die kombinierte Pufferwirkung des Humuskörpers für den Wasser- und Stickstoffhaushalt des Bodens besonders wichtig. Betrachtet man die Erfordernisse wie maschinelle Bewirtschaftbarkeit der Rebanlagen, Erosionsminderung sowie die optimale Trauben- und Weinqualität (Verhinderung von UTA) als gemeinsames Ziel, so ist mittel- und langfristig eine Humuszufuhr auch auf vielen dauerbegrünten Standorten unverzichtbar.
Phosphatzufuhr rechtlich begrenzt
Im Bereich der Düngung und Humuszufuhr haben sich in den letzten Jahren einige bedeutsame rechtliche Änderungen ergeben. Die Bioabfallverordnung reguliert seit 1998 die Ausbringung organischer Materialien in der Landwirtschaft sowie im Garten-, Obst- und Weinbau. Im Einzelnen sind dort Grenzwerte für die Aufbringmengen und die entstehenden Nährstoff- und Schadstofffrachten festgelegt. Ziel der aktualisierten Düngeverordnung ist die sachgerechte, am Bedarf der Pflanzen und am Nährstoffgehalt des Bodens ausgerichtete Düngung und Nährstoffzufuhr. Überdüngung und unnötige Nährstoffzufuhr sollen sowohl beim Stickstoff als auch bei dem Nährstoff Phosphor verhindert werden. Phosphat wird nicht ins Grundwasser ausgewaschen, kann aber durch Bodenabschwemmungen in die Oberflächengewässer gelangen. Dort kann es durch Überdüngung die Gewässerökosysteme schädigen.
In langjährigen Phosphat-Düngeversuchen der LVWO Weinsberg zeigten gesteigerte P-Gaben keinerlei positive Effekte, Phosphormangelsymptome sind auf Praxisflächen nicht zu finden. Weit verbreitet ist vielmehr eine unterschwellige Hemmung der Eisen- und Zinkaufnahme durch überhöhte Phosphatwerte im Boden. Im Gegensatz zu landwirtschaftlichen Kulturen ist die langfristige jährliche Phosphatabfuhr durch den Traubenertrag mit rund 10 kg P2O5 /ha eher gering und die unbeachtete Nährstoffzufuhr groß. Scheinbar nährstoffarme Materialien wie Stroh können im Umfang von 40 dt / ha mit einer Phosphatfracht von 8 kg P2O5 den Traubenentzug bereits ausgleichen.
Aus ökologischen, pflanzenbaulichen und wirtschaftlichen Gründen macht es keinen Sinn, eine ausreichend oder gar überversorgte Fläche weiterhin mit Phosphat zu düngen. So ist laut Düngeverordnung bei Phosphatgehalten über 20 mg/ 100 g Boden jegliche Phosphatzufuhr sowohl in Form von Mineraldünger als auch mit organischen Materialien nur noch in Höhe der voraussichtlichen P-Abfuhr möglich.
Aufgrund der früheren Düngepraxis sind unsere
Rebflächen zu einem hohen Anteil mit Phosphat überversorgt. Phosphatdüngeempfehlungen der 1960er Jahre sahen den
alljährlichen Düngebdarf nicht selten bei über 150 kg P2O5/ha, dem fünzehnfachen Wert des
Traubenentzuges. Bei vielen Rebanlagen ist damit aufgrund der Düngeverordnung eine nennenswerte Humuszufuhr durch Kompost schon jetzt
rechtlich schwierig.
Humuszufuhr nicht dem Volldünger opfern!
Aus den dargestellten Wirkungen der organischen Substanz und der Notwendigkeit der Humuszufuhr für die Bodenstruktur, den Erosionsschutz, die Wasserspeicherung und letztlich die Nährstofflieferung zum Erhalt wuchsfreudiger Rebanlagen muss die Möglichkeit der Humusversorgung auf Dauer erhalten werden. Bei Rebenstandorten mit mittleren oder gar hohen Phosphatgehalten sollte daher jegliche Phosphatzufuhr mit Mineraldünger unterbleiben.
Eine unbedachte und in den meisten Fällen unnötige Phosphatdüngung könnte sonst eine für die Bodenfruchtbarkeit und die nachhaltig erzielbare Traubenqualität notwendige Humuszufuhr verhindern.
Fazit
Viele Rebstandorte haben einen zusätzlichen Humusbedarf. Sind die Phosphatgehalte aber höher als 20 mg/100g Boden, darf mit Humusgaben nur so viel Phosphat ausgebracht werden, wie der voraussichtlichen Abfuhr mit dem Erntegut entspricht. Generell ist P-armes Material zu bevorzugen.
Nach vorangegangener Bodenuntersuchung sollte bei ausreichender P-Versorgung insbesondere auf Volldünger verzichtet werden. Es macht keinen Sinn und verursacht Kosten, wenn lediglich Stickstoffbedarf vorliegt, aber die Nährstoffe Phosphor oder Kalium "nebenher" mitgedüngt werden. Ein derartiges Verhalten widerspricht den Grundsätzen der fachgerechten Düngung und ist auch mit "Sicherheitsdenken" nicht zu rechtfertigen.
Das Hauptaugenmerk der organischen Düngung muss andererseits auf die Zufuhr von Kohlenstoff, d. h. organischer Substanz gerichtet sein. Wenn auch nur in geringem Maße, so enthalten aber auch organische Materialien pflanzlicher Herkunft Phosphatanteile. Sind bereits mittlere P2O5 –Gehalte (Gehaltsstufe "C") erreicht, sollte bei der organischen Düngung vor allem Material mit einem weiten C/P-Verhältnis eingesetzt werden (Tabelle 2).
Tabelle 2: Wirtschaftsdünger und Bioabfälle mit geringem (C/P-Verhältnis > 300) und mittlerem (C/P-Verhältnis 100 - 300) relativem Phosphorgehalt. Nährstoffgehalte in Gewichtsprozent (kg/dt), bezogen auf Frischsubstanz | ||||||
Dünger | organische Substanz [%] |
N [%] |
P2O5 [%] |
K2O [%] |
MgO [%] |
C/P-Verhältnis |
Rinde | 60 | 0,3 | 0,1 | 0,2 | 0,1 | 790 |
Holzhäcksel | 45 | 0,4 | 0,1 | 0,3 | 0,3 | 590 |
Stroh | 80 | 0,5 | 0,2 | 0,8 |
0,3 | 525 |
Traubentrester | 33 | 0,74 | 0,3 | 0,8 |
0,15 | 145 |
Pferdemist | 25 | 0,5 | 0,4 | 1,2 |
0,15 | 90 |
Rindermist | 20 | 0,65 | 0,4 | 1,1 | 0,15 | 80 |
Stand: Mai 2018