Gescheinsansatz 2006 sowie Übersicht über Möglichkeiten der Ertragssteuerung |
Der Gescheinsansatz ist in diesem Jahr wiederum deutlich über dem langjährigen Mittel - siehe Tabelle 1. Der Trollinger ragt dabei besonders hervor.
Tabelle 1: Gescheinsansatz und Traubengewichte |
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Gescheinszahl/Trieb |
Traubengewicht |
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Sorte/Jahrgang |
2005 |
2006 |
Mittel 1990-2006 |
Langj. Mittel |
Schätzung 2006 |
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Riesling |
2,30 |
2,35 |
2,26 |
130 |
110-200 |
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Kerner |
2,05 |
2,29 |
1,99 |
160 |
160-220 |
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Müller-Thurgau |
1,96 |
2,16 |
2,02 |
160 |
160-240 |
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Silvaner |
2,04 |
2,06 |
1,96 |
140 |
150-220 |
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Trollinger |
1,40 |
1,64 |
1,32 |
350 |
320->400 |
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Schwarzriesling |
1,83 |
1,92 |
1,80 |
160 |
160-210 |
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Lemberger |
1,98 |
1,99 |
1,75 |
180 |
180-320 |
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Spätburgunder |
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---- |
---- |
150 |
160-200 |
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Klon Mariafeld |
---- |
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---- |
>160 |
z. T. deutl. höher |
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Samtrot |
---- |
---- |
---- |
120 |
140-180 |
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Dornfelder |
1,65 |
1,94 |
1,75 |
300 |
260->400 |
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- die Traubengewichte können je nach Vitalität der Rebanlage stark variieren |
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- junge, wüchsige, sowie langjährig ausgedünnte Bestände haben oft besonders hohe Traubengewichte |
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- durch das weniger gute Blütewetter dürften die Traubengewichte von Lage zu Lage erheblich schwanken |
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- wo stark ausgedünnt wurde, muss von einer gewissen Kompensation, d. h. höheren Traubengewichten, ausgegangen werden |
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- die hohen Niederschläge im August dürften zu besonders großen Beeeren/kompakten Trauben, sowie vermehrten Problemen mit Beerenabquetschungen und Botrytis aus dem Traubeninneren führen |
Derzeit (05. September 2006) scheint in Anbetracht der hohen Wasserverfügbarkeit und aufplatzenden Beeren eine Ertragsregulierung allenfalls durch Entfernung weitgehend unreifer Anteile sinnvoll, um nicht zusätzlich die Beerengröße/Kompaktheit der Trauben und frühe Fäulnis zu fördern. Die Entfernung fauler Anteile als Negativ-Vorlese in 10 bis 14 Tagen kann hingegen angezeigt sein, um den großen Rest möglichst lange hängen lassen zu können, sowie die unschönen, weniger reifen Anteile getrennt halten oder ganz zu verwerfen.
Wie aus den Zahlen hervorgeht, ist die Gescheinszahl/Trieb bei allen Sorten überdurchschnittlich. Dies trifft weitgehend auch für die Gescheinsgröße zu. Insbesondere beim Trollinger ist eine extrem hohe Gescheinszahl ermittelt worden. Auch Kerner und Dornfelder liegen deutlich über dem langjährigen Mittel. Die Sorten Müller-Thurgau, Lemberger, Schwarzriesling, Riesling sowie Silvaner weisen ebenfalls einen leicht über dem langjährigen Durchschnitt liegenden Gescheinsansatz auf.
Die seitherige kühle Witterung dürfte auf die Ausbildung der Blütenorgane kaum negative Auswirkungen gehabt haben. Dagegen sind die derzeitigen günstigen Temperaturen in den letzten Tagen vor Blütebeginn als förderlich anzusehen. Bei normalem Blüteverlauf ist deshalb in Verbindung mit dem derzeit üppigen Bodenwasservorrat mit einem hohen Fruchtbarkeitspotenzial zu rechnen.
Der normale Blühverlauf machte vielfach eine Ertragsregulierung nötig. Dies traf im Besonderen für den Trollinger zu.
In Tabelle 2 sind Möglichkeiten der Ertragsregulierung einschließlich der Bewertung der verschiedenen Verfahren angeführt.
Tabelle 2a: Ertragssteuerung/Qualitätsicherung |
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Indirekte Maßnahmen |
Bewertung, zu erwartende Folgen |
Gezügelter Wuchs Bodenpflege (Dauerbegrünungsanteil hoch) N-Düngung (reduziert)
Möglichst später Laubschnitt, hohe Laubwand |
Kein gesonderter Zeitaufwand, begrenzte Möglichkeiten, erhöhte Gefahr von untypischem Alterungston bei Weißwein, nachlassende Weinqualität bei zu schwachem Wuchs bei Weißweinsorten und Trollinger. Bei Rotweinsorten wichtige Grundlage für hohe Qualität (Farbe, Phenole, Gesundheit) Kann Beerengröße mindern helfen |
Entblätterung vor und bis zur Blüte |
Mittlerer Zeitaufwand, Verrieslungsförderung unsicher, gegebenenfalls erhöhte Stiellähmegefahr |
Kräftige Entblätterung kurz nach der Blüte |
Kleinere Beeren, lockerere, leichtere Trauben, weniger Fäulnisgefahr, leichte Ertragsminderung sowie Mostgewichtssteigerung |
Maschinelle Entblätterung einschließlich "Traubenverletzung“ (Behangsminderung) im Stadium "in den Hang gehen“ |
Zeit- und kostengünstig, bei guten Bedingungen bis zu 25 % Ertragsreduktion, positive Qualitätseffekte auf Traubenstruktur, Aroma, Farbe, Phenole sowie Traubengesundheit, kaum Einfluss auf Vitalität auch im Folgejahr |
Wenn nötig: Späte, qualitätsorientierte Bewässerung |
Kein gesonderter Aufwand, Verminderung des Ertragszuwachses, Qualitätsverbesserung |
Einsatz von Bioregulatoren zur vorbeugenden Bekämpfung von Essigfäule |
kostengünstig, nicht bei allen Sorten, guter Qualitätseffekt auch auf Aroma, Farbe, Phenole, Minderung der Fäulnisgefahr durch lockere Traubenstruktur, geringe Ertragsreduktion, kaum Vitalitätsförderung |
Tabelle 2b: Ertragssteuerung/Qualitätssicherung |
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Direkte Maßnahmen |
Bewertung, zu erwartende Folgen |
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Anschnitt Augen/m² |
kein gesonderter Zeitaufwand, begrenzte Möglichkeiten, physiologische Ausgeglichenheit beachten |
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Zapfenschnitt |
nicht für alle Sorten geeignet, gegebenenfalls erhöhter Ausbrechaufwand Rückumstellung kann zu besonders hohen Erträgen führen |
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Triebkorrektur Entfernung von Doppeltrieben Entfernung von Schwachtrieben |
Auflockerung der Laubwand, geringerer Zeitaufwand, mittlerer bis guter Qualitätseffekt geringer Zeitaufwand, guter Qualitätseffekt, Ausgleich der Stockvariabilität |
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Entfernung von besonders fruchtbaren Trieben gegen Bogenende |
bei gegen Bogenende besonders fruchtbaren Sorten, guter Qualitätseffekt bei geringem Aufwand |
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Ausbrechen jedes 2. Triebes |
gegebenenfalls zu starker Wuchs mit kompakten Trauben |
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Gescheinsreduktion |
geringer bis mittlerer Zeitaufwand, eher für lockerbeerige Sorten |
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1 Geschein/Trieb Gescheinshalbierung |
große, kompakte Trauben mit großen Beeren dennoch kompakte Trauben wegen höherer Durchblührate, erhöhte Gefahr von Stockunterlastung |
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Traubenkorrektur 1 Traube/Trieb |
hoher Aufwand bei hohem Qualitätseffekt, kompakte Trauben Erhöhte Fäulnisgefahr, nicht zu früh, Vorsicht: Unterbelastung der Stöcke |
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Traubenhalbierung |
hoher Aufwand bei besten Qualitätseffekten, bis kurz vor Reifebeginn, selten kompakte Trauben, weniger Stiellähme und Botrytis, erheblich verbessertes BFV. |
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Beeren abstreifen |
hoher Aufwand in Hauptarbeitsspitze, besonders bei Sorten mit kompakten Trauben, zwischen Schrotkorn- und Erbsengröße, wenig Mengenreduktion, beachtliche Qualitätseffekte auch bei Aroma, Farbe und Phenolen, wesentlich geringere Fäulnisgefahr, kaum Unterbelastung |
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Qualitätskorrektur/Feinkorrektur Gezielte Entfernung unreifer Anteile bei weitgehender Verfärbung/Weichwerden oder auch später Gezielte Vorlese und Verwerfen von sauerfaulen/essigfaulen Anteilen
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geringer Zeitaufwand, beachtlicher Qualitätseffekt, wenig Ertragsreduktion sowie Folgen für Vitalität, verbessert Gleichmäßigkeit von Lesegut sowie des Bestandes
Kein zusätzlicher Ertragsverlust, geringerer Selektionsaufwand bei der eigentlichen Lese, Hauptmenge kann länger hängen bleiben
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Allgemein: |
Alle Maßnahmen vor bis kurz nach der Blüte sind mit größerem Risiko behaftet, fördern den Wuchs, die Beeren- und Traubengröße sowie das Fäulnisrisiko. Spätere Entwicklungsstadien lassen gezieltes, am tatsächlichen Behang (Einzelstock/Trieb) orientiertes Vorgehen zu. Die Folgen für den Rebbestand werden mit späteren Terminen immer geringer. Hohe Vitalität und starke Ertragsreduktion passen nicht zusammen. Bei nachfolgend hohen Niederschlägen oder auch in Jahren mit frühem Reifebeginn, kann es zu erheblichen Problemen mit Botrytis, Essigfäule u. a. kommen. Ertragsreduktion fördert die Wüchsigkeit: Mehr Ertrag in Folgejahren, gegensteuern bei N-Düngung und Bodenpflege. In der Praxis sind aufeinander aufbauende, sich gegenseitig unterstützende Maßnahmen wie zeitgerechte Entblätterung und angepasste Ertragsregulierung ‑ gegebenenfalls zeitlich gestaffelt ‑ (Grob- und später Feinkorrektur) am wenigsten riskant. |
Hier steht Ihnen ein Excel-Arbeitsblatt zur Gescheins- und Traubenauszählung als Grundlage zur Ertragsschätzung zum Download zur Verfügung.
05.09.2006
Rolf Fox und Peter Steinbrenner