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GEOLOGIE UND WEINBERGSBÖDEN WÜRTTEMBERGS

Eiszeit und Vulkane

von Dr. Dietmar Rupp, LVWO Weinsberg

Im Zickzack durch das Unterland

So wie dem Urschwaben das Leichtlebig-Glatte fehlt, so hat es sich auch der Neckar nicht leicht gemacht. Erst nach jahrtausendelangem Herumprobieren hat er seinen Weg gefunden. Viele alte Flußschlingen wie bei Kirchheim und Lauffen zeugen von seiner Mühe, den rechten Weg zu finden. Entlang des heutigen Bettes und dem Bereich der ehemaligen Flußbiegungen sind gewaltige Mengen Schotter abgelagert. An der Art dieser Sedimente offenbart der Fluß seine wankelmütige Vergangenheit.

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So muß er die Kirchheimer Schlinge bereits vor 60.000 Jahren verlassen haben, denn die dortigen Schotter sind mit rund 6 m Löß bedeckt. Die Schlinge bei Lauffen fiel erst deutlich später trocken, als der Neckar vor etwa 6.000 Jahren nach langem Nagen am Gestein eine Abkürzung fand. Der verbliebene Muschelkalkriegel an der Durchbruchstelle verursacht im übrigen die Stromschnellen, die der Stadt Lauffen zu ihrem Namen verhalfen.

Lößlehm - die perfekte Mischung

Auf den Schotterflächen entlang des Flusses, auf der Muschelkalkebene oder dem welligen Lettenkeupteruntergrund hat sich im Gefolge der Eiszeiten der bereits erwähnte Löß abgelagert. Beim oft mehrere Meter dicken Rohlöß handelt es sich um ein kalkhaltiges Material mit einheitlicher Körnung (0,002 - 0,01 mm). Geleistet wurde diese an sich exakte Sortierung durch das Transportmittel: aus den vegetationslosen Regionen der ehemaligen Vergletscherung hat der Wind den Staub aufgewirbelt und an anderer Stelle sozusagen Korn für Korn abgelagert.

Das kohlensäurehaltige Regenwasser hat im Lauf der Zeit das gelb-weiße Mehl angegriffen. Der Kalk wurde ausgewaschen, die weißliche Farbe ist braungelb oxidiert und mit der Bildung wertvoller Tonminerale wurde aus rohem Löß fruchtbarer Lößlehm. Aufgrund der ausgewogenen Körnungszusammensetzung sind im Lößlehm Wasser, Luft und Festsubstanz gleichmäßig verteilt. Hohe Wasservorräte können gespeichert werden und dennoch kommt es auf tiefgründigen Lößböden nie zu Luftarmut. In klimatisch günstiger Lage können Rebflächen auf Lößstandorten ein hohes Leistungspotential erreichen.

Löß hat nur geringe natürliche Magnesiumvorräte. Starke Kaliumdüngung kann daher bei Reben einen Magnesiummangel hervorrufen. Wo durch Rebflurbereinigungen kalkreicher, weißlicher Rohlöß heraufgeholt wurde, kann es andererseits als Folge des Kalk-Kali-Gesetzes in Trockenphasen zu Kalimangel kommen. Lößböden sind wegen ihres hohen Schluffanteiles äußerst erosionanfällig. Die Bodenpflege muß darauf Rücksicht nehmen.

Schotterberge am See

In der Heimat des Löß des wurde während der Eiszeiten jedoch nicht nur gelber feiner Staub produziert. Vor allem der Rheingletscher, der sich während der letzten Vereisung der Würmeiszeit von den Schweizer Alpen bis hinüber nach Saulgau und Leutkirch erstreckte, hat große Mengen von Schotter und Geröll vor sich hergeschoben. Gleich hinter Kressbronn am Bodensee ziehen sich solche als Moränen bezeichneten Schotterwälle durch das Land, durchsetzt mit rundlichen Kieseln und kalkhaltigem Lehm. In diesem Material wurzeln und die Müller-Thurgau-, Kerner- und Spätburgunderreben der 8 ha großen Kressbronner Berghalde. Wichtig für das Wachstum des "Seeweins" auf 420 m Meereshöhe ist der Temperaturausgleich durch den Bodensee - eine kleine Entschädigung für die eisige Vergangenheit.

Am Fuß der Alb

Ob sie auch "Täleswein" getrunken haben, ist nicht überliefert, doch schweifte der Blick von Gebhardt Müller, Reinhold Maier und Leo Wohleb bei ihrer berühmten Gipfelkonferenz auf dem Hohenneuffen auch über die Weinberge am Fuß der Burg. Seit diesem Treffen, bei dem der Zusammenschluß des Landes Baden-Württemberg vorbereitet wurde, sind fast 50 Jahre vergangen. Das Land Baden-Württemberg hat nach wie vor Bestand und auf den Hängen am Fuß der Alb wachsen nach wie vor Reben.

Der dort anstehende Braune Jura ist die mittlere Schicht des großen Kalkblocks der Schwäbischen Alb. Ähnlich den Muschelkalkstandorten sind auch hier warme, flachgründige und vor allem skelettreiche Böden entstanden: besonders nach einem Regen wirkt der Boden unbegrünter Rebanlagen wie mit weißen Kalksteintrümmern übersät, bei genauem Hinsehen ist hie und da der Rest einer Versteinerung zu erkennen. Die ursprüngliche Herkunft der Gesteine in der Neuffener Schloßsteige wird somit klar - auch hier stehen Silvaner und Schwarzriesling auf einem alten Meeressediment.

Heißer Boden

"... von drei Seiten mit Reben bewachsen, durch Glimmer und Granit ausgezeichnet ..." , beschrieb der Dichter Gustav Schwab im Jahre 1823 den Floriansberg bei Metzingen. Gemeinsam mit dem Metzinger Weinberg, dem Hofbühl oder der Limburg bei Weilheim gehört er zu den geologischen Besonderheiten der württembergischen Weinlandschaft. Wie der badische Kaiserstuhl oder die Hegauvulkane sind diese Schlotberge vor der Alb das letzte Zeugnis tätiger Vulkane in Süddeutschland. Die heute zu sehenden "Pseudo-Vulkankegel" sind aber lediglich durch die Erosion herauspräparierte Tuffschlote. Im Kirchheim-Uracher Vulkangebiet sind zwischen Nürtingen und Münzingen auf der Alb etwa 300 solcher Basaltschlote bekannt. Vor mehr als 16 Millionen Jahren ist glutflüssige Magma aus rund 40 km Tiefe aufgestiegen, hat sich durch Klüfte den Weg gebahnt und teilweise sogar Krater wie das Randecker Maar in die Kalkdecke der Alb gesprengt.

Während am Fuß des Floriansbergs die Reben vorwiegend im Braunen Jura wurzeln, ist am Metzinger Weinberg tatsächlich Vulkangestein zu Weinbergsboden geworden. Aus dem Basalttuff hat sich dabei schuttreicher, toniger Lehm entwickelt. Die dunkle Farbe des Materials verrät die hohen Gehalte an Eisen und Magnesium. Die Wasserspeicherung des ehemals "heißen Bodens" ist jedoch eher mittelmäßig.

Vulkanböden gelten aber von jeher als fruchtbar. Dies mag vielleicht der Grund sein, warum schon in alter Zeit adelige Herrschaften und Klöster an den Weinbergslagen der Metzinger Hofsteige interessiert waren. Schließlich nannte ein Mönch des Klosters Zwiefalten die Heimat des Tälesweines "ein Land, wie das Land der Verheißung, fruchtbar und reich an Wein...".

Vom Stein zum Wein

Unterschiedliche Ausgangsmaterialien, verschieden entwickelte Böden, sandige und kalkreiche Standorte: die geologisch bodenkundliche Vielfalt der württembergischen Weinlandschaft ist groß. Ohne Zweifel muß daher beim Wein der erdhafte Nachgeschmack seines jeweiligen Geburtsortes auch in Württemberg zu finden sein. Genauso wie es Kurt Gayer und Alfred Hofmann vor 20 Jahren in ihrem "Schwäbischen Weinbuch" beschrieben haben: "... trotz der Mannigfaltigkeit seiner Sorten ist er im Ausdruck das, was er von Natur aus ist: ein echter, rechter Württemberger. Er verbirgt sich nicht. Er macht kein Geheimnis aus seiner Herkunft. Jawohl, sagt er, ich bin ein Bodenständiger. Meine Heimat sind die Rebberge im Bottwartal und an der Enz. Der Duft der Landschaft ist in mir, und wer ihn nicht zu schmecken vermag, der bleibt besser bei Mineralwasser."

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