UTA – ein Dauerbrenner?
R. Fox LVWO Weinsberg
2. UTA-Tagung in Weinsberg
Am 23.03.2000 fand im Rahmen der Erwachsenenfortbildung des Ehemaligenvereins in Zusammenarbeit mit der LVWO Weinsberg die 2. Veranstaltung zum Thema "untypischer Alterungston" statt.
Nachdem bereits 1993 von Weinsberg aus in einem Fachartikel in Rebe und Wein auf diese Zusammenhänge hingewiesen und erstmals 1995 in einer Ganztagesveranstaltung dieses Thema grundlegend "aufgearbeitet" wurde, waren diesmal weitere Erkenntnisse in Weinbau und Kellerwirtschaft gefragt. Die anhaltende Problematik dieser untypischen Veränderung der Weißweine, der finanzielle Verlust durch die teils nicht mehr "verkaufsfähigen" Weine sowie insbesondere der Imageverlust der betroffenen Betriebe/Regionen bzw. des deutschen Weißweines allgemein waren Grund genug, sich mit diesem Thema nochmals eingehend zu beschäftigen.
Ursachen aus Sicht des Anbaues
zu frühe Lese |
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ganzflächige Begrünung ausschließlich mit Gräsern |
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mangelnde Mineralisation, z. B. durch Trockenstress bei Dauerbegrünung |
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langjährig wenig oder keine N-Düngung, mangelnde organische Düngung |
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Langjähriger Wasser- und Nährstoffstress, insbesondere bei Stickstoff |
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mehrjährig hohe Erträge, gestresste Bestände, zu große Stockbelastung |
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mehrere Trockenjahre nacheinander mit der Folge zu schwachen Wuchses und früherer Herbstverfärbung |
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geringe Reservestoffeinlagerung (Energie- und Nährstoffreserven) |
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junge Anlagen mit zu hohem Behang (Reservespeicher gering), weniger stressfest |
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geringe Wasserspeicherfähigkeit des Bodens, hoher Totwasseranteil, Verdichtungen |
Strategien zur Vermeidung aus weinbaulicher Sicht
Späte Lese von physiologisch reifen Trauben, ggf. gezielte Vorlese von faulem Lesegut um Großteil später ernten zu können |
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Erhaltung ausreichender Vitalität der Reben durch angepasste Bodenpflege und Stickstoffdüngung, insbesondere Sicherung der Wasserverfügbarkeit |
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gezieltes Begrünungsmanagement auf gefährdeten Standorten zur Verbesserung des Wasser- und Nährstoffangebotes durch Aufreißen der Begrünung oder auch intensives, häufiges Mulchen |
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Ausreichende Humuszufuhr, gerade auch bei Dauerbegrünung zur Verbesserung der Wasser- und damit auch Nährstoffverfügbarkeit |
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Kombination mit anderen Bodenpflegesystemen, z. B. Bearbeiten und Abdecken mit Stroh oder Begrünung nur über Winter |
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ganzflächige Dauerbegrünung vermeiden, jede 2. Gasse Dauerbegrünung im Wechsel mit Winterbegrünung ergibt eine erhebliche "Entlastung des Systems" |
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Rebstöcke durch angepassten Anschnitt vor Überlastung schützen, eventuell rechtzeitig ausdünnen |
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längere Maischestandzeiten und ausreichender Auspressgrad, um GesamtN-Gehalt sowie Extraktgehalt im Most bzw. späteren Wein zu erhöhen |
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Winterbegrünung wasserschonend praktizieren, d. h. nach Hauptmassebildung umbrechen |
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bei zu geringer Holzleistung (April/Mai) in die Begrünungen eingreifen, um den Wasserverbrauch zu mindern und die Nährstoffverfügbarkeit zu erhöhen |
Forderungen aus der Sicht der Kellerwirtschaft
Physiologisch reifes Lesegut mit ausreichendem Gehalt an phenolischen Verbindungen sowie hohem Gehalt an Aromastoffen bzw. deren Vorstufen. |
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Ausreichender Gehalt an Stickstoffverbindungen in den Beeren bzw. dem daraus gewonnenen Most durch entsprechende weinbauliche Maßnahmen. |
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Keine überhöhten Erträge. |
Nach Geßner (LWG Veitshöchheim) bestehen für die Kellerwirtschaft nur sehr begrenzt "Reparaturmöglichkeiten" für weinbauliche Versäumnisse und Fehler. Ein guter Lösungsansatz in der UTA-Problematik sei dabei der Zusatz von Ascorbinsäure (Vitamin C) nach der Gärung. Wird bei diesem Verfahren darauf geachtet, dass immer mindestens 40 mg/l freie schweflige Säure erhalten bleiben, sind die Nachteile relativ gering. Dr. Geßner stellte in seinem Referat fest: "Nicht alles, was als UTA bezeichnet wird, ist in Wirklichkeit UTA. 2-Aminoacetophenon (AAP) kann als Leitsubstanz für die UTA angesehen werden, zumal zwischen der Konzentration an AAP und der UTA-Ausprägung eine hochsignifikante Korrelation besteht. Wie sicherlich weitgehend bekannt, entsteht die Verbindung 2-Aminoacetophenon (AAP) erst durch gekoppelte Oxidation nach der Schwefelung. Geßner stellte fest, dass der Zusatz von Gärsalzen das Auftreten des untypischen Alterungstones nicht vermeiden kann. Einer UTA-Ausprägung entgegen wirken seiner Meinung nach Trockenreinzuchthefen die verstärkt fruchtige Aromen bilden, sowie die gezügelte Vergärung bei niedrigen Temperaturen. Kühle Lagerung in immer spundvollen Gebinden stellt sowieso die Grundvoraussetzung für einen ordnungsgemäßen Weinausbau dar. Auswirkungen auf die UTA-Ausprägung haben Maischestandzeit und Auspressgrad, doch werden gerbstoffgeprägte Weine von den Verbrauchern zu Recht abgelehnt.
Als einen Lösungsansatz stellte Geßner den Einsatz von Ascorbinsäure nach positivem Vortest vor. Ein neu entwickeltes Diagnoseverfahren, der sogenannte "Würzburger UTAFIX-Test", erlaubt direkt nach der Gärung, aber auch in jeder weiteren Ausbauphase, zu prüfen, ob Weine ein verstärktes UTA-Risiko besitzen. Der Einsatz von Ascorbinsäure sollte immer dann erfolgen, wenn durch den "Würzburger UTAFIX-Test" ein verstärktes UTA-Risiko vorliegt. Von einem generellen, vorbeugenden Zusatz von Ascorbinsäure muss abgeraten werden. Im Wein bereits vorhandenes AAP wird durch Ascorbinsäure nicht mehr entfernt oder maskiert. Aus diesem Grund ist der Zusatz von Ascorbinsäure im Bedarfsfall frühzeitig vorzunehmen. Im späteren Weinausbau müsse jedoch darauf geachtet werden, dass immer mindestens 40 mg/l freie SO 2 erhalten bleiben. Jede Art von Lufteintrag der zur Oxidation von Ascorbinsäure führt hat zu unterbleiben, da die oxidierte Form der Ascorbinsäure keine Wirkung in der Verhinderung der UTA-Ausbildung mehr hat.
In der anschließenden Verkostung von Versuchsweinen sowie Weinen aus dem "Markt" kam sehr deutlich der negative Einfluss zu früher Lese aber auch die Auswirkungen hoher Erträge sowie die "Herkunft aus gestressten Beständen" zum Vorschein. Die Versuchsweine mit Vitamin C-Zusatz zeigten sich gegenüber den unbehandelten Varianten durchweg zwar nicht als "große Weine" so doch zumindest frisch und fruchtig sowie frei von den unangenehmen Attributen des untypischen Alterungstones.
Abschließend kann festgestellt werden
Die gesamte Weinwirtschaft vom Erzeuger über den Kellerwirt sowie Vermarkter ist gefragt. Nachdem ein Schlüssel zur Lösung des Problems im späten Lesetermin zu suchen ist, dürfte hier ein wichtiger Ansatzpunkt, der auch leicht umzusetzen ist, gegeben sein. Inwieweit für extrem trockene Standorte zur Qualitätssicherung neben wasserschonender Bodenpflege die Tropfbewässerung zugelassen werden sollte, muss in der Weinbaupolitik abgeklärt werden. Im Rahmen der Diskussion wurde hier von Praktikern eine entsprechende Forderung formuliert.
Daneben kam zum Ausdruck, dass auch das Auszahlungssystem in den Genossenschaften eine gewisse Modifikation dergestalt erfahren sollte, indem eine Auszahlungsstaffelung nach Menge, sprich nach kg/Ar, eingeführt werden sollte. Dies käme der Erfahrung, nach der die "innere" Qualität der Weine, z. B. der Extrakt bzw. der Restextrakt, stärker steigt, als dies im Mostgewicht zum Ausdruck kommt, entgegen und würde zu einer gerechteren "wirklich qualitätsbezogenen" Auszahlung führen.
Abschließend wurde herausgestellt, dass das Genussmittel Wein tatsächlich auch Genuss bedeuten sollte, um dauerhaft unsere Kunden an den deutschen Wein zu binden und "bei der Stange" halten zu können.