Winterfrostschäden in den Weinbergen 2002 |
Rolf Fox
LVWO Weinberg
Mitte Dezember traten in diesem Winter in ausgesetzten Lagen erstmals Minustemperaturen von ca. 10 °C auf. In den folgenden Nächten lagen die Tiefstwerte zwischen - 4 und -10 °C . Die Tagesmittelwerte überstiegen nicht mehr die Nullgradgrenze.
Am 23.12.2001 waren dann mit -16 bis -19 °C sowie am 24.12.2001 mit -19 bis -24 °C die bisherigen Tiefstwerte erreicht. Durch den vorhergehenden Temperaturverlauf mit Minustemperaturen bis 10 °C ist davon auszugehen, dass eine gute Anpassung der Reben( Kältereiz führt zur Erhöhung der Zuckerkonzentration in den Zellen und damit zur Gefrierpunktserniedrigung) vorlag, zumal im Dezember / Januar von Natur aus die höchste Frostresistenz der Rebe gegeben ist.
Die am 06.01.2002 aufgetretenen Minustemperaturen bis ca. 20° C dürften weniger kritisch gewesen sein, da hier im Gegensatz zum 23. /24.12.2001 keine idealen Strahlungsverhältnisse vorlagen, die an der Grenze Schnee / Luft besonders tiefe Temperaturen ergeben.
Nachdem es unter den Strahlungsbedingungen mit Windstille insbesondere des 24.12.2001 zu einer krassen Temperaturschichtung kam, dürften die Frostschäden mit ansteigender Geländehöhe deutlich abnehmen und in den mittleren und oberen Lagen wesentlich geringere Schäden bzw. völlig intakte Ruten zu erwarten sein.
Auch die regionalen Unterschiede sind aufgrund der mehr oder weniger starken Tiefsttemperaturen recht groß. Besonders stark betroffen dürfte der Hohenlohekreis, der nördliche Teil des Landkreises Heilbronn sowie die Bereiche Kocher, Jagst, Tauber sein. Im Neckartal sowie dem Raum Remstal - Stuttgart wurden weniger tiefe Temperaturen gemessen, weshalb hier nur mit geringen Schäden gerechnet werden muss. Wie in früheren Fällen sind Hangfußlagen mit Kaltluftstau besonders stark betroffen. Auch größere, relativ ebene Hochflächen mit verzögertem Kaltluftabfluß scheinen stärker geschädigt.
Inwieweit die extrem niedrigen Temperaturen des 24.12.2001 im Übergangsbereich Schnee / Luft zu Frostschäden an den Stämmen geführt haben, muss zunächst offen bleiben. Die Temperaturen von -27° C am Erdboden, gemessen an der Wetterstation Öhringen am 24.12.2001 um 07:00 Uhr früh, lassen jedoch in dieser Hinsicht Befürchtungen für besonders ausgesetzte Lagen in bestimmten Regionen aufkommen.
Dort wo in einzelnen Teilflächen nahezu 100 % Knospenschäden vorliegen sind auch Bräunungen der Diaphragmen (Holzbrücke gegenüber der Knospe) vorhanden. Dies kann später zum Ausfall ganzer Ruten führen. Stammschäden konnten bei unseren Untersuchungen in Weinsberg bisher auch in ausgesetzten Lagen bei Tiefsttemperaturen von etwa - 24 °C nicht nachgewiesen werden.
Die bisherigen Ermittlungen von Frostschäden mittels Knospenschnitten ergaben entsprechend der oben angeführten Temperaturschichtung recht unterschiedliche Ergebnisse (siehe Tabelle).
Tabelle: Frostschäden an Knospen - 08.01.2002 - in % (Weinsberg) |
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Riesling |
Lemberger |
Trollinger |
Schwarz- |
Mariafeld |
Spät- |
Clevner |
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Schemels- |
Ranzen- |
Burgberg |
Ranzenberg |
Burgberg |
Burgberg |
Lindich |
Eisenhut |
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untere Lage |
55 |
70 |
62 |
67 |
93 |
48 |
- |
- |
mittlere Lage |
21 |
24 |
25 |
40 - 50 |
- |
- |
62 |
21 |
obere Lage |
3 |
14 |
5 |
23 - 42 |
- |
- |
- |
- |
Anmerkungen: Wenn mindestens 1
intaktes Beiauge vorhanden war, wurde die Knospe als gesund
eingestuft. |
Knospenschnitte sinnvoll
Um genauere Kenntnisse über den Schädigungsgrad der einzelnen Parzellen oder Teilbereiche sowie insbesondere auch der Sorten zu erlangen, sind Knospenschnitte vor Ort im aufgetauten Zustand sinnvoll. Hierbei ist mit einem scharfen Messer oder einer Rasierklinge die Knospe von oben her ziehend längs durchzuschneiden. Die Schnittführung muss so erfolgen, dass Haupt- und Beiaugen nebeneinander sichtbar werden. Bräunungen des Knospeninnern deuten auf Frostschaden hin. Ist mindestens noch ein Beiauge grün, kann mit Austrieb und auch mehr oder weniger guter Fruchtbarkeit gerechnet gerechnet werden.
Hinweise zum Rebschnitt
Wo weniger als 30% Schaden vorliegt, ist lediglich durch leicht längeren Anschnitt für Ausgleich zu sorgen. Bei Schäden zwischen 30-70 % sollten entsprechend der Schadensquote mehr Ruten angeschnitten bzw. Reserven belassen werden. Den am besten ausgereiften Trieben ist dabei unbedingt der Vorzug zu geben. Wenn weniger als 30% der Augen intakt sind, sollte möglichst spät geschnitten werden.
Aufgrund der Erfahrungen aus dem Jahr 1985 scheint es, selbst bei hohem Schädigungsgrad sinnvoll maximal 4 Ruten pro Stock anzuschneiden und zunächst lediglich 2 herunter zu biegen. Nach dem Austrieb kann entschieden werden, ob und was gegebenenfalls noch zusätzlich herunter gebogen werden sollte. Bei vereinzelten Totalschädigungen der Knospen im unteren Hangbereich oder bei bestimmten Sorten kann das Biegen auch bis zum beginnenden Knospenschwellen hinausgeschoben und besser entschieden werden ob und was gegebenenfalls gebogen werden sollte.
Nachdem bei den Untersuchungen keine Unterschiede im Schädigungsgrad zwischen den unteren, mittleren und oberen Knospen an den Ruten ermittelt werden konnte, scheint der Zapfenschnitt nicht sinnvoll.
Nachdem es bei Temperaturen ab ca. - 8 °C zu zusätzlicher Schädigung durch Erschütterung beim Rebenherausziehen kommen kann, sollte unter solchen Bedingungen nicht geschnitten werden. Ganz allgemein empfiehlt es sich, den Rebschnitt zunächst in den weniger geschädigten Parzellen sowie den frostfesteren Sorten fortzuführen.
Weinsberg, den 11.1.2002
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