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Erfahrungen mit Pflanzröhren

Jungrebe mit Tubex-Rohr im August (kurze Internodien oberhalb des Röhrenendes)

von Dr. W. K. Kast und Dr. D. Rupp
Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau Weinsberg


Rebschutzrohre (Pflanzröhren) werden seit Kurzem von verschiedenen Herstellern angeboten. Bisher liegen umfangreichere Erfahrungen insbesondere aus den neuen Weinbauländern (Australien, Kalifornien) vor. Dort werden die Röhren hauptsächlich unter dem Aspekt eingesetzt, dass sie den Einsatz von Herbiziden im Pflanzjahr ermöglichen. Weitere Vorzüge, die die Hersteller hervorheben, sollen in einer besseren Rebentwicklung und dem Wegfall der Pflanzenschutzmaßnahmen liegen. Nicht zu vernachlässigen ist sicher auch der Schutz vor Wildschaden. Ziel unserer Untersuchungen war es, diese Aussagen zu überprüfen.

Versuche auf Burg Wildeck

1999 wurden in einem größeren Jungfeld der Rebsorte Riesling auf SO4 ein Versuch mit 8 Wiederholungen angelegt, wobei jede Parzelle aus ca. 40 auswertbaren Rebstöcken bestand. Die Rebfläche wird nach den Richtlinien für ökologischen Anbau bewirtschaftet, so dass ein Herbizideinsatz nicht in Frage kam. Der Unterstockbereich wurde mit Flachschar und Handhacke weitgehende unkrautfrei gehalten. In einer Trockenperiode im August wurde mit der vorhandenen Tröpfchenbewässerung angefeuchtet. Die Gassenmitte war mit einem Leguminosengemisch nach der Pflanzung eingesät worden. Die Reben ohne Röhren wurden regelmäßig alle 10 Tage mit Kupfer 450 FW 0,15 % und Netzschwefel 0,2 % gespritzt. Die durch die Tubexröhre geschützten Pflanzen wurden erst mit behandelt, als sie aus der Röhre herausragten.

Bei einer mittleren Trieblänge von 5 - 10 cm wurde auf einen Trieb ausgebrochen und in der entsprechenden Variante Tubex -Röhren (70 cm Länge) installiert. Nach dem Abschluß der Vegetation wurde die Trieblänge (ausgereiftes Holz), der Triebdurchmesser in 35 cm Höhe und die Internodienzahl getrennt nach den Bereichen unterhalb und oberhalb des unterem Biegdrahtes (innerhalb/außerhalb der Röhre) ausgezählt.

Ergebnisse zum Wachstum der Reben

Die Jungreben mit Röhren erreichten die Höhe des Biegdrahtes (70 cm) offensichtlich wesentlich rascher, der augenscheinliche Vorsprung betrug mindestens 14 Tage. Später holten jedoch die Reben ohne Röhren sehr stark auf. Gegen Ende der Vegetation war kein Unterschied mehr festzustellen. Die Länge des ausgereiften Holzes und die Zahl ausgereifter Internodien war identisch. Die Wachstumsverhältnisse spiegeln sich auch in den Nodienzahlen innerhalb und außerhalb wieder. Bis zum Röhrenende brauchten die Reben in den Röhren ca. 3 Internodien weniger, d. h. die Internodienlänge war größer. Danach kehrten sich die Verhältnisse aber um. Außerhalb hatten die durch Rohre geschützten Reben die kürzeren Internodien. Offensichtlich führt die Beschattung der Röhre zu einem verstärkten Streckungswachstum, was sich auch an der signifikant geringeren Triebstärke im Bereich des Rohrs zeigt.

Peronospora und Oidium traten innerhalb der Röhren trotz starkem Befallsdruck aus den umliegenden Weinbergen nicht auf. Innerhalb der Röhren gelangen wohl nur extrem selten Spritzer auf die Blattunterseiten, so dass Personosporainfektion kaum möglich ist.

Die Auswirkungen der Wildschutzfunktion konnten nicht geprüft werden, da die Anlage insgesamt eingezäunt war und 1999 keine Schäden auftraten.

Bewertung der Ergebnisse

Die Ergebnisse belegen, dass nicht grundsätzlich mit einer besseren Entwicklung der Reben gerechnet werden kann (Tabelle 1). Allerdings zeigen sich die in Australien und Kalifornien gemachten Erfahrungen auch für Deutschland zutreffend. So liegt der Haupteffekt in einer stärkeren Streckung der Triebe. Bei einer optimal wachsenden Junganlage wie im vorliegenden Versuch ist dies ohne Bedeutung. Bei einem schlecht wachsenden Jungfeld kann die stärkere Streckung aber alleine dadurch ein Vorteil sein, dass dann mehr Triebe auf Stammhöhe angeschnitten werden können.

Tabelle 1: Auswirkungen von Tubexrohren auf den Wuchs von Rieslingreben im Pflanzjahr (Burg Wildeck 1999)

Merkmal

mit Tubexrohr

ohne Tubexrohr

GD 5 %

Länge ausgereifter Trieb (cm)

139,9

141,2

n. s.

Nodien, ausgereift (Anzahl)

28,3

30,6

n. s.

Nodien bis 1. Biegdraht (Anzahl)

11,3

14,6

1,1*

Triebdurchmesser in 35 cm Höhe (mm)

4,1

4,8

0,5*

Grenzdifferenz (Tukey-Test):
n. s. = nicht signifikant, Irrtumswahrscheinlichkeit >5 %
* = signifikant, Irrtumswahrscheinlichkeit <5 %

Von größerer Bedeutung als das veränderte Wachstumsverhalten dürften die weiteren Aspekte sein, unter denen die Pflanzröhren eingesetzt werden. Diese wirken sich im wesentlichen in betriebswirtschaftlicher Hinsicht aus (Tabelle 2). Der Arbeitsaufwand für das Ausbringen der Röhren ist sehr gering und fällt Ende Mai vor der Hauptarbeitsspitze im Weinbau an. Der mögliche Verzicht auf eine Einzäunen erleichtert die Pflegearbeiten erheblich. Die Bodenpflege ist auch im ökologischen Anbau erleichtert, da gefahrloser mechanisch bearbeitet werden kann. Werden die Kosten eines zweimaligen Herbizideinsatzes mit der ohne Röhren mehrfach notwendigen Handhacke verglichen, so sind die Röhren sehr schnell wirtschaftlich. Eingespart wird außerdem das Aufbinden der Junganlagen bis Anfang August. Bei einer mit Rebrohren ausgestatteten Junganlage sinkt insgesamt der Arbeitsaufwand in der Zeit der Spitzenbelastung drastisch*. Dies dürfte vielfach der wesentliche Grund sein, Rebschutzrohre einzusetzen.


 

Tabelle 2: Akh-Bedarf mit/ohne Tubex je ha* (Direktlage Zeilenlänge 100 m, Parzellengröße 20 Ar)

Arbeit

mit Tubex

ohne Tubex

Hacken von Hand 1 x

25

-

Hacken von Hand 3 x

-

75

Herbizid 2 x

4

-

Sprühen mit Minor 8 x

-

30

Sprühen mit Minor 4 x

15

-

Ausbrechen, 2 x heften bis Biegdrahthöhe

-

60

Wildschutzzaun, anbringen, bewegen, abbauen

-

70

Röhren anbringen/entfernen

30

-

Summe

74

235

* Datensammlung Weinbau - Kellerwirtschaft KTBL 1995

E-Mail:

walter.kast@lvwo.bwl.de

dietmar.rupp@lvwo.bwl.de

Beachten Sie auch den Artikel "Pflanzrohre - praxisreif und rentabel"

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