Zinkeintrag durch Stahlpfähle |
Dr. D. Rupp und Lothar Tränkle
LVWO Weinsberg
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Wertvolle Spurennährstoffe einerseits, gefürchtete Schwermetalle andererseits - Kupfer und Zink sind zu den ständigen Begleitern des modernen Weinbaus geworden. Während Kupferspritzungen im allgemeinen Weinbau als zumindest hilfreich und in ökologischen Betrieben meist als unverzichtbar gelten, erfreuen sich verzinkte Stahlpfähle ungeteilter Zustimmung. Mit ihrer Haltbarkeit, ihren mechanischen Eigenschaften (Vollernter) und ihren arbeitswirtschaftlichen Vorteilen sind sie Pfählen aus anderen Werkstoffen (Holz, Beton, Kunststoff) weit überlegen. Unabhängig davon lauert hinter chromsalz- oder teerölimprägnierten Pfählen das Entsorgungsproblem und ist unter Umweltgesichtspunkten die Verwendung von Tropenhölzern (Bankirai) zu Recht in Misskredit geraten (WEBER und KIEFER 1992).
Eintrag von Schwermetallen vermeiden
Es sind aber ebenfalls Umweltgesichtspunkte, die hinter die Nutzung von verzinkten Stahlpfählen ein Fragezeichen setzen. Neu aufgegriffene Überlegungen zur Nachhaltigkeit der weinbaulichen Produktion verlangen auch hier nach umfassenden Antworten.
Allerdings setzt sich der Weinbau seit den 1970er Jahren mit der Frage der Schwermetallzufuhr auseinander (BIHLER 1984). Schwermetalleinträge wurden damals mit Ausnahme der Drähte (Zink) weniger von Unterstützungsmaterialien oder von Pflanzenschutzmitteln (Kupfer, Zink) sondern vielmehr aus der Anwendung von Klärschlämmen und Müllkomposten (Zink, Blei, Cadmium, Quecksilber) befürchtet.
Mit der Klärschlammverordnung (1982), der Bioabfallverordnung (1998) sowie der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (1999) existieren mittlerweile einschlägige Rechtsvorschriften zur Minimierung des Schadstoff- und insbesondere Schwermetalleintrags in landwirtschaftlich genutzte Böden.
Zinkschicht kann verwittern
Untersuchungen zum Zinkeintrag durch verzinkte Stahlstickel im Weinbau liegen vor allem aus Rheinland-Pfalz vor (MÜLLER 1993 und 1999). Eine Kernfrage dieser Arbeiten ist die Höhe des jährlichen Eintrags. Meist wurde davon ausgegangen, dass die Oberfläche eines verzinkten Stahlstickels aufgrund der Abwitterung einem jährlichen "Schwund" von 1 µm (= ein tausendstel mm) unterliegt und somit bei 1.000 bis 1.200 Pfählen pro Hektar etwa 5 kg Zink abgelöst werden. Bewitterungsversuche der Eidgenössischen Materialprüfungsanstalt an feuerverzinktem Stahl ergaben für schweizerische Verhältnisse jährliche Dickenabnahmen von durchschnittlich 0,7 µm (Bandbreite 0,4 - 1,2 µm). Ausgehend von diesen Zahlen lägen die Zinkeinträge in den Weinbergsboden zwischen 2 und 6 kg/ha/Jahr.
Soweit die Prüfstände der Materialforscher. Wie sieht es aber in der Praxis aus? Erhebungen zum tatsächlichen Zinkeintrag durch Unterstützungsmaterialien sind nur wenige bekannt.
Untersuchungen in Württemberg
Für das württembergische Anbaugebiet sollte daher in einer typischen Rebanlage den Zinkgehalten sowie der -verteilung im Boden nachgegangen werden.
Untersucht wurde eine 1986 flurbereinigte Rebfläche am Standort Gundelsheim. Das Ausgangsmaterial des Weinbergsbodens besteht in dieser Teilparzelle vorwiegend aus Löß mit Muschelkalkbeimengungen. Im Jahr 1988 wurden dort stückverzinkte Stahlstickel eingeschlagen. Zum Zeitpunkt der Probenahme im Jahr 2000 standen sie demnach seit 12 Jahren.
Jeweils ausgehend von den Stickeln (Standweite 2,0 x 4,0 m) wurden sowohl in Zeilenrichtung (0, 30, 50, 100, 200 cm) als auch quer zur Gasse (0, 10, 30, 100 cm) aus mehreren Tiefen (0 - 5, 5 - 10, 10 - 30, 30 - 60 cm) Bodenproben entnommen.
Untersucht wurden die löslichen Zinkgehalte (EDTA-Extrakt) und die Gesamtgehalte (Königswasseraufschluß) im Boden. Der als lehmiger Sand einzustufende Boden der Untersuchungsfläche verfügt in der Krume (0 - 20 cm) über einen Humusgehalt von 3,9 % bei einem pH von 7,2 (Unterboden pH = 6,9). Aufschluß über die Zinkaufnahme durch Pflanzen sollte die Analyse des Begrünungsaufwuchses geben.
Ergebnisse der Untersuchungen
Die Laboranalysen brachten ein eindeutiges Ergebnis. Sehr hohe Zinkgesamtgehalte mit bis zu 2400 mg/kg Boden wurden in direkter Nähe der Stahlstickel festgestellt. Doch bereits 30 cm abseits vom Pfahl sanken die Gehalte unter 100 mg Zink/kg Boden. In weiterer Entfernung pendelten sich die Werte im humosen Oberboden auf 60 - 70 mg/kg und im Unterboden im Bereich von 55 mg/kg ein. Mit dem Ziel die Lösungskräfte der Pflanzenwurzeln zu nachzuempfinden, wird zur Bestimmung der löslichen Gehalte EDTA, ein sogenannter Komplexbildner eingesetzt. Naturgemäß lagen die Werte dieser Messreihe deutlich unter den Zn-Gesamtgehalten, doch zeigte die räumliche Verteilung hinsichtlich Entfernung vom Stickel und Bodentiefe dasselbe Bild. Wie zu erwarten war, konnten im Oberboden und in Pfahlnähe größere Anteile herausgelöst werden als in tieferen Schichten oder in deutlicher Entfernung vom Pfahl. Dies legt den Schluss nahe, dass es sich beim in Pfahlnähe gefundenen Zink um neu hinzugekommenes, an die Bodenteilchen angelagertes, aber mobilisierbares Zink handeln muss. Weiter entfernt und in humusärmeren tieferen Bodenschichten sind die Metallionen bereits in schwer lösliches Zinkcarbonat oder Zinksilikat eingebunden.
Zink in der Begrünung
Vergleichbar zum Raster der Bodenproben wurde der Gesamtzinkgehalt des Begrünungsaufwuchses ermittelt. Die Zinkgehalte der Grasproben lagen zwischen 194 mg/kg Trockensubstanz (direkt am Pfahl) und 40 - 45 mg/kg in einem Meter Entfernung. Die Abnahme der Gehalte mit der Entfernung ist signifikant und der Zusammenhang mit den Zinkgehalten des Oberbodens ist offenkundig. Üblicherweise liegen die Zinkgehalte des Pflanzengewebes zwischen 25 und 100 mg/kg TS. Erhöhte Gehalte mit Werten von 400 mg/kg TS bleiben bei Gräsern ohne nachteilige Wirkungen. Bei Leguminosen, insbesondere bei Rotklee wurden jedoch bereits bei 200 mg/kg TS Wuchshemmungen beobachtet.
Zinkbilanz
Jährliche Nähr- oder Schadstoffbilanzen für das Freiland und damit auch für den Weinbau sind niemals exakt. Wenngleich die Abfuhr über die Höhe des Ertrages eingrenzbar wird, so sind gerade im Weinbau die in die überdauernden Pflanzenorgane eingebauten Anteile oder die in den Untergrund verlagerten Mengen ebenso schwer zu erfassen wie zusätzliche Einträge aus Stäuben und Niederschlägen.
Der Gesamtentzug einer Rebanlage wird hierbei mit 150 g Zn/ha/Jahr und die Abfuhr mit den Trauben mit 40 g Zn/ha/Jahr veranschlagt. In alkalischen Böden sind nur geringe Zinkanteile im Bodenwasser gelöst. Bei pH-Werten um 7 ist daher die Zinkauswaschung zu vernachlässigen (Abbildung 1).
Abbildung 1: Die Löslichkeit von Zink im Boden hängt vom pH-Wert ab. In neutralen oder alkalischen Böden sind nur geringste Zinkmengen gelöst (nach HERMS und BRÜMMER 1980). |
Im vorliegenden Fall dürften die weit entfernt von den verzinkten Stahlstickeln im Unterboden gefundenen Zinkgehalte von rund 50 mg/kg dem Ausgangsgehalt von vor 12 Jahren entsprechen. Der Bereich hoher Zinkgehalte in direkter Nähe der Stahlstickel kann als Zylinder von etwa 20 cm Durchmesser und 40 cm Höhe aufgefasst werden. Wird die zugehörige Bodenmasse mit den anteiligen Gehalten multipliziert, ergibt sich damit eine Zinkzufuhr von 13,5 g pro Pfahl. Bei 1250 verzinkten Pfählen pro Hektar Rebfläche ist dies über die Standzeit von 12 Jahren eine Zinkanreicherung von 16,9 kg / ha (1,4 kg/ha/Jahr). Aus den ebenfalls an Bodenproben ermittelten Zahlen von MÜLLER (1999) lassen sich bei 20 jähriger Standzeit mit 15,5 kg / ha (0,8 kg/ha/Jahr) vergleichbare Werte ableiten.
Eintrag um ein vielfaches über dem Entzug
Zinkgehalte des Bodens von nahezu 2.500 mg/kg, wie sie in direkter Pfahlnähe gefunden wurden, sind zunächst nicht zu akzeptieren. Bei derartigen Konzentrationen sind eine Hemmung des Pflanzenwachstums sowie eine Beeinflussung der Bodenorganismen nicht mehr auszuschließen. Bereits ab 1.000 mg Zink/kg Boden geht beispielsweise die Nitrifizierung (Bildung von pflanzenverfügbarem Stickstoff) deutlich zurück. Andererseits zeigte der pflanzliche Aufwuchs im belasteten Bereich erhöhte, aber keine stark überhöhten Zinkgehalte. Erklären lässt sich dies damit, dass die tatsächlich pflanzenverfügbaren Zinkmengen weder den Gesamt- noch den EDTA-löslichen Werten entsprechen. Auch ist nicht anzunehmen, dass alles angebotene Zink auch aufgenommen wird.
Bei einem pH-Wert von 7,2, wie er in der Krume der Testfläche gefunden wurde, sind nur geringste Mengen Zink löslich und bioverfügbar. So können Schwermetallgehalte zunächst ohne erkennbare Schadwirkungen anwachsen. Kommt es aber im Laufe der Bodenentwicklung oder entsprechender Bodenbewirtschaftung zu einer deutlichen pH-Absenkung, muss mit einer hohen Freisetzungsrate gerechnet werden. Insofern müssen hohe Schwermetallgehalte in alkalischen Böden als "tickende Zeitbombe" bezeichnet werden. Wegen der geringen Zn-Löslichkeit ist die Zinkauswaschung für den Untersuchungsstandort sicher zu vernachlässigen.
Der gefundene Eintrag während der bisherigen Standzeit der Stickel liegt bei 16,9 kg Zink/ha. Umgerechnet auf ein Jahr ist diese Menge ein Eintrag von 1,4 kg Zn/ha. Das entspricht dem 9-fachen des Rebentzuges und dem 35-fachen der Abfuhr mit den Trauben.
Bodenbearbeitung wirkt verdünnend
Zumindest bei der Rodung und Neuanlage werden Weinbergsböden tief bearbeitet. Beim Rigolen kommen meist Spatenmaschine, Pflug oder Bagger zum Einsatz. Bei der dann unvermeidlichen Bodenvermischung werden punktuell angehäufte Nähr- oder Schadstoffmengen umgelagert, eingemischt und verdünnt (PFEIFFER und RUPP 1987). Würden die in Pfahlnähe gefundenen Zinkmengen gleichmäßig in die Bodenschicht von 0 - 30 cm eingemischt, entspräche der jährliche Zinkabtrag der Stahlstickel einer Erhöhung der Bodengehalte von 0,3 mg/kg/Jahr. Ausgehend von einem natürlichen Ausgangsgehalt von 50 mg/kg wären beispielsweise die Grenzwerte der derzeit gültigen Bioabfallverordnung (Lehm: 150 mg/kg) nach 300 Jahren erreicht.
Die Stahlstickel der neuesten Generation sind meist mit Zink-Alumimium-Beschichtung erhältlich. Laut Herstellerangaben senkt dieser verbesserte Korrosionsschutz die Zinkabtragsraten auf 1/3 der früheren Werte. Der Anstieg der Werte wird dadurch gebremst.
Fazit
Zinkeinträge in Weinbergsböden stammen im wesentlichen aus organischen Düngern, Pflanzenschutzmitteln und den Korrosionsprodukten von Drahtrahmen und Unterstützungseinrichtung (Stahlpfähle). Der jährliche Zinkeintrag durch stückverzinkte Stahlstickel wurde bisher ausgehend von rechnerischen Abtragsraten bei etwa 5 kg/ha/Jahr vermutet. Hochrechnungen aufgrund von Messwerten in Rebanlagen liegen dagegen bei jährlichen Eintragsraten von 0,8 - 1,5 kg/ha. Während der Standzeit können in direkter Pfahlnähe sehr hohe Gehalte von 2.500 - 3.000 mg Zink/kg Boden auftreten. Unter der Annahme einer turnusmäßigen Bodenvermischung bei der Pflanzvorbereitung entspricht dies einer jährlichen Zunahme der Bodenzinkgehalte um 0,3 mg/kg.
Solange Böden bei mittleren und hohen Tongehalten neutrale bis alkalische pH-Werte aufweisen, ist auch bei hohen Zinkgehalten die Löslichkeit sehr gering. Dennoch und gerade deswegen muss auch bei der Zufuhr von Zink das Vorsorgeprinzip gelten.
Müssen wegen der Kostensituation, der Arbeitswirtschaft oder mangels Alternativen Zinkeinträge durch das Unterstützungsmaterial hingenommen werden, so sollten diese Einträge möglichst gering gehalten und zusätzliche Belastungen vermieden werden.
Danksagung
Wir danken der LUFA Augustenberg, Karlsruhe, für die Zinkbestimmungen
Literatur
BIHLER, E. (1984): „Nährstoffgehalte und Schwermetalle in fränkischen Weinbergsböden". Rebe und Wein 37 , 222 - 226
HERMS, U. und G. BRÜMMER (1980): „Einfluß der Bodenreaktion auf Löslichkeit und tolerierbare Gesamtgehalte an Ni, Cu, Zn, Cd und Pb in Böden und kompostierten Siedlungsabfällen". Landw. Forschung 33 , 408 - 423
MÜLLER, D.H. (1993): „Zinkbelastung für Boden- und Rebe". Das Deutsche Weinmagazin 48 ,6, 19-25
MÜLLER, D.H. (1999): „Zink im Visier". Das Deutsche Weinmagazin 54 , 18, 52-55
WEBER, M. und W. KIEFER (1992): „Stoffeintrag, Nutzungsdauer und Entsorgung von gebräuchlichen Unterstützungsmaterialien". in: Umweltgerechte Weinbautechnik. KTBL-schrift 353, Darmstadt
PFEIFFER, C. und D. RUPP (1993): „Eintrag und Verteilung von Kupfer und Zink in eine traditionell bewirtschaftete Rebfläche des Remstals im Mittleren Keuper (Baden-Württemberg)". Die Wein-Wissenschaft 48 , 69 - 74