Sortengerechte Kulturführung am Beispiel des Pinot-Typs Schwarzriesling
R. Fox, LVWO Weinsberg
Hohe Weinqualität mit ausgeprägter Sortentypizität setzt reifes, gesundes Lesegut voraus. Um dies zu erzielen, sind sortenspezifisch angepasste, weinbauliche Maßnahmen erforderlich. Dies setzt die Kenntnis der Sorteneigenschaften voraus, um unter den gegebenen Bedingungen von Jahrgang und Lage gezielt auf das jeweilige Optimum hinarbeiten zu können.
Abbildung: Optimal belichtete, halbierte, reife, gesunde Schwarzrieslingtrauben lassen hohe Weinqualität erwarten
Die Sorte Schwarzriesling (Pinot meunier) ‑ oder laut Sortenliste Müllerrebe ‑ wird als die Ausgangsform aller Burgundertypen angesehen. Sie wird insbesondere in der Champagne als eine der wichtigsten Grundweinlieferanten für die Champagnerproduktion angebaut. In Württemberg gehört der Schwarzriesling derzeit mit ca. 20 % der Anbaufläche zu den wirtschaftliche wichtigsten Sorten. Bundesweit hat der Anbau des Pinot meunier ‑ wie er seit 2003 alternativ auf dem Etikett bezeichnet werden darf ‑ im Zuge des Rotweinbooms ebenfalls in den vergangenen Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen. Er liefert wenig farb- und tanninbetonte Rotweine mit ausgeprägter Frucht nach hellen bis dunklen Beerenfrüchten. Die vorhandene Klonenvariation ist im Gegensatz zum Spätburgunder relativ gering.
Der sich abzeichnende Wandel hin zu kräftigeren, nachhaltigeren Rotweinen war jedoch Anlass, sich in anbautechnischen Versuchen mit Möglichkeiten gezielter Kulturführung oder auch der Qualitätsoptimierung bei dieser Sorte intensiver zu beschäftigen. Dabei wurden in Kenntnis der besonderen pflanzenphysiologischen Eigenschaften ‑ siehe Übersicht 1 ‑ speziell auf die Sorte abgestimmte pflanzenbauliche Maßnahmen aufbauend aufeinander ‑ siehe Übersicht 2 ‑ umgesetzt.
Überischt 1: Pflanzenphysiologische Eigenschaften |
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Übersicht 2: Versuchsansätze zur Qualitätsoptimierung |
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Standardqualität |
2 Halbbögen, 6 Augen/m², 70 kg N/ha, leichte Qualitätskorrektur nach Reifebeginn. Ziel: langjähriges Mittel max. 140 kg/a |
Optimierungsstufe 1 Gehobene Standard- qualität |
1 Schrägbogen, 4,6 Augen/m², 60 kg N/ha, Traubenzone kurz nach Blüte kräftig auslichten, gezielte Qualitätskorrektur nach Reifebeginn Ertragsziel im langjährigen Mittel 100-120 kg/a |
Optimierungsstufe 2 Premiumqualität, (Lesegut auch für Maischegärung geeignet) |
1 Schrägbogen, 4,6 Augen/m², 50 kg N/ha, Traubenzone kurz nach Blüte beidseitig kräftig auslichten, Ertragsregulierung in Teilbereichen durch halbieren, Einsatz von Bioregulatoren plus halbieren, Anwendung von Wasserglas auf Traubenzone ab Nachblüte, verschiedene Lesetermine, gezielte Qualitätskorrektur nach Reifebeginn Ertragsziel im langjährigen Mittel 70-90 kg/a |
Generell hoher Pflegestandard bei Bodenpflege und Stockarbeiten In allen Varianten jede Gasse Dauerbegrünung, tiefgründiger Standort |
Ergebnisse aus 2004 und 2005
Wie Abbildung 1 zu entnehmen ist, hat bereits der verkürzte Anschnitt zu einer deutlichen Ertragsreduktion bei gleichzeitigem Mostgewichtsanstieg geführt. Der Einsatz von Bioregulatoren (GIBB 3) führte zu unwesentlicher Ertragsreduktion, jedoch immerhin 3° Oechsle höherem Mostgewicht. Aufgrund der lockeren, gesunden Trauben konnte hier später gelesen werden. Die Variante Traubenhalbierung erbrachte den geringsten Ertrag sowie gegenüber dem Vergleich im Mittel beider Jahre ein um 8° Oechsle höheres Mostgewicht. Auch hier war in beiden Jahren ein späterer Lesetermin möglich.
Abbildung 1: Qualitätsoptimierung bei Schwarzreisling, Ertrag und Mostgewicht
Durch zeitige, kräftige Entblätterung der Traubenzone in den Optimierungsvarianten konnte ein nochmals späterer Lesetermin ‑ siehe Abbildungen 2 und 3 ‑ mit deutlich positiven Auswirkungen auf Restextrakt, Kalium, Gesamtphenole sowie Farbsumme erzielt werden. Die gut belichtet und abgehärtet herangewachsenen Trauben waren deutlich weniger von Botrytis befallen. Unterstützend war hierbei auch die viermalige Anwendung von Wasserglas ab Nachblüte , begrenzt auf die Traubenzone ‑ Ausbauvariante 3 aus 2004 sowie 3 und 4 aus 2005.
Abbildung 2: Qualitätsoptimierung bei Schwarzriesling, Weindaten
Abbildung 3: Qualitätsoptimierung bei Schwarzriesling, Weindaten
Dem Netzdiagramm ‑ Abbildung 4 ‑ ist zu entnehmen, dass die Weine aus den weinbautechnisch optimierten Parzellen parallel mit den zunehmenden Qualitätsparametern in den positiven Attributen Brombeere, Phenolharmonie sowie Nachhaltigkeit/Körper besser bewertet wurden. Auch in der Rangfolge zeigen sich gravierende Vorteile zugunsten der Weine aus den Varianten mit aufeinander aufbauenden Qualitätsmaßnahmen.
Abbildung 4: Qualitätsoptimierung bei Schwarzriesling, Weinverkostungsergebnisse
Das Ziel hoher Qualität hängt beim Schwarzriesling unter anderem sehr eng vom Gesundheitszustand und damit mehr oder weniger frühem oder auch späterem Lesetermin zusammen. Grundvoraussetzung für möglichst späte Lese bei lockeren Trauben ist dabei ein harmonisches Wachstum. Ein ‑ je nach Standort ‑ mehr oder weniger hoher Anteil an dauerbegrünter Fläche (jede 2. oder jede Gasse) bringt hier wesentliche Vorteile. Der stressfeste Burgundertyp "verträgt" mehr "Konkurrenz" durch Begrünung, ohne in der Weinqualität abzufallen.
Die wichtigsten weinbautechnischen Maßnahmen zur Sicherung hoher Qualität sind in Übersicht 3 zusammengefasst.
Übersicht 3: Weinbautechnische Maßnahmen zur Sicherung hoher Qualität |
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Abbildung: Gegenseitiges Abdrücken der Beeren ist ein Hauptproblem bei Schwarzriesling
und führt vielfach zu früher Botrytis, ausgehend vom Traubeninneren
Fazit
Die Kenntnis der besonderen pflanzenphysiologischen Eigenschaften sowie speziell darauf abgestimmte weinbautechnische Maßnahmen sind in ihrer Gesamtheit geeignet, hohe bis höchste Qualitäten zu erzielen. Insbesondere die Auslichtung der Traubenzone sowie die gezielte Ertragsregulierung sind als "gestaltendes Element" im Sinne der späteren (Rot-)Weinqualität von hoher Bedeutung.
Abbildung: So wie links sollte es bei der Lese nicht aussehen! Trotz hohen Aufwands ist keine hohe Qualität zu erwarten.